Tallinn
Bilder oben: die mittelalterliche Altstadt von Tallinn mit der Olai-Kirche und das Barockschloss Kadriorg (Katharinental).
Die estnische Hauptstadt Tallinn
Estland ist der nordöstlichste der drei baltischen Staaten (Litauen, Lettland, Estland). Tallinn ist die Hauptstadt der Republik Estland und hat etwa 430 Tausend Einwohner; etwas mehr als die Hälfte der Einwohner der Stadt hat Estnisch als Muttersprache, etwa 45 % Russisch. Amtssprache ist Estnisch; die Bewohner sind aber in der Regel mehrsprachig (Estnisch, Russisch, Englisch, Finnisch,…). Estnisch gehört zu den finn-ugrischen Sprachen.
Die Esten gelten als technologie-affin; insbesondere im Bereich der Digitalisierung sind sie weltweit in der Spitzengruppe; weite Teile der öffentlichen Verwaltung (eGovernment) sind digitalisiert, selbst Wahlen wurden schon online durchgeführt und fast alle Bankgeschäfte werden so abgewickelt. In Tallinn gibt es ein kostenloses öffentliches WLAN; die Videokonferenz-Software Skype wurde in Estland programmiert.
Tallinn als Hauptstadt der Republik ist auch Sitz der staatlichen Gewalten: hier residieren Präsident, Regierung und Parlament. (Nur die Judikative mit dem estnischen Staatsgerichtshof hat ihren höchsten Sitz in der zweitgrößten estnischen Stadt Tartu). Von den ca. 1,3 Millionen Einwohnern Estlands lebt mehr als ein Viertel in der Hauptstadt Tallinn.
Tallinns über 700-jährige Geschichte ist geprägt von verschiedenen Herrschaften: es herrschten Dänen, Deutsche, Schweden und Russen; besonders im 20. Jahrhundert wechselte die Herrschaft in rascher Folge.
Die Ursprünge der Stadt gehen auf eine estnische Verteidigungsanlage auf dem heutigen Domberg im 11. Jahrhundert zurück; dass der Standort gut gewählt ist, kann man auch heute noch nachvollziehen, wenn man etwa von der Patkuli-Plattform über die historischen Altstadt hinweg auf die Tallinner Buch und damit weit hinaus auf die Ostsee blicken kann.
Ab Mitte des 13. Jahrhunderts war Tallinn Mitglied der Hanse; dies war eine Organisation von Fernhandels-Kaufleuten und einer stets wachsenden Zahl von Mitgliedsstädten; ausgehend v.a. von Lübeck bauten die Kaufleute Handelsniederlassungen im Nord- und auch im Ostseeraum auf. Stützpunkte im Bereich der Ostsee waren eben Tallinn sowie Narva und darüber erreichbar die russische Stadt Nowgorod. Die Handelsstützpunkte wurden von den Kaufleuten gemeinsam angefahren und unterhalten und ermöglichten so einen sowohl sicheren als auch bequemen Warenaustausch. So fuhren deutsche Kaufleute über Tallinn ins russische Nowgorod, wodurch die estnische Stadt Mitte des 14. Jahrhunderts zu einem der wichtigsten Handelsstandorte an der Ostsee aufstieg. Ausgetauscht wurden Waren aller Art, etwa Getreide, Textilien, Heringe, Wein, orientalische Gewürze, russische Pelze, Wachs und auch Salz. Viele Kontorhäuser aus der Hansezeit zeugen noch heute in der Altstadt Tallins von dieser Periode.
Die mittelalterliche Stadtbefestigung (Stadtmauer und Wehrtürme) wurde ab 1265 erbaut; der heutige Zustand geht auf den Ausbauzustand des 14. Jahrhunderts zurück. Auf ihrem Höhepunkt war die Stadtmauer zweieinhalb Kilometer lag, bis zu 16 Metern hoch und 3 Meter dick; drei Viertel der Stadtmauer und etliche der ursprünglich 46 Türme sind heute noch erhalten.
Von 1561 bis 1710 kam die Stadt unter schwedische, danach unter russische Herrschaft; Alexander III. führte ab 1881 Russisch als Amtssprache ein.
Bilder oben: Straßenszenen aus Tallinn: Spiegelung des Gebäudes der Nationaloper in der Glasfassade eines Einkaufszentrums und Wohnturm an der Tatari Straße.
1918 wurde die unabhängige Republik Estland ausgerufen mit Tallinn als deren Hauptstadt; 1940 kam das Land unter russische Herrschaft, 1941 unter deutsche; russische Bombardements 1944 zerstörten Teile der Stadt; danach stand sie unter sowjetischer Herrschaft und Estland wurde Teil der UdSSR.
Die „Singende Revolution“ von 1988 und die Bildung der baltischen Menschenkette von Tallinn bis Vilnius 1989 waren Schritte hin zur estnischen Unabhängigkeit von 1991; Musik und Gesang gehören in Estland zur Volkstradition. Das Sänger-Festival, das alle fünf Jahre abgehalten wird, gehört mittlerweile auch zum Kulturerbe der UNESCO. Die Sänger-Bühne im Nordosten der Stadt, direkt am Ostseeufer, bietet bis zu 30 000 Sängern auf der Bühne und 100 000 Zuhörern/innen auf dem Rasen Platz. 1988 versammelte sich dort ein Viertel der estnischen Bevölkerung; es wurden patriotische Lieder gesungen und Politiker erhoben in ihren Reden den Ruf nach Unabhängigkeit.
Bereits 2004 wurde die Republik Estland Mitglied der Europäischen Union. Die Altstadt Tallinns wurde 1997 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen (Begründung: „… außergewöhnlich vollständiges und gut erhaltenes Beispiel einer mittelalterlichen nordeuropäischen Handelsstadt…“) und mit der Ausrufung zur „Europäischen Kulturhauptstadt“ 2011 rückte die estnische Hauptstadt auch tiefer ins Bewusstsein der übrigen Europäer.
Das architektonische und kulturelle Erbe in Tallinn wurde überwiegend gut restauriert und gepflegt. Seit Erlangen der Unabhängigkeit und nach Beitritt in die EU nahm die Bautätigkeit in der estnischen Hauptstadt zu; Shopping-Malls entstanden, Hochhausbauten für Hotels (Radisson Blu) oder Unternehmen (z. B. Oracle) wurden errichtet und frühere Industrieareale umgewidmet (Rotermann-Quartier).
Städtepartnerschaft Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) und Tallinn (Estland)
Schon seit den 1970er Jahren bestanden gute Kontakte zwischen den beiden Städten; in 1993 wurde ein förmliches Städtepartnerschaftsabkommen unterzeichnet. Auf der Website der Stadt Schwerin kann man zu ihrer Partnerstadt Tallinn Folgendes lesen:
„Die alte Hansestadt Tallinn liegt an der Südküste des Finnischen Meerbusens und ist nicht nur für die über 400.000 Einwohner ein „lebendiges Freilichtmuseum“ der Hanse-Geschichte. Auch die schöne, gotisch geprägte Altstadt lädt zum Entdecken und Bummeln ein. Im Jahr 1997 wurde die Altstadt in das UNESCO Welterbe aufgenommen.“
Kurze Geschichte der Stadt [Tallinn]
Schon vor tausend Jahren gab es eine Ansiedlung von Menschen auf dem heutigen Gebiet der Stadt Tallinn. Im Wandel der Zeit hat Tallinn verschiedene Namen getragen: Lindanisa oder Reval.
Im Mittelalter entstanden auf dem Gebiet der heutigen Altstadt zwei unterschiedliche Siedlungen: die Unterstadt und der Domberg. Der Domberg war von Anfang an Sitz der Ritterschaft und das politische Machtzentrum des Landes. Die Unterstadt dagegen war eine selbständige Hansestadt. Offiziell wurden diese beiden ältesten Teile von Tallinn erst im Jahr 1889 endgültig zusammengelegt.
Tallinns Glanzstück ist sein mittelalterlicher Stadtkern. Die alten Gebäude und Kopfsteingassen aus dem 11. bis 15. Jahrhundert haben die Zeiten nahezu unbeschadet überstanden. Dies ist sowohl der weit erhaltenen Befestigungsmauer, die einen soliden Schutz bot, als auch der Tatsache, dass die Verwendung brennbarer Baumaterialien innerhalb der Mauern verboten war, zu verdanken. Wenn Touristen heute durch die Gassen der Altstadt wandeln, erblicken sie die gleichen Kirchen, Plätze, Türme und spitzgiebligen Häuserreihen, wie Ihre Vorläufer einst im Mittelalter. Da Tallinn vor diesem Hintergrund die besterhaltene mittelalterliche Stadt Nordeuropas ist, wurde die Altstadt in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen.“
Architekturstile in Tallinn
Wie jede ältere Stadt zeigt auch die estnische Hauptstadt Gebäude in verschiedenen Baustilen, je nach deren Alter: die Stadtbefestigung mit ihren Türmen, die noch in großen Teilen erhalten ist, stammen aus dem Mittelalter, ebenso manche Kirchen. Das Rathaus mit seinem filigranen Turm stammt aus der Zeit der Spätgotik ebenso viele Wohnhäuser, die Olaikirche oder das Haus der Großen Gilde. Das Schloss Kadriorg hingegen stammt aus der Zeit des Barock.
Die Nationaloper Estonia in Tallinn
Während in der lettischen Hauptstadt Riga ganze Straßenzüge im Jugendstil (Art Nouveau) errichtet wurden, gibt es in Tallinn nur wenige Bauten, die diese mit Beginn des 20. Jahrhundert aufkommenden Stil aufweisen; prominentester Vertreter ist die Nationaloper Estonia.
Auf der Website visittallinn.ee kann man dazu lesen: „Das Gebäude im neoklassizistischen bzw. Art Nouveau-Stil, das von den finnischen Architekten Armas Lindgren und Wivi Lönn entworfen wurde, war das größte Gebäude in Tallinn, als es 1913 eröffnet wurde. Die staatliche Konzertagentur Eesti Kontsert hat hier ihren Hauptsitz.“
Bilder oben: die in Tallinn agierenden Theater- und Musikensembles erhielten 1913 eine Spielstätte im Zentrum der Stadt; das riesige Gebäude beherbergt einen Opern- und einen Konzertsaal. der Gebäudekomplex wurde im Zweiten Weltkrieg durch die Rote Armee stark zerstört; der Wiederaufbau nach dem Krieg orientierte sich am ursprünglichen Erscheinungsbild.
Von der Terrasse des gegenüber gelegenen Einkaufszentrums Solaris hat man einen guten Überblick über die Gebäudedimensionen der Nationaloper.
Bilder oben: das Estnische Dramatheater spielt in einem Haus, das ursprünglich der deutschen Minderheit in Estland als Theatergebäude diente. Es wurde 1910 im Jugendstil errichtet und liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Nationaloper.
Bilder oben: das Jugendstilgebäude des Estnischen Dramatheaters wurde 1910 von Nikolai Wassiljew und Alexej Bubyr erbaut.
Holzarchitektur in Kalamaja
In den 1920er und 1930er Jahren wurden vor allem im Stadtteil Kalamaja viele Häuser in Holzbauweise errichtet. Auf der Website www.visittallinn.ee kann man dazu Folgendes lesen:
Bilder oben: im zentrumsnahen Stadtteil Kalamaja sind ganze Straßenzüge mit Holzhäusern bebaut.
Bilder oben: Holzhäuer entlang der Bahnhlinie 102 (Nähe Hafen).
Bilder oben: bekannte Bäckerei in Kalmaja (Jahu 11).
Architekturstile während der Sowjetzeit
Die Sowjetzeit hat ebenfalls charakteristische Bauten hinterlassen, die man unter „stalinistischen Klassizismus“ / „sozialistischen Klassizismus“ und den sowjetischen Modernismus der 1980er Jahre einordnen müsste.
Das Segelsportzentrum, das im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele von 1980 am Hafen angelegt wurde, kann dem Brutalismus zugeordnet werden.
Bilder oben: Gebäude aus der Zeit des sozialistischen Klassizismus.
Das Rotermann-Quartier – Umnutzung früherer Industrieareale
In Estland ist man auch darauf bedacht, bestehende Gebäude möglichst zu erhalten und zu pflegen; Bauen im Bestand sowie Konversion / Umnutzung sind also ein Thema. Das kann man im Rotermann-Quartier erleben. Benannt ist das Areal nach dem Industriellen Christian Barthold Rotermann. Dazu kann man bei Marcopolo (Online-Reiseführer) folgendes lesen:
„Wo vor 150 Jahren ein Sägewerk und eine Spinnerei um die Wette lärmten, befindet sich heute eines der meistgeliebten (und am heißesten diskutierten) Prestigeobjekte der Stadt. 2007 begann der lange Prozess der Wiedergeburt des früheren Industrieareals mit modernen Apartments, Büros, Cafés und zahlreichen Geschäften, Boutiquen, Outlets und einem Multiplexkino, 2017 war er schließlich vollendet. Nachdem die Finanzkrise einigen Geschäften das Leben in den schön restaurierten alten Backsteingebäuden und architektonisch interessanten Neubauten erst schwer und dann unmöglich machte, wird der Platz im Zentrum des Areals heute für Konzerte, Ausstellungen und Theateraufführungen genutzt. So gelang es, den 82 000 m² großen Komplex zwischen Altstadt, Viru-Platz und Fährhafen, der Jahrzehnte lang brachgelegen hatte, in ein angesagtes Viertel zu verwandeln, das estnische Innovationslust und Liebe zur Tradition gleichermaßen spiegelt.“
Und auf der deutschen Version der Seite www.visittallinn.ee/ wurde Folgendes vermerkt: „Was vor nur zehn Jahren eine Ansammlung von verfallenen Gebäuden war, ist heute ein mit Leben erfülltes Kommerz- und Kulturzentrum, dessen Avantgarde-Architektur ein beeindruckendes Symbol der Entwicklung Tallinns in den vergangenen Jahren ist.“
Bilder oben: die aufgesetzten Türme des Gebäudekomplexes Roseni 7 innerhalb des Rotermann-Areals kann man schon von Weitem in der Stadtsilhouette erkennen.
Bilder oben: der auffällige Gebäudekomplex Roseni 7 steht gleich an der Einfahrt in das ehemalige Industrie-Areal. Ursprünglich war das aus Ziegeln erbaute Gebäude eine Zimmerei; die Architekteen Andrus Kõresaar und Raivo Kotov des Talliner Büros KOKO Architects haben dem Basisgebäude drei gläserne Bürotürme aufgesetzt.
Bilder oben: kreative und expressive Architekturschöpfungen auf dem Rotermann-Areal mit viel Liebe auch zum Detail (Ziegel-Verbund!).
Stadtimpressionen Tallinn
Bilder oben: der Domberg mit Dom; das nach dem ursprünglichen Bauherr benannte Stenbockhaus mit klassizistischer Anmutung wird heute als Regierungssitz genutzt (Kabinett); der Rathausplatz mit umgebenden Geschäftshäusern; Gassen der Altstadt.
Bilder oben: die ganze architektonische Vielfalt der Gebäude in der historischen Altstadt Tallins: Hotels, Schulen, das Seefahrtsmuseum in einem mittelalterlichen Festungsbauwerk, Wohngebäude… und das Haus der Deutschen Botschaft Tallinn.
Bilder oben: Baustile aus verschiedenen Jahrhunderten in der Talliner Altstadt.
Bilder oben: Blick vom Turm der Olai-Kirche auf die Dächer der Altstadt.
Bilder oben: das Gebäude der Nationaloper und das Viru Hotel; Blick auf den Hafen – im Hintergrund der Fernsehturm und die Konzertarena auf dem Sängerfeld.
Bilder oben: moderne Hotel- und Banken-Architektur.
Bilder oben: der Centralmarkt mit Markthalle.
Bilder oben: Firmengebäude.
Bilder oben: seit 1864 wird in diesem Gebäude des Café Maiasmokk Kaffee ausgeschenkt und dem süßen Leben gefrönt.
Bilder oben: in diesem Gebäude war von 1912 bis 1940 die Estländische Literärische Gesellschaft tätig (deren Ziel v.a. die Förderung estnischer Sprache und Literatur sowie die Erforschung der estnischen Geschichte war), von 1925 bis 1939 die Kulturselbstverwaltung der deutschen Minderheit (Inschrift am Gebäude). Auf der Website baltische-baudenkmaeler.de kann man lesen: „Den Sitz nahm die [Estnische Literärische] Gesellschaft im Jahr 1912 im ehedem Ungern-Sternbergschen Palais in der Gerichtstraße 8 auf dem Domberg. Dort wurde im September 2000 eine im Auftrag des Vereins zur Förderung Baltischer Baudenkmäler angefertigte Gedenktafel angebracht und am 11. September unter Teilnahme von Mitgliedern der Estnischen Akademie der Wissenschaften eingeweiht.“ …
Bilder oben: Väike-Öismä gehört zu den Trabantensiedlungen, die während der Sowjet-Äära an der Peripherie Tallinns angelegt wurden (erbaut zwischen 1973 und 1984); solitäre Hochhausbauten wechseln sich mit Riegeln von Plattenbauten entlang einer ringförmigen Erschließungsstraße ab. Der zentrale kreisförmige See wurde künstlich angelegt.
Regierungsgebäude
In der estnischen Hauptstadt Tallinn haben Legislative (Parlament) und Exekutive (Präsident, Regierung) ihren Sitz: das Parlament befindet sich auf dem Domberg im ehemaligen Schloss, die Regierung residiert ebenfalls auf dem Domberg im Stenbock-Haus und das Amtshaus des estnischen Präsidenten ist ein neobarockes schlossähnliches Gebäude im Kadriorg-Park gegenüber dem Schloss Kadriorg.
Bilder oben: das neobarocke Gebäude ist Amtssitz des estnischen Präsidenten. Der Präsidentenpalast stammt aus dem Jahr 1938
Bilder oben: das Parlament tagt im ehemaligen Schloss, einem spätbarocken Gebäudeflügel der Schlossanlage direkt gegenüber der orthodoxen Newski-Kathedrale (der eigentliche Parlamentssaal ist in einem Neubau im Innenhof untergebracht).
Das klassizistische Stenbockhaus ist Sitz der estnischen Regierung. Dieses Gebäude direkt an der äußersten Kante des Domberges wurde zwischen 1784 und 1792 für Johann Stenbock erbaut und hatte über die Zeit hinweg unterschiedliche Nutzungen; nach aufwändiger Sanierung des Hauses wurde es zur Jahrtausendwende schließlich seiner aktuellen Verwendung zugeführt.
Ehemaliges KGB-Gefängnis
In einem 1912 erbauten Wohnhaus in der Pikk-Straße / Pagari-Straße war während der Sowjet-Herrschaft ein Untersuchungsgefängnis des sowjetischen Geheimdienstes KGB; im Keller des Gebäudes befinden sich die ehemaligen Gefängniszellen, heute ist das ein Museum.
Auf der Website www.visitestonia.com/de/ kann man dazu Folgendes lesen: „Im Keller des Gebäudes Pagari-Straße 1 befand sich während der sowjetischen Okkupation eines der berüchtigtsten und gefährlichsten Untersuchungsgefängnisse. Die bisher für die Öffentlichkeit geschlossen gebliebenen Gefängniszellen des KGB sind jetzt für den Besuch geöffnet.
Die Rolle des im Jahre 1912 als ein Wohnhaus gebauten Gebäudes in estnischer Geschichte ist bemerkenswert. Die verhafteten estnischen Politiker, Staatsbeamten, die Intelligenz, die Veteranen des Freiheitskrieges, aber auch einfache Leute wurden dort geprügelt und gequält und danach zum Tode verurteilt oder im Gefängnis eingeschlossen. Die Zellen im Keller sind bis heute das Sinnbild des Kommunismus geblieben. Für die Besucher sind im Keller zwei Korridore, sechs Zellen und ein Karzer geöffnet.“
Bilder oben: Der Sitz des sowjetischen Geheimdienstes KGB (Untersuchungsgefängnis) während der Sowjet-Ära.
Stadtmauer, Türme, Befestigungsanlagen
Auf dem Domberg stand die erste Verteidigungsanlage, aus welcher die Stadt Tallinn sich entwickelte. Die Stadtmauer mit ihren Türmen wurde ab Mitte des 13. Jahrhunderts auf Anordnung der dänischen Königin Margarethe aufgebaut; der dickste Turm der Stadtbefestigung (25 Meter Durchmesser) ist auch nach dieser dänischen Herrscherin benannt („Dicke Margarethe“); während des Maximal-Ausbaus im Mittelalter war die Stadtmauer etwa 2,5 Kilometer lang; über die Anzahl der Türme streiten sich die Historiker; es ist von 46 bis über 60 Türmen die Rede; 40 davon sind heute noch erhalten. Während in vielen ebenfalls befestigten Städten im 19. Jahrhundert die Stadtmauern geschleift wurden (z. B. in Wien), blieben die militärisch zwar jetzt nutzlosen aber historisch bedeutsamen Ausbauten in Tallinn weitgehend vor einem Abriss bewahrt. Das Glacis, also die freie Schussfläche vor der Stadtmauer, bildet heute einen die Befestigungsanlagen umgebenden Park-Gürtel (so etwa der „Platz der Türme“, ein Parkbereich, von dem aus besonders viele der Stadttürme sichtbar sind).
Bilder oben: Befestigungsanlagen um den mittelalterlichen Stadtkern Tallins. Der mächtige Kanonenturm „Kiek in de Kök“ stammt aus dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts. „Kiek in de Kök“ bedeutet (auf niederdeutsch) „Schau in die Küche“: von den Schießöffnungen der Turme konnte man bei benachbarten Gebäuden wohl bis in die Küchen der Bewohner schauen.
Bilder oben: zwei miteinander durch unterirdische Bastionsgänge verbundene Türme, der Kanonenturm und der aus dem 14. Jahrhundert stammende Jungfernturm, sind Bestandteile des „Kiek in de Kök“ Festungsmuseums; im Jungfernturm ist heute auch ein Museums-Café untergebracht.
Kirchen in Tallinn
Estland ist ein weitgehend atheistisches Land; nach Wikipedia gehören nur etwa ein Drittel aller Esten einer Religionsgemeinschaft an; das sind vor allem die russisch-orthodoxe Kirche (die Nicolaikirche und die Alexander Newski-Kathedrale sind ihre architektonischen Manifestationen) und die Estnisch-Evangelisch-Lutherische Kirche, eine Variante des Protestantismus, die sich nach der Reformation durch Martin Luther etabliert hat. Zum Teil werden die Kirchengebäude auch gar nicht mehr in ihrer ursprünglichen Funktion genutzt, sondern dienen als Museum bzw. Veranstaltungsraum für Orgelkonzerte (die Nikolaikirche / Niguliste Kirik).
Bilder oben: von der Dach-Terrasse eines Einkaufszentrums in der Tallinner Innenstadt aus kann über das Gebäude der Nationaloper hinweg auf den Domberg sehen; dort befindet sich die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale (ganz links), die Niguliste Kirik (Nikolai-Kirche), die als Museum verwendet wird, sowie der Dom von Tallinn (ganz rechts).
Die Verklärungs-Kirche (Kirche von der Verklärung des Herrn) in ihrer heutigen Erscheinungsform wurde Anfang des 18. Jahrhunderts erbaut, der barocke Turm entstand 1776.
Bilder oben: der Vorläuferbau der heutigen Domkirche war das älteste Kirchengebäude in Tallinn und wurde von den Dänen zu Beginn des 13. Jahrhunderts (1219) als Holzkirche erbaut. Die heutige dreischiffige gotische Basilika stammt dagegen aus dem 14. Jahrhundert, der barocke Turm von 1779.
Der Dom war zunächst eine katholische Kirche, im Zuge der Reformation wurde sie zu einer lutherischen Kirche.
Bilder oben: die Nikolaikirche (Niguliste Kirik) entstand im 13. Jahrhundert und wurde mehrfach (auch um etliche Kapellen) erweitert und umgebaut (Anfang des 15. Jahrhunderts in gotischem Stil). Heute wird die Kirche nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benutzt, sondern als Museum und Konzertsaal. Als Teil des Estnischen Kunstmuseums umfasst ihre Sammlung wichtige kirchliche Kunstgegenstände, Gemälde und einen bedeutenden Altar. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Gebäudesubstanz durch sowjetische Bombenangriffe stark zerstört; der Wiederaufbau erfolgte ab 1953 und war erst Mitte der 1980er Jahre abgeschlossen.
Bilder oben: die Kaarli Kirik (Karls-Kirche) wurde zwischen 1862 und 1870 auf dem Antonius-Berg, einer kleinen Anhöhe aus Kalkstein erbaut. Auf der Website www.visitestonia.com/de/ kann man zu dem Gebäude Folgendes lesen: „Der dem Andenken des schwedischen Königs Karls XI. gewidmete Sakralbau ist sehr repräsentativ und die größte historistische Kalksteinkirche der Stadt. Der Entwurf der Kirche stammt von Otto Pius Hippius, Architekt aus St. Petersburg mit estnischen Wurzeln, und er beabsichtigte, dass die Kanzel und der Altar als Mittelpunkte des Gottesdienstes von allen Sitzplätzen der Kirche aus gut zu sehen und dass die Predigt des Geistlichen gut zu hören war. (…) Der älteste Teil der Kirche sind die Turmglocken, 1884 wurde die größte Orgel Estlands mit 30 Registern und einer mechanischen Traktur fertiggestellt.
Die Olai Kirik ist nach dem norwegischen König Olav II. Haraldsson benannt und steht mit ihrem mächtigen Turm inmitten der Tallinner Altstadt. Der heute 124 Meter hohe Turm war ursprünglich offenbar höher und soll nach unterschiedlichen Angaben der Historiker zeitweise das höchste Gebäude der Welt gewesen sein.
Es kam durch Blitzeinschlag aber immer wieder zu Bränden. Der Turm ist heute über viele Stufen zu ersteigen und von der etwas waghalsig angelegten „Plattform“ am Fuße des steil aufsteigenden Daches hat man einen phantastischen Blick auf die umgebende Stadt.
Der hohe Turm der Kirche diente den Seeleuten – ähnlich einem Leuchtturm – auch der Orientierung bei der Reise auf der Ostsee.
An jeder Ecke des quadratischen Turms sitzt jeweils noch eine kleine Dachpyramide.
Auf der Website www.visitestonia.com/de/ kann man zu der das Stadtbild Tallinns prägenden Kirche Folgendes lesen: „Die heutige Größe, Schönheit und das mächtige Aussehen erhielt die Kirche erst im XVI Jahrhundert. Der Kirchturm ist mindestens zehn Mal vom Blitz getroffen worden, wobei die Kirche dadurch drei Mal in Brand geriet: 1625, 1820 und 1931.
Der Wiederaufbau nach dem zweiten Brand war der Startschuss zum Historismus im Kirchenbau. Die Gewölbe der Kirche sind ausgesprochen hoch; die Höhe des mittleren Gewölbes beträgt 31 m).“
Bilder oben: die Olaikirche und ihr 124 Meter hoher Turm ist von überall her zu sehen.
Der Turm kann über Treppen erstiegen werden. Eine Aussichtsgang entlang der Turmkante am Fuße des steil aufragenden Daches bietet einen eindrucksvollen Ausblick auf die Stadt, ihre Umgebung und die Ostsee.
Bilder oben: erst 1867 im neugotischen Stil fertiggestellt wurde die lutherische Johannes-Kirche (Jaani Kirik).
Bilder oben: Blick von oben auf die russisch-orthodoxe Kirche des Hl. Nikolaus von Myra.
Bilder oben: Kirche des Hl. Nikolaus; ein Vorgängerbau wurde im 15. Jahrhundert als erste russisch-orthodoxe Kirche in Tallinn im Zuge des Handels durch die Hanse errichtet: über Tallinn wurde der Handel mit dem russischen Nowgorod abgewickelt; die russischen Kaufleute konnten damit in Tallinn eine Kirche ihrer Religionsgemeinschaft besuchen.
Auf der deutschen Version der Seite www.visittallinn.ee/ wurde zu dem Gebäude Folgendes vermerkt: „Diese atemberaubende Kirche im neoklassizistischen Stil befindet sich am nördlichen Ende der Vene Str. und ist das erste klassizistische Kirchengebäude in Tallinn.
Die russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale
Auf dem Domberg in enger Nachbarschaft zum Schloss (heute Parlament) steht die im neobyzantinischen Stil erbaute und 1900 vollendete russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale. Dass das eindrucksvolle Gebäude heute noch steht, ist nicht selbstverständlich: im Zuge der Unabhängigkeit Estlands war ein Abriss im Gespräch, im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche von den deutschen Besatzern geschlossen und während der Sowjet-Ära wurde die Bausubstanz nicht sehr gepflegt. Nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands 1991 wurde die Kathedrale aufwändig saniert.
Auf der Website www.visittallinn.ee/deu/ kann man lesen: „Dieses spektakuläre Gebäude mit Zwiebeltürmen auf dem Domberg ist Estlands Hauptkathedrale des russisch-orthodoxen Glaubens. Die 1900 errichtete Kathedrale, als Estland Teil des zaristischen Russlands war, sollte sie auch Symbol für die religiöse und politische Vorherrschaft des Reiches im zunehmend aufsässigen Baltikum sein.
Es handelt sich auch um die größte und opulenteste orthodoxe Kirche in Tallinn. Sie ist dem Prinzen von Nowgorod, Alexander Yaroslavitz Nevsky, gewidmet, der die berühmte Eisschlacht am Ufer des Peipsi-Sees im Jahre 1242 anführte und die Deutschen auf ihrem Marsch nach Osten stoppte. Die Kathedrale wurde bewusst gegenüber dem Palast auf dem Domberg an der Stelle erbaut, an der sich vorher eine Statue von Martin Luther befand. Heute, nachdem diese Gegensätze längst vergessen sind, handelt es sich um ein architektonisches Meisterwerk. Die vom St. Petersburger Architekten Mikhail Preobranzhenski entworfene Kirche ist üppig ausgestattet im historizistischen Stil. Das Interieur mit seinen Mosaiken und Ikonen ist einen Besuch wert.
Im Glockenturm der Kirche befindet sich das mächtigste Glocken-Ensemble Tallinns. Es besteht aus 11 Glocken, die 15 Tonnen wiegen. Vor Gottesdiensten können Sie das Läuten des gesamten Ensembles hören.“
Bilder oben: die prächtig restaurierte russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale auf dem Tallinner Domberg.
Panorama der Stadt
Von verschiedenen Aussichtspunkten hat man einen guten Überblick über die Stadt: etwa von der Patkuli-Plattform aus oder vom Turm der Olai-Kirche.
Bilder oben: von der Patkuli-Plattform am Rand des Domberges hat man einen guten Blick auf die Altstadt, den Hafen und die Bucht von Tallinn.
Bilder oben: Ausblicke und Einblicke von der Patkuli-Plattform oder dem Turm der Olai-Kirche aus.
Bilder oben: Stadtsilhouette von Tallinn in der Abendsonne.
Bilder oben: Besonders seit der Erlangung der Unabhängigkeit Estlands wurde in Tallinn auch viel (Modernes) gebaut; Hochhaustürme von Hotels, Firmen und Banken prägen nun die Stadtsilhouette mit.
Das Barockschloss Katharinental (Kadriorg)
befindet sich östlich der mittelalterlichen Altstadt und liegt auf einem großen Parkgelände (das nach dem Vorbild Versailles angelegt wurde). Das barocke Schloss und die Nebengebäude wurden zwischen 1718 und 1736 vom italienischen Architekten Nicola Michette unter Zar Peter d. Großen für seine Gemahlin Katharina als Sommer-Residenz errichtet; heute beherbergt es (als Museum für Ausländische Kunst) Teile der Sammlung des Estnischen Kunstmuseums. Auch das Gebäude der ehemaligen Schlossküche wird heute als Ausstellungsgebäude für eine private Kunstsammlung (Johannes-Mikkel-Museum) genutzt.
Auf der deutschsprachigen Variante der Website www.visitestonia.com kann man zum Schloss Kadriorg Folgendes lesen:
„Das Schloss Kadriorg errichtete der russische Zar Peter I. im Jahr 1718. Es wurde zu Ehren seiner Frau Katharina I. „Catharinenthal“ (est. Kadriorg, russ. Jekaterinental) genannt.
Das vom italienischen Architekten Nicola Michetti entworfene Schloss mit seinem reich verzierten Hauptsaal ist eines der schönsten Beispiele der Barockarchitektur in Estland und ganz Nordeuropa. Das ehemalige Zarenschloss wird, nach dem Vorbild von Versailles, von Springbrunnen, Hecken und einem geometrisch angelegten Blumengarten umgeben.
Gut zu wissen: Im Schloss befindet sich das Kunstmuseum von Kadriorg, das die Sammlung ausländischer Kunst des Estnischen Kunstmuseums ausstellt – westeuropäische und russische Kunst des 16.–20. Jahrhunderts.“
Bilder oben: im Stadtteil Katharinental (Kadriorg) liegt das namensgebende Baroschschloss Kadriorg. Das Gebäude war während der Sowjetära vernachlässigt worden; zwischen 1991 (nach Erlangung der estnischen Unabhängigkeit) bis 2000 wurde das Haus (mit schwedischer finanzieller Unterstützung) saniert und restauriert.
Bilder oben: im ehemaligen Küchenhaus des Schlosses ist heute eine private Kunstsammlung untergebracht (Johannes Mikkel-Museum).
Die estnische Nationalbibliothek
befindet sichgegenüber der Kaarli kirik (Karlskirche) im Zentrum der estnischen Hauptstadt. Die Bibliothek hat für Estland im Prinzip dieselbe Funktion/Aufgabe wie die Deutsche Nationalbibliothek in Leipzig für Deutschland; auch in Estland müssen von jedem Druckwerk zwei Exemplare an die Nationalbibliothek übergeben werden.
Das sehr wuchtige Gebäude für die Nationalbibliothek wurde zwischen 1985 und 1993 vom estnischen Architekten Raine Karp geplant und erbaut. Im Gebäude untergebracht sind außer dem Büchermagazin und Lesesälen auch ein Konferenzraum sowie Säle, in denen stets Ausstellungen gezeigt werden.
Auf der Website books2ebooks.eu kann man zur Estnischen Nationalbibliothek Folgendes lesen: „Die Nationalbibliothek wurde 1918 als Estnische Staatsbibliothek gegründet, um die Regierung der Republik von Estland mit Informationen für die Gesetzgebung zu versorgen. Ihre heutige Aufgabe ist die Sammlung, Bewahrung und Bereitstellung aller in Estland publizierten Werke sowie – unabhängig vom Erscheinungsort – aller Veröffentlichungen in estnischer Sprache und aller Publikationen über Estland.
Die Bibliothek verfügt über einen Bestand von etwa 3,2 Millionen Bänden. Neben Büchern werden Tonträger, Zeitschriften, Filme, Videos, Graphiken, Manuskripte, Karten, Mikroformen und andere Materialien gesammelt. Die Sammlung besteht aus 550.000 estnischen Titeln, die von 1861 bis zur Gegenwart publiziert wurden, seltenen Büchern (27.000 estnische Titel aus der Zeit vor 1861 sowie ausländische Bücher vor 1831) und dem Hauptbestand mit 2,4 Millionen in- und ausländischen Publikationen aus den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften.“
Bilder oben: das Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre erbaute Gebäude für die Estnische Nationalbibliothek steht auf einer kleinen Anhöhe im Zentrum Tallins gegenüber der Karlskirche.
Der Hafen von Tallinn
dient heute weitgehend den Keuzfahrt-Schiffen und dem Fähr-Verkehr auf der Ostsee. Muuga, der größte Frachthafen Estlands befindet sich in der nordöstlich liegenden Nachbarstadt Maardu.
Zu den größten Schiffahrts-/Fährunternehmen Estlands gehört die AS Tallink Grupp, die unter anderem die wichtige Fährverbindung Tallinn-Helsinki betreibt. Die Firmenzentrale ist in einem markanten Gebäude im Hafengebiet untergebracht.
Bilder oben: Blick über die Altstadt auf den Hafen (vom Turm der Olai-Kirche).
Bilder oben: im Fährhafen und an den Kreuzfahrt-Terminals ist stets viel Verkehr.
Bilder oben: die Bucht von Tallinn.
Bilder oben: das Hauptquartier der AS Tallink Grupp im Hafengebiet von Tallinn wurde 2009 von Meelis Press Architects erbaut.