Gent

Gent – ein Stadtportrait

Bild oben: ein mutiges Bauwerk: die neue Stadthalle von Gent (Stadshal).

Einige Impressionen von einem Stadtspaziergang durch Gent.

Bild oben: die historische Altstadt von Gent wird geprägt von drei Türmen: dem Turm der Sint Niklaaskerk (im Vordergrund), dem Belfried (etwas verdeckt) sowie dem Turm der Sint-Bavo-Kathedrale (rechts).

Bilder oben: Gent ist eine Fahrradstadt; Innenstadtstraßen, teils mit Alleenbestand.

Bilder oben: Wohngebäude, Fassaden; Gent hat einen sehr hohen Bestand historischer Gebäude.

Bilder oben: Türportale in der Koningin-Astridlaan.

Bilder oben: Türportal am Sint-Pietersplein, Gebäude am Muinkkai und Häuserzeile am Sint-Baafsplein.

Bilder oben: Genter Impressionen; rosaroter Elefant am Alten Fischmarkt.

Der Bahnhof Gent-St. Pieters – der Eingang zur Stadt

Anlass für den Bau des neuen Bahnhofs Gent-St. Pieters an der Bahnstrecke Brüssel – Oostende war die Weltausstellung von 1913. Die Gegend um den neuen Bahnhof war zu dieser Zeit noch weitgehend unbebaut. Entworfen und gebaut hat den Bahnhof der Architekt Luis Cloquet. Die Geleise wurden auf einem erhöhten Bahndamm verlegt, um Durchlass für eine darunter querende Straße zu ermöglichen.

Die aufwändige Ausmalung der Eingangshalle stammt ebenfalls aus der Bauzeit: in Sgraffito-Technik sind hier wichtige Städte Belgiens dargestellt. Erst lange nach Beendigung der Weltausstellung, ab 1926, wurden die Grundstücke in Bahnhofsnähe mit Reihenhäusern und Einzelvillen für betuchtere Bürger bebaut; die gegend wurde in der Folge deshalb als „Millionärsviertel“ bezeichnet.

Bild oben: Deckenausmalung in der Eingangshalle des Bahnhofs Gent-St. Pieters.

Bilder oben: glasüberdachter Zugangsbereich zum Genter Bahnhof St. Pieters; davor liegt der Platz Koningin Maria Hendrikplein, schräg gegenüber das Flandria-Gebäude, das frühere Flandria Palast Hotel. Es wurde zusammen mit dem Bahnhof erbaut und später von der belgischen Bahn als Bürogebäude genutzt.

Bilder oben: die prächtig gestaltete Eingangshalle des zur Weltausstellung von 1913 errichteten Bahnhofs.

Bilder oben: Gebäudedetails (vom Bahnsteig aus).

Bilder oben: der Bahnhof wird aktuell modernisiert (2024).

Die Alte Post (De Post)

Das monumentale frühere Postgebäude am Korenmarkt wurde von Architekt Louis Cloquet erbaut, der auch den Genter Bahnhof Sint-Pieters zu verantworten hat. Gebaut wurde von 1900 bis 1908. Bei der Gestaltung kombinierte Cloquet Stilelemente der Neogotik und der Neorenaissance. Besonders auffallend sind der schlanke, 52 Meter hohe Uhrturm sowie die mächtigen, achteckigen Treppentürme. Das Haus nimmt fast einen ganzen Baublock ein. Die Naturstein-Fassade ist aufwändig mit viel Figurenschmuck gestaltet. Dargestellt sind unter anderem Staatsoberhäupter und Symbolfiguren für die fünf Kontinente, für den Staat mit seinen Provinzen und die verschiedenen Industriezweige.

1998 wurde das Gebäude von der Postverwaltung aufgegeben und an einen Investor veräußert. Im Erdgeschoss zog ein Einkaufszentrum ein, die oberen Etagen wurden zunächst zu Wohnungen umgebaut, aktuell befindet sich hier ein Hotel. Seit 1999 steht der Komplex unter Denkmalschutz.

Bild oben: Blick durch die Straße Klein Turkije auf die Ostfassade des ehemaligen Postgebäudes; links im Bild die Sint-Niklaaskerk.

Bilder oben: das frühere Post-Gebäude.

Bilder oben: Blick vom Koren-Markt auf die Ostfassade des Gebäudes mit umfangreichem Figurenschmuck.

Bilder oben: im Erdgeschoss befindet sich heute ein Einkaufszentrum; die große zentrale Halle wird durch eine Glas-Metall-Dachkonstruktion mit Tageslicht versorgt.

Gent- eine kurze Stadt(bau)geschichte: mittelalterliche Studentenstadt am Zusammenfluss von Leie und Schelde.

Gent ist nach Brüssel und Antwerpen mit ca. 260 Tausend Einwohnern die drittgrößte Stadt in Belgien und Hauptstadt der Provinz Ost-Flandern. Der Zusammenfluss der beiden Flüsse Leie und Schelde gab der Stadt ihren Namen: die keltische Bezeichnung „Ganta“ beschreibt diesen Sachverhalt. Das Stadtgebiet wird außer von Schelde und Leie noch von einer Anzahl von Kanälen durchzogen, sodass gelegentlich vom „belgischen Venedig“ gesprochen wird.

Die Leie entspringt in Nordfrankreich, durchzieht die Altstadt von Gent und mündet dort in die Schelde. Die Kai-/Uferbereiche der Leie zwischen Grasbrug und Sint-Michielsbrug, die Korenlei im Westen und die Graslei im Osten sind alte innerstädtische Hafenbereiche, werden gesäumt von alten Giebel- und Gildehäusern und bilden heute mit den vielen Restaurants und Cafés einen Schwerpunkt touristischen Lebens.

Bilder oben: die Leie im südlichen Bereich Bijlokekai.

Bilder oben: Blick von der Predikherenbrug zur Sint-Michielsbrug; rechts im Hintergrund zu sehen; das Gebäude der Alten Post (De Post).

Bilder oben: Brücke am Koophandelsplein.

Bilder oben: Korenlei und Graslei.

Bilder oben: historische Giebel- und Gildehäuser aus dem 13. Jahrhundert an der Graslei und Grasbrug mit dahinter aufragender Sint-Michielskerk.

Bilder oben: hinter den Gebäuden an der Korenlei kann man einen Turm der Burg Gravensteen erkennen – hinter der Grasbrug befindet sich das Gebäude des Alten Fischmarktes; letzte beide Bilder: die Gebäude an der Korenlei stammen z. T. aus dem Barock.

Stadtbaugeschichte Gent (Fortsetzung)

Die Anlage der Stadt geht auf keltische Ansiedlungen zurück; „richtig begonnen“ hat die Stadtbaugeschichte aber mit der Gründung zweier Klöster im 7. Jahrhundert: dem Kloster Sankt Bavo (durch den Hl. Amandus) einerseits und dem etwas später hinzugekommenen Kloster Sankt Peter andererseits.

Im 9. Jahrhundert wurde die Stadt wiederholt von Normannen geplündert und teilweise zerstört. Dort, wo sich die Burg Gravensteen befindet, wurde erstmals Ende des 9. Jahrhunderts eine Burg angelegt. Eine erste Stadtkirche gab es nachweislich Mitte des 10. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit wurde das Siedlungsgebiet wohl auch von einer Stadtmauer umgeben. 1860 wurden diese (und die Stadttore) dann wieder geschleift. Auf dem Gelände der ehemaligen Zitadelle der Stadtbefestigung entstand anlässlich der Weltausstellung 1913 ein botanischer Garten mit Musikpavillon; hier ist heute der Citadelpark.

Die Burg Gravensteen

Bild oben: die Wasserburg Gravensteen aus dem 12. Jahrhundert.

Die Wasserburg Gravensteen befindet sich im Zentrum der Stadt am Zusammenfluss von Leie und Lieve. Es handelt sich dabei um die einzige aus dem Mittelalter erhaltene Wasserburg in Flandern mit einem vollständig erhaltenen Verteidigungssystem, bestehend aus einer dicken steinernen Mauer mit 24 zinnenbewehrten Wehrtürmen. Im Zentrum der Anlage befindet sich der 30 Meter hohe Dojon (der Wach- und Wehrturm).

Errichtet hat die Burg gemäß Inschrift über dem Eingangstor Ende des 12. Jahrhunderts (1180) Graf Philipp von Elsass auf einer Sanddüne. An gleicher Stelle existierten aber bereits frühere Befestigungsbauten aus dem 9. Jahrhundert bzw. noch frühere Holzbauten der Wikinger. Die Burg wurde im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut, so kamen etwa die Wehrtürme an der Burgmauer erst später hinzu.

Die auf der Burg residierenden flandrischen Grafen zogen im 14. Jahrhundert aus und von Anfang des 15. bis Anfang des 18. Jahrhunderts war die Anlage dann Gerichtssitz inklusive Folterkeller und Gefängniszellen.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Burg privatisiert und zu einer Textilfabrik, später zu einer Baumwollspinnerei umgenutzt. Viele Fabrikarbeiter wohnten in prekären Verhältnissen in den Begleitgebäuden des Dojon. Ende des 19. Jahrhunderts schloss dann der Betrieb und die Burganlagen verfielen zusehends; selbst ein Abriss war in der Diskussion. Das verhinderte dann allerdings die Stadt durch Aufkauf; sie ließ die Anlage aufwändig sanieren und restaurieren und somit wurde sie zu einer wichtigen Sehenswürdigkeit bei der Weltausstellung von 1913.

Heute ist die Burg v.a. eine Tourismusattraktion mit teilweise musealem Charakter. So gibt es Ausstellungen zu den Folterwerkzeugen und von Waffen.

Bilder oben: die mächtige Wasserburg kann man mit dem Boot auf der Lieve teilweise umrunden.

Bilder oben: Baudetails (Wehrtürme, Schießscharten, Torturm).

Bilder oben: die Burg und der Sint Veerleplein (Platz im Vordergrund).

Grüne Oase in der Stadt – der Citadelpark

Bilder oben: der Citadelpark wurde auf dem Gelände der ehemaligen Zitadelle der Genter Stadtbefestigung eingerichtet. Hier gibt es einen Musikpavillon, Spielplätze und lauschige Plätzchen für die Naherholung. Ein Großteil der Parkfläche wird von den Gebäuden der ehemaligen Ausstellungshallen für die Weltausstellung eingenommen. Hier befinden sich jetzt einerseits das S.M.A.K, das Museum für Aktuelle Kunst und ein Kongresszentrum.

Fortsetzung: Stadtgeschichte Gent

Einen Aufschwung hinsichtlich Wirtschaft und Einwohnerzahl erlebte die Stadt ab dem 11. Jahrhundert: hier trug vor allem der Tuchhandel zu Wachstum und Wohlstand bei. Webereien für Flachs und Leinen sowie der Handel mit den gefertigten Textilprodukten machten Gent im Mittelalter zu einer bedeutenden Metropole. Schon im 13. Jahrhundert wohnten zwischen 50 und 60 Tausend Menschen im Stadtgebiet. Über die Schelde war auch der Seehandel möglich und der Erwerb des Stapelrechts für gehandeltes Getreide mehrten Bedeutung und Wirtschaftskraft der Stadt. So kam es, dass Gent im 16. Jahrhundert die größte Stadt der Niederlande wurde; im europäischen Maßstab waren damals nur Paris und die oberitalienischen Städte größer und bedeutsamer. Der Reichtum erlaubte den Bau mehrerer großer Kirchen, so etwa von Sint-Jacob, Sint-Niklaas oder Sint-Michiel sowie die Errichtung herrschaftlicher Gebäude, von Kaufmannshäusern oder der großen Tuchhalle. Noch heute gibt es im Stadtgebiet etwa 10 Tausend kulturhistorisch bedeutsame Bauten.

Symbole bürgerlicher Macht: Belfried und Tuchhalle

Der Belfried

Allgemein ist ein Belfried ein insbesondere für flämische Städte typischer schlanker Turm, der auch eine Uhr und ein Geläut trägt. Seine Hauptfunktion ist aber nicht die eines Glockenturms, sondern vor allem ein Macht- und Prestigesymbol für die Bürgerschaft einer Stadt; oft ist der Belfried verbunden mit dem Rathaus oder der Tuchhalle. Mit dem Geläut regelte der Belfried das soziale Leben und seinen Ablauf in der Stadt. Mit der Errichtung eines Belfried ging die Entstehung der städtischen Selbstverwaltung (unabhängig vom jeweiligen Grafen) einher; bürgerliche Bünde, etwa Gilden (von Kaufleuten, Tuchmachern,…) erstritten sich die Selbstverwaltung vom jeweiligen Stadtherrn. Die diese Rechte bezeugenden Urkunden wurden ebenfalls im Belfried gelagert.

In Gent begann der Bau des 95 Meter hohen Turmes im Jahr 1313. Als Baumaterial wurde derselbe graublaue Kalkstein aus Tournai verwendet wie beim Bau der Sint-Niklaaskerk. Auch in Gent war der Belfried hauptsächlich ein Symbol für die Macht, welche die Zünfte im Stadtrat gegen den jeweiligen Grafen von Flandern errungen hatten.

Die Fertigstellung des Turm zog sich wegen der immer wieder unsicheren politischen Situation bis 1380 dahin, als eine zunächst hölzerne Turmspitze aufgesetzt wurde. Auf dieser Spitze wurde dann auch der noch heute hier thronende „Drache von Gent“ montiert. In der Folgezeit wurde das Bauwerk, insbesondere auch die Turmspitze, mehrfach überarbeitet; 1852 wurde diese etwa durch eine gusseiserne Konstruktion im Stil der Neogotik ersetzt und auch diese wurde im Zuge der Weltausstellung von 1913 durch eine andere Variante ausgetauscht. Seitdem sind immer wieder Restaurierungen und Sanierungen nötig gewesen.

Bild oben: der Platz vor der St. Bavo Kathedrale (Sint-Baafsplein) mit der Tuchhalle und dem Belfried. Recht im Bild das Niederländische Theater Gent.

Der Turm hatte im Mittelalter auch eine wichtige Funktion als Wachturm; bis 1442 hatte der Turm der Sint-Niklaaskerk diese Bedeutung inne, dann zogen die Wächter in den nun soweit fertiggestellten Belfried um. Eine Gruppe von Wächtern war ganztags im Einsatz, um nach eventuellen Bränden Ausschau zu halten und die Sicherheit in der Stadt zu gewährleisten. Durch die Betätigung des Stundenschlages mit den Glocken gaben sie den zeitlichen Tagesablauf vor. Wobei man tagsüber die Zeit auch an den Zifferblättern der Turmuhr ablesen konnte. Diese war zunächst aber recht ungenau; das besserte sich erst, als das hölzerne Uhrwerk im 17. Jahrhundert durch eine Pendeluhr ersetzt wurde.

Der Belfried dient auch als Aufbewahrungsort für das Archiv; seit 1408 verwahrte die Stadt wichtige Urkunden und andere Unterlagen in einem speziellen, dreifach gesicherten Urkundenschrank auf, der sich in einem besonders gesicherten Raum (dem Secreet) befand. Erst gegen Ende des 16. Jahrhundert wanderte das Archiv dann in das städtische Rathaus.

Bild oben: der 95 Meter hohe Belfried.

Bilder oben: Baudetails: Turmuhr.

Die Tuchhalle

Direkt an den Belfried grenzt die Tuchhalle an, deren Bau 1425 begonnen wurde; sie ist auch ein Symbol für die Bedeutung der Tuchmacher; schließlich beruhte der Reichtum der Stadt zu dieser Zeit vor allem auch auf der Tuchmacherei und dem Handel damit. Die Erdgeschossräume der Tuchhalle dienten der Ausstellung und dem Verkauf der fertigen Tuche; im Obergeschoss befand sich ein großer Sitzungssaal für die Sitzungen der Tuchmachergilde. Der Bau der Tuchhalle im Stil der Brabanter Gotik konnte aber final erst 1903 abgeschlossen werden.

Zwischen der Tuchhalle und dem Belfried befindet sich ein kleines Gebäude, welches die Wohnung des Gefängniswärters enthielt; die Gefängniszellen befanden sich im Kellergeschoss der Tuchhalle. Durch dieses Gebäude kommt man auch zum Eingang des Belfrieds.

Bilder oben: die an den Belfried angrenzende Tuchhalle; hier befanden sich Verkaufsräume für fertige Tuche und (im Obergeschoss) der Sitzungssaal für die Tuchmachergilde.

Fortsetzung: Stadtgeschichte Gent

Bekannt ist Gent auch für die „Aufmüpfigkeit“ seiner (begüterten) Bürger, die sich oft gegen die Reglementierung ihrer Freiheiten und Rechte durch die jeweiligen Machthaber auflehnten; insbesondere die Kaufmannsfamilien erstritten sich vom Adel Privilegien und Autonomie. Großen politischen Einfluss erwarben sich auch die verschiedenen (Handwerker-)Zünfte. Oft waren Aufstände gegen die jeweiligen Herrscher aber auch erfolglos und brachten harte Strafen und Demütigungen ein.

Auf der Website www.goruma.de kann man dazu das Folgende lesen: „Mächtige Kaufmannsfamilien und Zünfte bildeten sich in Gent heraus und rangen der mittelalterlichen Aristokratie Vorrechte ab. Aufstände kennzeichneten und begleiteten diese Machtverschiebungen und kulminierten schließlich 1338 in einem Bund der Genter Zünfte (unter dem Kaufmann und Stadtoberhaupt Jacob von Artevelde) mit den Engländern. Gemeinsam wollte man gegen den französischen Adel vorgehen. Doch die Revolte scheiterte und endete mit dem Tode Jacobs von Artevelde. Eine zweite Erhebung unter dessen Bruder Philip scheiterte in der Schlacht bei Roosebeke ebenfalls und brachte es mit sich, dass ganz Flandern Anfang des 15. Jahrhunderts unter burgundische Herrschaft kam.

Die neuen burgundischen Herrscher versuchten nun, die Macht der Zünfte zu beschneiden, was zu Aufständen führte, welche 1453 in der Schlacht bei Gavere ihren Höhepunkt fanden. Gent erlitt eine furchtbare Niederlage, und die Ratsherren der Stadt mussten im Büßergewand vor Herzog Philipp dem Guten um Gnade bitten. Mit 1477 wurde Gent zu einem Bestandteil des habsburgischen Erbes, was wieder Kämpfe mit sich brachte, die 1492 für Gent erfolglos endeten.

Der 24. Februar 1500 markiert die Geburt von Gents berühmtestem, aber auch schwierigstem Kind: Karl V. (1500-1558), der 1516 König von Spanien und 1519 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation werden sollte. Auch gegen ihn rebellierte die Genter Bevölkerung im Aufstand am Gravensteen (1539). Sie unterlagen. Ihre Anführer wurden enthauptet und der Stadt gewisse Privilegien entzogen. Die Ratsherren mussten mit einer Schlinge um den Hals den Kaiser um Gnade anflehen.“

Fortsetzung: Stadtgeschichte Gent

Die Zeit von 1600 bis 1750 ist geprägt vom wirtschaftlichen Abstieg der Stadt und einem Rückgang der Bevölkerung auf etwa die Hälfte, bedingt auch durch die Religionskriege, die Calvinisierung (Reformation) und spätere Rekatholisierung durch die Spanier sowie durch den Verlust des Seezugangs. Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann eine wirtschaftliche Erholung. Mit Beginn der Industrialisierung erlebte auch Gent eine zweite Blütephase: die Industrialisierung bedeutete in Gent v.a. eine Mechanisierung der Verarbeitung von Baumwolle und Leinen. Durch den Bau des Gent-Terneuzen-Kanals (1825-27) erlangte die Stadt bezüglich des Handels wieder Anschluss an den Weltmarkt.

1816/17 wurde in Gent die Universität gegründet; heute besuchen etwa 65 Tausend Studenten/innen diese Hochschule und machen Gent zu einer kulturell lebendigen Studentenstadt.

Im Zusammenhang mit der von Gent ausgerichteten Weltausstellung 1913 entstand der Bahnhof Gent-Sint-Pieters (siehe oben).

Der Bücherturm (Boekentoren) – „der vierte Turm“

Von der St. Michielsbrug aus, die über die Leie führt, kann man alle historischen Türme der Stadt überblicken: den Turm der Sint-Niklaaskerk, den Turm der St. Bavo-Kathedrale sowie den Belfried, den Glockenturm und Wachturm der Stadt.

Bild oben: die drei historischen Türme der Stadt.

In die Stadtsilhouette reiht sich aber noch ein vierter Turm ein: der 64 Meter hohe Bücherturm. Das 24 Stockwerke hohe Gebäude wurde vom belgischen Art-Nouveau-Architekten Henry an de Velde ab 1933 geplant; mit dem Bau wurde 1935 begonnen, 1942 wurde er in Betrieb genommen. Völlig fertiggestellt wurde er aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg (in 1950).

Der Turm und die Begleitgebäude beherbergen die Universitätsbibliothek und das Bücherlager; das Begleitgebäude ist 3 Stockwerke hoch; hier sitzt die Verwaltung und hier gibt es auch Lesesäle. Der Turm schließt oben mit einem Belvedere; in dem Raum können auch Veranstaltungen stattfinden.

Das Gebäude wurde in den Jahren 2009 bis 2021  vom belgischen Architekten Paul Robbrecht vom Büro Robbrecht en Daem aufwändig saniert und restauriert; dabei wurden auch spätere An- und Umbauten wieder entfernt und der Ursprungszustand wieder hergestellt. Es wurden auch unterirdische Räume ergänzt und die gesamte Haustechnik wurde auf einen aktuellen Stand gebracht. Der Bücherturm steht seit 1992 unter Denkmalschutz.

Bilder oben: der Bücherturm der Universitätsbibliothek Gent, ein Art Nouveau-Bau von Henry van de Velde.

Bilder oben: der renovierte Bücherturm (Boekentoren).

Fortsetzung: Stadtgeschichte Gent

Im Zweiten Weltkrieg blieb die Stadt vor Zerstörungen weitgehend verschont, sodass die historische Bausubstanz bis heute erhalten blieb und in neuerer Zeit oft aufwändig saniert und renoviert wurde. Eine Ausnahme bildet das Museum der Schönen Künste; dieses Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, in den Nachkriegsjahren aber wieder aufwändig rekonstruiert.

Die Stadtsilhouette wird geprägt von drei etwa gleich hohen Türmen: dem 61 Meter hohen Belfried (Wach-/Glockenturm) und den Türmen der St. Bavo-Kathedrale sowie der Sint-Niklaaskerk. Aus neuerer Zeit stammt ein vierter Turm: der in den Jahren 1936 bis 1942 errichtete und vom Art-Nouveau-Architekten Henry van de Velde entworfene Boekentoren (Bücherturm) für die Universität. In diesem 20-geschossigen Stahlbetonbauwerk sind heute etwa 3 Millionen Bücher untergebracht.

Die Genter städtische Zentralbibliothek „De Krook“

Das Genter Architekturbüro Coussée & Goris und das spanische Büro RCR Aranda Pigem Vilalta Arquitectes haben 2017 die neue Stadtbibliothek fertiggestellt. Das Gebäude wurde auf einer Industriebrache an einer Biegung der Schelde errichtet. Biegung im Dialekt heißt „krook“; daher hat das Gebäude seinen Namen bekommen.

Mit dem 2009 beschlossenen Neubau wurde die Bibliotheksbestände, die zuvor auf verschiedene Standorte verteilt waren, zusammengeführt.

Das Gebäude hat aber nicht nur Bibliotheksfunktion; im Haus ist auch ein Forschungsinstitut für Nanoelektronik untergebracht und die Universität Gent hat hier Büroräume bezogen. Zudem gibt es auch ein Café mit Außenterrasse, Coworking-Bereiche und Veranstaltungsräume. Das neue Haus für die Stadt hat also auch eine soziale Funktion: man kann hier arbeiten und sich treffen.

Zur Schelde hin zieht sich dem Gebäude entlang eine Kaipromenade mit einer großen Sitztreppe und Anlegestellen für Sport- und Taxi-Boote.

Bilder oben: imposante Erscheinung: die neue Zentralbibliothek – Außenansicht und Treppenhaus im Inneren.

Bilder oben: die Zentralbibliothek „De Krook“ befindet sich an einer Biegung der Schelde.

Bilder oben: Aufenthaltsbereich vor dem Gebäude, Außenterrasse mit Außenbewirtung des Bibliothekscafés; im Hintergrund die Türme in der Innenstadt: Belfried und St. Bavo-Kathedrale.

Bilder oben: die Stahlskulptur, die das Gebäude darstellt, wird in der Architekturkritik z. T. auch kritisch bewertet: einerseits hat sie tragende Funktion, zum anderen dient sie dem Sonnenschutz; zu einem guten Teil aber ist sie wohl auch ein Designelement. Im Inneren erhalten die Räume durch Farbe und Materialität eine etwas düstere Anmutung.

Bilder oben: auf dem öffentlichen Platz vor dem Gebäude befindet sich ein Kunstwerk des belgischen Künstlers Michaël Borremans; die Skulptur „De Passanten“ stellt vier überlebensgroße Personen dar, die zur Begrüßung gerade die Köpfe zusammenstecken.

Bilder oben: Kaianlage entlang des Gebäudes.

Auf der Website der EU-Kommission https://culture.ec.europe.eu kann man zu dem Neubau das Folgende lesen:

„Mit der Bibliothek De Krook wurde ein vernachlässigtes Gebiet in ein lebendiges, trendiges Viertel verwandelt. Die Bibliothek ist mehr als nur ein Gebäude: Sie ist nun ein Treffpunkt zwischen Kultur, Innovation und Wissen für alle Einwohnerinnen und Einwohner.“

Und zur Architektur des Gebäudes heißt es:

„Die Gestaltung der Bibliothek De Krook mit ihrem weithin sichtbaren Stahlbau, der aus einer Anordnung aus Stapeln von horizontalen Platten besteht, schafft eine physische Verbindung mit der umliegenden Stadt, indem es attraktive Ausblicke auf die gesamte urbane Landschaft bietet. Die Architekten (das Architekturbüro Coussée & Goris aus Gent mit seinem katalanischen Partner und Pritzker-Preisträger RCR Arquitectes: Rafael Aranda, Carme Pigem und Ramón Vilalta) verfolgen einen rohen und unverfälschten Ansatz mit offen sichtbaren Baumaterialien. Das erforderte eine makellose Ausführung mit einem ausgeprägten Sinn für technische Details und Präzision. Der Entwurf umfasste Gemeinschaftsbereiche (mit einem großen öffentlichen Kunstwerk) und Grünflächen entlang des Gebäudes. Über den Fluss wurden zwei neue Brücken gebaut, die einen leichten Zugang zu Fuß oder per Fahrrad ermöglichen.“ (…)

Bild oben: Eingangsbereich des Bibliotheksgebäudes.

Bilder oben: sieht zwar aus wie eine Präsenzbibliothek: die meisten Bücher lagern aber im Magazin und müssen bei den Bibliotheksangestellten bestellt werden.

Bilder oben: Im haus gibt es viele Aufenthalts-, Lese- und Ruheorte.

Bilder oben: Blick nach draußen auf die Schelde und die städtische Nachbarschaft.

Verwaltungsgebäude der Flämischen Regierung (Ostflandern)

Die staatliche Gliederung und Verwaltung Belgiens ist kompliziert; Belgien ist ein Bundesstaat mit drei Regionen und zehn Provinzen; direkt am Bahnhof Gent-St. Pieters befinden sich Gebäude der Flämischen Regierung. Gent gehört zur Provinz Ostflandern. Der Gebäudekomplex ist nach der belgisch-flämischen Schriftstellerin Virginie Loveling benannt. Die Gebäude, einschließlich des 22 Stockwerke hohen Büroturms, wurden von Mauro Poponcini und Patrick Lootens (Polo Architects) geplant und gebaut.

Bilder oben: Verwaltungsgebäude der Flämischen Regierung (Ostflandern) am Bahnhof Gent-St. Pieters.

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