Milwaukee

Milwaukee, Wisconsin (USA)

Milwaukee liegt am Westufer des Michigan-Sees, etwa 150 km nördlich von Chicago. Mit knapp 600 000 Einwohnern ist Milwaukee etwa mit Stuttgart vergleichbar. Nach Chicago ist es die zweitgrößte Stadt am Michigan-See und die größte Stadt im Bundesstaat Wisconsin; die Hauptstadt Madison hat nur knapp halb soviele Einwohner.

Bilder oben: von Chicago aus kommt man natürlich mit dem Auto nach Milwaukee. Ein Erlebnis besonderer Qualität ist aber die Fahrt mit dem Greyhound auf der Interstate 94. Der Bus-Terminal liegt in Chicago zentrumsnah in der W Harrison Street. In etwa 2 Stunden ist man dann in Milwaukee; dort liegt die Intermodal Station am Rande der Innenstadt in der W St. Paul Avenue; geht man unter der Überführung des East West Freeway hindurch, gelangt man nach Downtown Milwaukee.

Milwaukee; Stadtgeschichte und Entwicklung

Der Name der Stadt Milwaukee leitet sich wohl aus der Sprache der ursprünglichen Bewohner dieses Gebietes, der Algonkin-Indianer, ab und bedeutet soviel wie „Versammlungsort“. Die Stadt entstand durch den Zusammenschluss dreier Siedlungen, die (französische) Händler und ein Landvermesser zunächst in Konkurrenz zu einander angelegt hatten. Gebäude, Straßen und Parks sind noch heute nach den „Stadtvätern“ benannt: Byron Kilbourn, Solomon Juneau und George H. Walker. Drei Flüsse fließen in der Stadt zusammen und münden in den See: der Milwaukee River, der Menomonee River und der Kinnickinnic River. Der Charakter der Stadt wird durch diese Lage am Michigan-See und durch die sich durch das Stadtzentrum ziehenden Flüsse bestimmt.

Milwaukee ist eine vor allem durch deutsche und polnische Einwanderer geprägte Stadt; deutsche Siedler brachten wohl vor allem einen starken kommunalen Gemeinschaftssinn sowie soziale Ideen mit sich; auch der Aufbau eines guten öffentlichen Nahverkehrs, die Einrichtung von Kindergärten und das wirtschaftliche Leben (Brauereien!) wurden stark von den deutschen Immigranten bestimmt. 

Heute sind außer der (in den USA nach Anheuser-Busch zweitgrößten) Brauerei Miller noch etliche kleinere Brauereien (wieder) aktiv; aber auch die Fa. Harley-Davidson produziert hier zumindest noch Teile für diese Motorradmarke. Ansonsten wurden viele ehemals industriell oder gewerblich genutzte Bereiche zu Kultureinrichtungen, Bio-Läden, attraktiven Wohnungen und Büros für den Dienstleistungsbereich umgewidmet und  sind nun Anziehungspunkte für den Tourismus.

Attraktiv sind auch die gut gepflegte historische Bausubstanz und Einrichtungen wie das Kunstmuseum (Milwaukee Art Museum), das Harley-Davidson-Museum oder das Pabst-Theater.

Standbild von Salomon Juneau, einem der Stadtgründer und dem ersten Bürgermeister von Milwaukee im Juneau Park.

Bilder oben: (süd-)deutsche  Gebräuche haben sich wohl bis heute in der Stadt bewahrt: die Kehrwoche scheint auch in Milwaukee wichtig zu sein.

Bilder oben: Blumen und viel Grün in der Stadt (an der Wisconsin Avenue); Milwaukee wartet zudem mit einer Vielzahl von Parks auf, die sich auch am Ufer des Michigan-Sees dahinziehen. Das Mathews Brothers Building, ein mit roten Terracotta-Ziegeln verkleidetes Gebäude an der Wisconsin Avenue, wurde 1892 von George Ferry und Alfred Clas erbaut. Letzterer wirkte auch am Masterplan für Milwaukee mit und ist für mehrere weitere Bauten in der Stadt verantwortlich (z. B. für die Public Library).

Bild oben: Restaurant der Miller Brewing Company schräg gegenüber dem Milwaukee Art Museum.

Bilder oben: das historische Gebäude der Northwestern Mutual Versicherung an der Wisconsin Avenue; errichtet wurde es 1914  im neoklassischen Stil von Holabird und Root (von denen z. B. auch das Gebäude der Warenterminbörse in Chicago stammt). Das monumentale Haus mit seinen korinthischen Säulen, und dem Triglyphen/Metopen-Fries greift Elemente griechischer Tempelbauten auf; es entstand zu einer Zeit, als in Milwaukee ein Masterplan für die Stadtentwicklung und die Zonierung (Einteilung der Bereiche für die Anlage von Parks, Wohnungen, Schulen, Handel, Industrie und Verwaltung) aufgestellt wurde, an dem auch Frederick Law Olmsted beteiligt war (der in New York den Central Park plante).

2017 wurde der 32-stöckige Nortwestern Mutual Tower als neuer Hauptsitz der Versicherung (Prospect Avenue / East Mason Street) eingeweiht; mit 170 m ist es das zweithöchte Gebäude in Milwaukee.

Bilder oben: typisch für die historischen Gebäude der Stadt ist die Verwendung von ocker-, zimt- und creme-farbenen Backsteinen. Das Cawker-Building steht in der Wells Street, direkt am Milwaukee River. Das Hotel „The Pfister“ wurde 1893 eröffnet. Das Gebäude des  Pabst Theater ließ der Brauereibesitzer Johann Gottlieb Friedrich Pabst anstelle eines Vorgängergebäudes 1895 errichten. Hier wurden bis 1918 vorwiegend Stücke in deutscher Sprache aufgeführt.

Bilder oben: das Wisconsin Center ist ein Tagungs- und Ausstellungs-Zentrum. In seiner Architektur lehnt es sich bezüglich Farbgebung und Dachgestaltung an historische deutsche Gebäude in der Innenstadt an. Das Kongresszentrum ist über einen Hochsteg mit den naheliegenden Hotels (Hilton und Hyatt) verbunden.

Bilder oben: das Northern Trust Building wurde zwischen 1904 und 1906 von George Bowman Ferry und Alfred C. Clas im Beaux Art-Stil (Historismus) erbaut. Diese Stilrichtung, die ursprünglich das Aussehen repräsentativer öffentlicher Bauten in Frankreich bestimmte, fand auch in den Vereinigten Staaten Gefallen: alle Gebäude der Weltausstellung von 1893 in Chicago wurden in diesem Stil errichtet. Erster Nutzer des Gebäudes war die Northwestern National Life Insurance Company.

Bilder oben: Hochhäuser neu und alt: das Wisconsin Gas Building ist ein 1930 vollendetes Hochhaus im Art Déco-Stil von Eschweiler&Eschweiler; das Gebäude war ursprünglich der Hauptsitz der Milwaukee Gas Light Company. Die oberen Stockwerke springen stufenweise zurück, die Farbe der typisch creme-farbenen Terracotta-Ziegel hellt sich nach oben hin auf. Das US Bank Center ist das mit 183 m höchste Gebäude im Bundessstaat Wisconsin. Es wurde 1973 von Bruce Graham und James DeStefano (bei von Skidmore, Owings und Merill) im „International Style“ errichtet. Der von Pickard Chiltom 2017 vollendete Northwestern Mutual Tower ist Hauptsitz dieses Versicherungsunternehmens.

Bilder oben: City Hall mit Glockenturm und Arkadendurchgang im Eingangsbereich. Das Gebäude war vor dem Bau des ikonischen Kunstmuseums von Calatrava das Wahrzeichen der Stadt Milwaukee.

Bilder oben: das Rathaus (City Hall) von Milwaukee wurde von Henry Koch 1895 im Stil der Neo-Renaissance erbaut. Das achtstöckige Gebäude wird vom markanten Glockenturm überragt. Die Dachecken des Turmes (neben den Zifferblättern der Turmuhr) werden von bier Türmchen gekrönt, die sich von der Form her einen Bier-Maßkrug  zum Vorbild genommen haben. Der Architekt des Gebäudes soll sich auch an deutschen Rathäusern orientiert haben, etwa dem ebenfalls mit einem Turm versehenen Hamburger Rathaus, das etwa zur selben Zeit im selben Stil errichtet wurde.

Bilder oben: Neo-Renaissance-Architektur bei Rathausgebäuden; erstes Bild: die City Hall in Milwaukee und zum Vergleich das Hamburger Rathaus.

Bilder oben: das Milwaukee Court House, fertiggestellt 1899; heute fast ausschließlich genutzt durch verschiedene Gerichte.

Bilder oben: das Associated Bank River Center (früher Milwaukee Center) wurde 1988 von Skidmore, Owings & Merrill errichtet. Von Farbgebung und Dachgestaltung nimmt das Gebäude Bezug auf das historische Rathaus. Das Gebäude der Milwaukee Electric Railway and Light Company wurde nach Fertigstellung um 1900 als Kraftwerk für die Versorgung der elektrischen Straßenbahnen genutzt. Heute beherbergt es ein Theater. Die Prospect Avenue verläuft parallel zum Ufer des Michigan-Sees am Juneau-Park vorbei.

Bilder oben: Kunst im öffentlichen Raum der Stadt. Die Organisation „Sculpture Milwaukee“ organisiert jedes Jahr eine Outdoor-Ausstellung von Kunst im öffentlichen Raum der Stadt. 2017 stand diese Plastik von Toni Tasset („Mood Sculpture“)  vor dem Büro-Hochhaus von RSM US an der East Wisconsin Avenue.

Bilder oben: weitere Exponate der Ausstellung von 2017: eine Skulptur („S2“) von Santiago Calatrava und eine sehr figürliche Darstellung einer „Immigrant Family“ von Tom Otterness.

Auf der Website der Organisation „Sculpture Milwaukee“ heißt es (Zitat): „Sculpture Milwaukee is a non-profit organization transforming downtown Milwaukee’s landscape every year with an annual outdoor exhibition of world-renowned sculpture that serves as a catalyst for community engagement, economic development, and creative placemaking. Privately funded and open at no cost to visitors we make sculpture accessible for everyone to enjoy. Because we believe great art has the power to rouse individuals, bring people together and make Milwaukee an even better place“. (Zitat Ende)

Das Milwaukee Art Museum (MAM)

Das Milwaukee Art Museum existiert in dieser Form seit 1957 und bildete sich durch den Zusammenschluss zweier vorher existierender Kunst-Museen; die Sammlungen wurden ab Ende des 19. Jahrhunderts aufgebaut.

Die Sammlungen kamen im Gebäude des War Memorial Center (welches an die Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Korea-Krieges erinnern soll – die römischen Zahlen im Mosaik an der Gebäudefassade geben Anfangs- und Endjahreszahlen der Kriege wieder) unter, welches vom finnischen Architekten Eero Saarinen geplant und gebaut wurde. Die Architektur des Gebäudes ist von den Bauten Le Corbusiers inspiriert: auch hier schwebt das Hauptgeschoss auf massiven Stützen und die Fassade muss keine Tragwirkung üernehmen.

Erweitert wurde das Milwaukee Art Museum durch eine Ergänzung von David Kahler (1975) und durch das neue Eingangsgebäude mit Verbindungsriegel zum vorhandenen Gebäudekomplex, das Santiago Calatrava 2001 schuf. 2015 wurde der Museumsbau um einen weiteren Anbau von James Shields vergrößert, wodurch der seeseitige Bereich des Kahler-Gebäudes modifiziert wurde.

Bilder oben: das Milwaukee County War Memorial-Gebäude, welches (im Untergeschoss) Teil des Milwaukee Art Museum ist.

Bilder oben: das Milwaukee County War Memorial-Gebäude, der Anbau von David Kahler  bzw. James Shields im Erdgeschoss zum See hin und der Verbindungsriegel zum Quadracci-Pavillon von Santiago Calatrava.

Bild oben: Santiago Calatravas Erweiterungsbau des Milwaukee Art Museum: eine architekturale Skulptur; „Flügel für die Kunst“ schrieb 2007 der „Spiegel“ über das extravagante Bauwerk.

Bilder oben: das Milwaukee Art Museum mit dem Quadracci-Pavillon (Betty und Harry Quadracci gehören zu den Hauptsponsoren des Gebäudes) des spanischen Architekten Santiago Calatrava. Das Gebäude ist über das Erdgeschoss (vom Parkplatz aus) oder über die Reiman Bridge von der Prospect Avenue aus erreichbar. Dieser Gebäudeteil beinhaltet vor allem die Ticketschalter, zwei Cafés, einen Museums-Shop, Tagungs- und Ausstellungsräume sowie eine große , fast 30 m hohe Halle (Windhover Hall) im Ausmaß einer Kathedrale, von deren Fensterfront aus man einen atemberaubenden Ausblick auf den Michigan-See hat. Die Dachform der  Halle entspricht dem umgedrehten Rumpf eines Schiffes und auch das Vestibül im Untergeschoss erinnert an einen Schiffsbug.

Der „Clou“ des Gebäudes ist das mit mehreren Architektur- und Ingenieurbau-Auszeichnungen bedachte Sonnensegel, welches mechanisch-hydraulisch geöffnet und geschlossen werden kann. Das Sonnensegel hat eine Spannweite von etwa 60 Metern, besteht aus 72 Stahl-Elementen und wiegt 90 Tonnen.

Bei Öffnung des Museums am Morgen wird das Segel geöffnet und bei Besuchsende wieder geschlossen. Zudem schließt und öffnet es sich stets noch einmal um 12 Uhr. Bei zu starkem Wind falten sich die Flügel des beweglichen Sonnenschutzes ebenfalls.

Bilder oben: die „Marke“ Calatrava im Sinn einer „Signature Architecture“ kann man auch an anderen Stellen der Erde antreffen; etwa hier in Süd-Manhattan (New York) bei der U-Bahn-Station am neuen World Trade Center oder am TGV-Bahnhof Saint Exupéry bei Lyon in Frankreich. Hier ist das Sonnendach allerdings nicht beweglich.

Bilder oben: die kathedralenartige Eingangshalle des Quadracci-Pavillons mit Blick auf den Michigansee.

Bilder oben: unterer Eingangsbereich zum Quadracci-Pavillon.

Bilder oben: der Erweiterungsbau von Santiago Calatrava bei ausgefahrenem Sonnensegel und der „Bug“ des Gebäudes im Untergeschoss, der zum Lake Michigan hin orientiert ist. Im Hintergrund sind das ursprüngliche Museumsgebäude von Eero Saarinen zu sehen bzw. die Hochhäuser der Stadt.

Bilder oben: die 72 Lamellen des ausgefahrenen Sonnensegels und der Mechanismus, mit dem die Lamellen bewegt werden können.

Bilder oben: bei starkem Wind und nachts wird das Sonnensegel geschlossen. Zur Mittagszeit schließt und öffnen sich die beeindruckenden Gebäude-„Flügel“ ebenfalls.

Sammlungen des Museums

Der aktuelle Sammlungsbestand des Milwaukee Art Museum geht bis auf das Jahr 1882 zurück, als deutsche Auswanderer die Art Association gründeten; die Layton Art Gallery, gespendet von Frederick Layton, eröffnete im Jahr 1888 und brachte dessen  Kunstsammlung ein; durch Zusammenschluss mit dem Milwaukee Art Institute bildete sich 1957 das Milwaukee Art Center, heute Milwaukee Art Museum.

Die heutigen Sammlungen umfassen über 30 000 Objekte aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Druck, Design, textile Kunst, Video usw. und decken einen Zeitraum vom 15. Jahrhundert (v.a. europäische Kunst) bis zur zeitgenössischen amerikanischen Kunst nach 1960 ab.

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