Mannheim
Stadt(bau)geschichte Mannheims
Mannheim: ein Stadtportrait – Stadtbaugeschichte, Architektur, Museen.
Bild oben: Blick aus der Stresemannstraße auf den schönsten Platz in Mannheim: den Friedrichsplatz, auf dem sich mit dem Wasserturm auch das Wahrzeichen der Stadt befindet. Im Hintergrund die Heilig-Geist-Kirche und (rechts) ein Teil des neuen Gebäudes der Kunsthalle Mannheim. Rechts im Bild: Teil des Veranstaltungszentrums Rosengarten.
Gründung der Stadt; frühe Stadtbaugeschichte
Mannheims Stadt(bau)geschichte ist sowohl auf der Website der Stadt Mannheim (www.mannheim.de/), als auch auf der Seite des Stadtarchivs „Marchivum“ (www.marchivum.de/) ausführlich chronologisch dokumentiert. Informationen von diesen beiden Websites wurden im Folgenden für die Zusammenstellung einer kurzen Stadt(bau)geschichte benutzt.
Auf der Website der Stadt Mannheim zu ihrer Stadtgeschichte (s. o.) kann man lesen (Zitat): „Es ist eine schicksalsreiche und wechselvolle Geschichte, in der die „heimliche Hauptstadt der Kurpfalz“ ihr heutigen Stärken als urbane, offene und tolerante Handels- und Dienstleistungsstadt entwickelte: Seit Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz im Jahre 1606 den Grundstein zum Bau der Festung Friedrichsburg legte, musste die Stadt insgesamt vier Mal nach Zerstörungen wieder neu aufgebaut werden. Stets erhalten geblieben ist jedoch das einzigartige gitterförmige Straßennetz der Innenstadt. Deshalb kann sich in Mannheims City auch niemand verlaufen. Denn wo in anderen Städten Straßen die Namen berühmter Menschen tragen, gibt es in Mannheim stattdessen Buchstaben und Zahlen. Das Rathaus findet man in „E5“, das Stadthaus in „N1“. Mannheim wird deshalb auch von vielen einfach „die Quadrate-Stadt“ genannt.“
Über die Entstehung der Stadt Mannheim schreibt Dieter-J. Mehlhorn in seinem Buch „Stadtbaugeschichte Deutschlands“ (Dietrich Reimer Verlag GmbH, Berlin, 2012) auf S. 194: „Mannheim gilt neben Karlsruhe als die wichtigste Stadt mit barockem Grundriss in Deutschland. Die (…) Stadtanlage hatte bereits einen orthogonalen Grundriss, dessen Mittelachse auf die Zitadelle Friedrichsburg zielte. (…) Der entscheidende Impuls zum Ausbau Mannheims zur Residenzstadt erfolgte durch den Entschluss des Kurfürsten Carl Philipp im Jahr 1720, die Hofhaltung endgültig von Heidelberg nach Mannheim zu verlegen.“
Ursprung der heutigen Stadtanlage war also die von Friedrich IV. initiierte Anlage der Zitadelle Friedrichsburg, einer sternförmigen Befestigungsanlage innerhalb der ebenfalls sternförmigen äußeren Stadtbefestigung (der innere Befestigungskreis der Zitadelle war als Rückzugsort und Kernbefestigung einer Stadt bei Angriffen gedacht). Um das Wachstum der Stadt zu fördern, erhielt sie vom Fürsten gewisse Privilegien, etwa das Recht zur Abhaltung von Märkten. Der noch heute abgehaltene weithin bekannte Maimarkt soll aus diesen Maßnahmen hervorgegangen sein.
Im 30-jährigen Krieg wurde die Stadt 1622 zerstört, 1652 begann der Wiederaufbau; eine erneute Zerstörung erfolgte im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 durch die Franzosen. 1698 erfolgte erneut ein Wiederaufbau; an Stelle der Zitadelle sollte jetzt hier allerdings ein Schloss entstehen; 1700 ist die Grundsteinlegung für den Bau von Kirche und Rathaus (bis 1711): in unüblicher Manier steht hier der Kirchturm zwischen zwei weitgehend ähnlich aufgebauten Gebäudeflügeln; der eine wird als Rathaus, der andere als Kirche genutzt; von außen unterscheidet fast nur die Form der Fenster die beiden Nutzungen.
Bild oben: die Stadt Mannheim wirbt für sich mit den Silhouetten stadtprägender Gebäude und einem pfiffigen Spruch, der auf die Geometrie der Stadtanlage anspielt („Leben im Quadrat“).
Stadtspaziergang Mannheim – Wohnbau im klassizistischen, historistischen und barocken Stil oder im Jugendstil
Immer wieder zerstört und neu aufgebaut finden sich in der Stadt Gebäude aus unterschiedlichen Stilepochen: Wohngebäude im klassizistischen oder im historistischen Stil, aber auch Barockbauten (wie das Alte Rathaus oder das Schloss), Jugendstilgebäude (wie das Ensemble am Friedrichsplatz mit dem „Rosengarten“) und natürlich auch Nachkriegs- und moderne Aarchitektur.
Bilder oben: Wohngebäude aus verschiedenen Stilepochen.
Bilder oben: filigran gestaltetes Vordach eines Hotels und (letztes Bild): hier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ein historisches Gebäude aufgestockt.
Bilder oben: Jugendstilarchitektur gibt es nicht nur in der Kurpfalzstraße (erste drei Bilder) oder am Friedrichsplatz (letztes Bild).
Bilder oben: auch entlang den Augusta-Anlagen oder an der Bismarckstraße findet man Gebäude mit üppiger Jugendstil-Ornamentik.
Bilder oben: die von Nordosten (von der Kurpfalzbrücke) nach Südwesten (zum Barockschloss) verlaufende Kurpfalzstraße teilt die Qaudrate der Innenstadt in zwei Hälften.
Bilder oben: die heutige Friedrich-List-Schule hieß zuvor Kurfürst-Friedrich-Schule; ein Reiterstandbild von Kurfürst Friedrich I. in Form eines Halbreliefs befindet sich an der Fassade des 1914 von Richard Perrey gebauten Jugendstilgebäudes.
Bilder oben: 1901 wurde das Gebäude der Tulla-Realschule fertiggestellt und bezogen. Die Fassade zeigt klassizistische und Jugendstil-Elemente.
Mannheim wird Residenzstadt – Bau des Barock-Schlosses
Zum Umzug von Kurfürst Karl Philipp mit dem Hofe von Heidelberg nach Mannheim 1720 beginnt der Bau der von den Dimensionen her gewaltigen fünfflügeligen Residenzschlossanlage (mit 450 Metern Breite ist es nach Versailles die zweitgrößte barocke Schlossanlage Europas), der sich bis 1760 hinzieht und unter Kurfürst Carl Theodor vollendet wird. In den seitlichen Flügeln sind dabei Bibliothek, Kirche und Opernhaus untergebracht. Wie bei anderen großen Residenzschlossbauten diente die Residenz der Französischen Könige in Versailles als Vorbild oder Referenz (da in Mannheim aufgrund der Topografie die Anlage größerer Gartenanlagen am Schloss nicht möglich war, wurde gleichzeitig in Schwetzingen mit dem Bau des dortigen Schlosses als Sommerresidenz für die Kurfürsten Karl Philipp und Karl Theodor begonnen). Barocke absolutistische Herrscher nutzten Residenz und Residenzstadt als „Bühne“ für ihr herrschaftliches Auftreten. Die Residenzstädte wurden zum „Kunstwerk“, gekennzeichnet durch „perspektivische Wirkungen“ mit „theatralischen Außenräumen“ einer gezielten „Platzierung bedeutender Gebäude“ und der Schaffung „effektvoller öffentlicher Plätze“ (zitiert nach Prof Dr. Hilde Schröteler-von Brandt (Uni Siegen) in ihrer Schrift „Landesfürstlicher Städtebau (…)“).
Das Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und ein Abbruch der verbliebenen Gebäudeteile wurde erwogen; dann entschied man sich aber für einen (zumindest äußerlichen) Wiederaufbau, der zwischen 1956 und 1961 stattfand. Zum Wiederaufbau kann man auf der Website www.lokalmatador.de/ (unter Freizeit / Ausflugsziele) Folgendes lesen: „Im Zweiten Weltkrieg wurde Schloss Mannheim fast völlig zerstört. Nur das Bibliothekskabinett blieb als einziger Raum von über 500 unangetastet. 1947 entschied man sich, den Außenbau des Schlosses nach dem historischen Vorbild wieder aufzubauen. Im Inneren wurde die ursprüngliche Raumaufteilung völlig verändert, lediglich die Schlosskirche, das Treppenhaus und der Rittersaal wurden wiederhergestellt. Im Schloss nahmen das Finanzamt, das Landgericht, die Wirtschaftsschule und Teile der Universität ihren Sitz.
Seit April 2007 erstrahlt das Barockschloss Mannheim jedoch in neuem Glanz. Mit der Wiederherstellung der Enfilade in der Beletage erhielt das Schloss sein Herzstück zurück. Mehrere hundert originale Objekte wie Möbel, Gemälde, Tapisserien, Porzellane und Uhren geben hier, in den Prunkräumen, die höfische Atmosphäre vergangener Tage wieder. (…)“
Heute wird das Schloss vor allem von der Universität und dem Amtsgericht Mannheim genutzt. Auch das Schlossmuseum ist hier untergebracht.
Bilder oben: das Schloss Mannheim; in der Nähe: die Jesuitenkirche.
Bilder oben: Schloss Mannheim während der Magnolienblüte im Frühling.
Bilder oben: Standbilder von Herzog und Kurfürst trifft man im Hof der Anlage.
Bilder oben: Gebäudedetails.
Bilder oben: Ansicht des Barockschlosses Mannheim von Südwesten (Otto-Selz-Straße); Arkaden, Türen, Baudetails, Innenhof und Schloss-Museum.
Bilder oben: die Schlosskirche in einem Seitenflügel der Schlossanlage; sie wurde zwischen 1720 und 1731 erbaut; der Wiederaufbau nach den Kriegszerstörungen dauerte von 1952 – 1956.
Bilder oben: das Mannheimer Schloss: ein Barockgebäude aus der Nachkriegszeit: nach fast völliger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zwischen 1956 und 1961 wieder aufgebaut; einige Räume wurde rekonstruiert (Treppenhaus, Rittersaal). Im Hof trifft man auf die Standbilder von Kurherzog Karl Friedrich und Kurfürst Karl Ludwig.
Marktplatz und Paradeplatz – Rathaus und Stadthaus
In Mannheim bleiben zwei Quadrate innerhalb des Block-Rasters von Bebauung frei: das eine ist der Marktplatz (mit Rathaus und Kirche), das andere der Paradeplatz. Im Quadrat N1 wird zwischen 1725 und 1745 am Paradeplatz ein großes Kaufhaus errichtet, das später auch als Rathaus genutzt wird; es wird im Zweiten Weltkrieg stark zerstört; an seiner Stelle befindet sich seit 1991 das Stadthaus mit der Städtischen Bibliothek.
Wie in anderen Städten wird mit modernen Entwicklungen der Militär- und Wehrtechnik die steinerne Stadtbefestigung im 18. Jahrhundert zunehmend nutzlos; 1799 werden die Befestigungsanlagen geschleift; freiwerdende Flächen dienen der Stadterweiterung.
Das Stadthaus am Paradeplatz
wurde zwischen 1986 und 1991 anstelle des früher hier befindlichen alten Kaufhauses (das vor allem als Rathaus genutzt und im Zweiten Weltkrieg stark zerstört worden war) von den Architekten Carlfried Mutschler, Joachim Langner, Christine Mäurer und Ludwig Schwöbel geplant und gebaut. Der postmoderne Entwurf für diesen kommunalen Mehrzweckbau war in der Mannheimer Bürgerschaft sehr umstritten. Ein erster Plan von 1960 für ein städtisches Verwaltungsgebäude, den Roland Ostertag eingereicht hatte, wurde nicht umgesetzt.
Das neue Stadthaus nimmt die „Mannheimer Symmetrie “ auf, die mehrere Bauwerke zeigen: ein zentraler Turm (in der modernen Variante aus Stahl und Glas) mit zwei weitgehend symmetrischen Seitenflügeln, die unterschiedlichen Funktionen dienen; umgesetzt wurde eine solche Anordnung etwa beim historischen Vorgängerbau, dem alten Rathaus (mit Kirche St. Sebastian) und der Konkordienkirche.
Heute gehört das Stadthaus nur zur Hälfte der Stadt Mannheim; hier befinden sich ein Rats- und ein Bürgersaal sowie (rückwärtig) die Städtische Bibliothek. Vor allem das Erdgeschoss wurde in 2008 und 2014 mehrfach renoviert und umgebaut; es wird vor allem für Gastronomie und Handel genutzt.
Bilder oben: das postmoderne Stadthaus nimmt barocke Gebäudesymmetrien auf, wie sie beim alten Rathaus angewandt wurden; ein zentraler Turm steht zwischen zwei weitgehend identischen Seitenflügeln; unterschiedlich sind beim Stadthaus die Dachformen der beiden Flügel.
Bilder oben: das gläserne Halbrund gehört zur Städtischen Bibliothek.
Bilder oben: Gebäude am Paradeplatz und Grupello-Pyramide am zentralen Brunnen.
Auf der Website der Stadt Mannheim zu ihrer Stadtgeschichte (s. o.) kann man zum Paradeplatz und dem darauf aufgestellten Brunnen Folgendes lesen: „Am Schnittpunkt der Achsen von Planken und Breiter Straße gelegen, bildet der Paradeplatz den Mittelpunkt der Stadt. Für Truppenaufmärsche bestens geeignet, sieht man hier im 18. Jahrhundert kurpfälzisches, im 19. Jahrhundert badisches Militär paradieren, ebenso wie Freischärler und Turnerwehren in den Revolutionsjahren 1848/49. Zeitweise dient der zentrale Platz auch als Standort für Jahrmärkte und Vergnügungsmessen.
Seit 1743 schmückt die Pyramide des Bildhauers Gabriel Grupello (1644-1730) die Mitte des Platzes. Eigentlich als Brunnenmonument für Düsseldorf, die Residenz des pfälzischen Kurfürsten Johann Wilhelm (1758-1716), entworfen, steht sie dann – mangels Wasserleitung – 150 Jahre trocken auf einem eigens angefertigten hohen Sockel. Erst bei der Umgestaltung des Platzes 1895 erhält die Pyramide eine Erweiterung durch ausladende Brunnenschalen mit Figuren aus der Werkstatt des Bildhauers Johannes Hoffart (1851-1921). Inmitten streng eingefasster, symmetrisch angelegter Blumenrabatten entsteht das repräsentative Zentrum des bürgerlichen Mannheim.“
Bilder oben: die Brunnenanlage der Grupello-Pyramide; die Brunnenfiguren sind Allegorien für die Flüsse Mosel, Rhein, Neckar und Donau; „eine Etage höher“ sind die Götter der Kardinaltugenden dargestellt und ganz oben wird der Kampf von Kurfürst Johann Wilhelm gegen die Ketzerei dargestellt (nach http://www.mannheim.citysam.de/)
Marktplatz mit Altem Rathaus und Sebastiankirche
Im sonst von Bebauung freigehaltenen Quadrat F1 befindet sich der Marktplatz mit Marktbrunnen und an seinem Rand das Alte Rathaus mit der St. Sebastian-Kirche. Baubeginn war 1700 (Fertigstellung 1711); das Schloss wurde erst ab 1720 gebaut; damit gehört das Rathaus zu den ältesten Gebäuden der barocken Stadtanlage. Das Gebäude-Ensemble aus (weltlichem) Rathaus und (sakraler) Kirche mit zentralem Glockenturm in der Mitte ist wohl eine recht ungewöhnliche Kombination; die Anordung zweier symmetrischer Gebäudeflügel beiderseits eines Turmes wiederholt sich in Mannheim allerdings nochmals an der Konkordienkirche.
Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg ist das heutige Gebäude allerdings ein Nachkriegs-Neubau. Der historische Vorgängerbau war als Ersatz für das 1689 zerstörte Rathausgebäude errichtet worden.
Nach der ursprünglichen Plänen sollte rechts des Turmes ein Gebäude mit Festsaal erbaut werden, auf Veranlassung des Fürsten wurde an dieser Stelle dann aber eine Kirche angefügt, die als fürstliche Hofkapelle diente. Kirche und Rathaus erscheinen von den Proportionen, den Gebäudeachsen und dem Dach analog; sie unterscheiden sich durch die Form und Größe der Fenster sowie durch die anders gestalteten Portale: Am Rathaus tragen Atlanten zwar nicht die Welt, aber immerhin den Rats-Balkon, während den Kirchenportal Engelsfiguren schmücken. Den Mittelrisalet des Rathausflügels krönt die Figur der Justitia, am Kirchengebäude ist hier ein Kreuz angebracht. Als der Platz für die Stadtverwaltung im alten Rathaus nicht mehr ausreichte, wurde ab 1910 das Kaufhaus am Paradeplatz für diese Zwecke umgenutzt.
In 1936 wurde ein neues Rathausgebäude (Technisches Rathaus) geplant; mit dem Bau wurde unter Leitung von Josef Zizler und Adolf Abel im Stil der NS-Architektur begonnen; wegen des Krieges verzögerte sich die Fertigstellung und der Rohbau wurde bei Bombardements ebenfalls stark beschädigt. Endgültig vollendet wurde der monumentele Bau auf H-förmigem Grundriss 1951.
Bilder oben: der Marktplatz mit Brunnen (Blick vom Rathaus weg).
Bilder oben: das markante Gebäude des alten Rathauses mit Kirche St. Sebastian. Die Farbgebung des Gebäudes wurde bei einer Renovierung 2011/12 im ursprünglichen historisch belegten Rotton angepasst.
Bilder oben: die zweiflügelige Anlage von Rathaus und Kirche St. Sebastian; der (ehemalige) Rathaustrakt befindet sich links vor dem Mittelturm.
Bilder oben: Details des Rathaus-Flügels: hier sind die Fenster rechteckig; im Erdgeschoss werden sie von Ädikulen gerahmt. Der Rathausbalkon wird von Atlanten gestützt. Auf dem Rundgiebel des Mittelrisalits thront eine Figur der Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit.
Bilder oben: den rechten Flügel des Gebäudes nimmt die Kirche St. Sebastian ein: hier erstrecken sich die Rundbogenfenster über zwei Etagen und der Balkon über dem Portal wird von Engelsfiguren getragen.
Bilder oben: altes Rathaus und Kirche St. Sebastian; Atlas-Figuren tragen den Balkon über dem Portal des Rathausflügels.
Der Friedrichsplatz mit Wasserturm; eine neobarocke Gartenanlage mit Jugendstilelementen
Nach Fertigstellung des Wasserturmes (1889) wurde der Friedrichsplatz angelegt. Auf der Website der Stadt Mannheim (Stadtgeschichte) kann man zur Gestaltung dieses Platzes Folgendes lesen:
„Auf den weitläufigen Flächen rund um den Wasserturm legt der Stadtgärtner in den 1890er Jahren einen Schmuckplatz an als Eingangsportal für die vornehme östliche Stadterweiterung. Das Areal wird nach 1899 gänzlich neu gestaltet. Die Pläne für die Grünanlagen und die umgebenden Arkadenbauten liefert der renommierte Berliner Architekt Bruno Schmitz (1858-1916). Dieser hatte zuvor durch den Gewinn eines Wettbewerbs auch schon den Auftrag zum Bau des Rosengartens erhalten. In dem Ensemble aus gärtnerischer Anlage, Pergola und Wasserbecken mit Kaskade und Fontäne verbindet sich Jugendstil-Ornamentik mit Elementen barocker Planung. Die Benennung des Platzes erfolgt nach dem regierenden Großherzog Friedrich I. (…)“
Bilder oben: im Halbrund ist der Friedrichsplatz umgeben von Wohn-/Geschäftsbauten mit Arkadengängen im Erdgeschoss; auf einander gegenüberliegenden Seiten befinden sich das Veranstaltungszentrum Rosengarten und das Kunst-Museum (Kunsthalle Mannheim).
Das Congress Center Rosengarten
besteht aus dem 1903 von Bruno Schmitz in rotem Sandstein errichtete Jugendstilgebäude „Mannheim Rosengarten“ und modernen Anbauten nach dem Zweiten Weltkrieg; zu dem heute sehr bedeutenden Kongresszentrum kann man auf der Website http://www.mannheim.citysam.de/ Folgendes lesen: „Der Mannheimer Rosengarten (offizielle Bezeichnung: m:con Congress Center Rosengarten) ist ein Kongress- und Tagungszentrum in der Mannheimer Innenstadt. Das Gebäude wurde 1903 nach einem Entwurf des Architekten Bruno Schmitz als städtische Festhalle im Jugendstil errichtet. Die Stadt leistete sich wie die kleinere Nachbarin Heidelberg eine gute Stube. Es befindet sich an der Nordseite der Jugendstil-Anlage Friedrichsplatz gegenüber des Mannheimer Wahrzeichens, dem Wasserturm. Mit seinem charakteristischen Dach aus grün glasierten Tonziegeln prägt der Rosengarten das Stadtbild als wichtige Sehenswürdigkeit.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Rosengarten stark zerstört. 1974 entstand anstelle des nie wieder aufgebauten Nibelungensaals ein moderner Neubau nach den Plänen des Mannheimer Architekten Karl Schmucker, der nun den den Mozartsaal umfasst, den seither größten Saal. Im Jahr 2006 begannen Arbeiten zur erheblichen Erweiterung dieses Gebäudes nach den Plänen von Andreas Schmucker, Sohn von Karl Schmucker.“
Bilder oben: Jugendstil-Ornamentik am Gebäude des Mannheimer Rosengarten.
Bilder oben: 2006/2007 wurde das Kongresszentrum von Andreas Schmucker wesentlich erweitert; der neue Anbau ist im Prinzip ein Kubus aus Stahl und Glas. Letzte drei Bilder: rückseitig grenzt der Erweiterungsbau des Kongresszentrums mit seiner Glasfassade an die Tullastraße; im Hintergrund die Christuskirche am Werderplatz.
Der Mannheimer Wasserturm
Mit dem raschen Bevölkerungswachstum der Stadt im 19. Jahrhundert musste auch ein Ausbau der Wasserversorgung einhergehen. Ein möglichst nahe der Innenstadt gelegener Wasserturm sollte einerseits die Wasserversorgung der Bewohner/innen sicherstellen und sich zum anderen architektonisch gut in die vornehme Wohnlage der Stadt einfügen.
Der 60 Meter hohe Wasserturm mit einem Durchmesser von 19 Metern und einem Fassungsvermögen von zwei Tausend Kubikmetern Wasser wurde von Gustav Halmhuber geplant und zwischen 1896 und 1889 erbaut. Auf dem Dach befindet sich die Statue der Gattin des Meeresgottes Poseidon. Auch der übrige Figurenschmuck und die Brunnenanlage thematisieren vor allem das Thema Wasser.
Der Wasserturm erfüllte als solcher bis zum Jahr 2000 seine Funktion und steht seit 1987 unter Denkmalschutz. Die Gesamtanlage aus Turm, Wasserspielen, Garten, Arkaden und historischen Laternen des Friedrichsplatzes bildet eine der bemerkenswertesten Jugendstilanlagen. Der Wasserturm ist heute das Wahrzeichen der Stadt Mannheim.
In seinem Buch „Stadtbaugeschichte Deutschlands“ (Dietrich Reimer Verlag, München, 2012) schreibt der Autor Dieter-J. Mehlhorn zur Gestaltung von „Bauwerken der Daseinsvorsorge“ in deutschen Städten (also Bahnhöfe, Gas- und Elektritzitätswerke, Schlachthöfe etc.) zum Mannheimer Wasserturm das Folgende: „Architektonisch veranschaulichten die Bauwerke das Selbstverständnis der Kommunen und den Anspruch, für die Einrichtungen der Daseinsvorsorge verantwortlich zu sein. Besonders markant waren die als Hochdruckbehälter ausgebildeten und am höchstmöglichen Punkt einer Stadt errichteten Wassertürme.“ (…)
Etwas später schreibt er konkret zum Mannheimer Bauwerk: “ Städtebaulich noch wirkungsvoller ist der nach einem Wettbewerbserfolg 1885 vom Architekten Gustav Halmhuber entworfene Wasserturm in Mannheim. Er bildet den Mittelpunkt des gärtnerisch aufwendig gestalteten und durch Kunsthalle und Rosengarten (Gesellschaftshaus) flankierten Friedrichsplatzes und Auftakt einer seit 1870 betriebenen Stadterweiterung unmittelbar neben der historischen Altstadt. (…)
Der Wasserturm ist ein gedrungener, monumentaler Rundbau ohne die übliche Auskragung, stilistisch sind Anleihen aus der römischen Antike unverkennbar.“
Bilder oben: der Mannheimer Wasserturm inmitten einer einmaligen Jugendstilanlage. Auch der Wasserturm wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt; 1987 wurde das Dach wieder im historischen Ursprungszustand hergestellt.
Bilder oben: Arkaden, Brunnen, Wasserspiele, Rasenflächen, der Baumbestand und die Blumenrabatte laden zum Flanieren und zum Aufenthalt, besonders in den Frühlings- und Sommermonaten. Letztes Bild: Spiegelung des Wasserturms im Schaufenster eines Geschäftshauses am Friedrichsplatz.
Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert
Mannheim verfügt heute über eine der größten und bedeutendstens Binnenhafen-Anlagen Europas; sie befinden sich im Bereich des Zusammenflusses von Neckar und Rhein; mit dem Bau wurde zwischen 1834 und 1840 begonnen, spätere Erweiterungen folgten: ab 1870 durch den Mühlauhafen, 1896 durch den Industriehafen. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts folgt der Bau eines Ölhafens und (als einer der ersten Binnenhäfen) die Errichtung eines Containerterminals, welches später immer wieder erweitert wurde als Reaktion auf den Übergang des Transportes von Massengütern hin zu Stückgut.
1867 wird eine Eisenbahnbrücke über den Rhein errichtet, 1895 wird als Vorläufer der heutigen Kurpfalzbrücke eine Neckarbrücke erbaut. Der noch heute benutzte Hauptbahnhof wird 1876 fertiggestellt.
Stadtbildprägende Bauten sind heute der Wasserturm (erbaut 1889) oder der Jugendstilbau der Festhalle Rosengarten (1903), zum 300. Stadtjubiläum 1907 wird die von Herrmann Billing erbaute Kunsthalle eröffnet; im ehemaligen Zeughaus öffnet 1925 das Reiß-Museum die Tore für die Öffentlichkeit (Quadrat C5).
Auch im Bereich der Bildung entstehen um die Jahrhundertwende wichtige Einrichtungen: 1898 wird die Ingenieurschule gegründet (heute Hochschule Mannheim), 1905/07 die Handelsschule, die 1967 zur Universität erhoben wird.
Im Zweiten Weltkrieg werden durch Luftangriffe ab 1943 bis zum Kriegsende mehr als die Hälfte aller Gebäude zerstört; im März 1945 besetzen US-Truppen die Stadt. Mannheim ist danach bis 2011 wichtige amerikanische Garnisonsstadt und Sitz wichtiger NATO-Einrichtungen.
Schon bis 1946 werden zerstörte Brücken wieder hergestellt (Friedrich-Ebert-Brücke über den Neckar); 1949 beschließt der Gemeinderat einen Generalbebauungsplan für den Wiederaufbau der Stadt. 1957 wird das neue Nationaltheater eingeweiht, zur Bundesgartenschau 1975 entsteht der weithin sichtbare Fernmeldeturm im Luisenpark; im Herzogenriedpark wird nach Plänen von Frei Otto für das Tragwerk die Holzgitterschalenkonstruktion der Multihalle errichtet.
In neuerer Zeit entstehen 1990 das „Landesmuseum für Technik und Arbeit“ (jetzt „Technoseum“), 2016 ein Komplex aus Wohn- und Geschäftsgebäuden in den Quadraten Q6/Q7 („Q6Q7 Das Quartier“), 2017 wird (nach Abriss des Vorgängerbaus von 1983) der Neubau der Kunsthalle fertiggestellt und 2018 zieht das Stadtarchiv in ein umgebautes ehemaliges Hochbunker-Bauwerk und nennt sich jetzt „Marchivum“.
Brücken in Mannheim
Um den Verkehr zwischen den auf verschiedenen Uferseiten von Rhein und Neckar liegenden Stadtteilen zu ermöglichen, sind etliche Brücken notwendig; über den Rhein führen im Stadtbereich die Konrad-Adenauer- und die Kurt-Schumacher-Brücke. Letztere ist eine Schrägseilbrücke für den Straßenverkehr und den Schienenverkehr; sie wurde vom Stuttgarter Architekten Fritz Leonhardt geplant und wurde 1972 fertiggestellt. Die Brücke verbindet Mannheim mit der Nachbarstadt Ludwigshafen und ist damit auch ein Verbindungsglied zwischen den beiden Bundesländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Die Konrad-Adenauerbrücke besteht heute aus drei Brückenbauwerken; die Straßenbrücke (eine Balkenbrücke) wurde kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges erbaut, etwas später die Eisenbahnbrücke, ebenfalls eine Balkenbrücke in der Ausführung als Stahl-Fachwerkbrücke. 1999 kam dann noch eine dreifeldrige Stahlbogenbrücke für den Schienen-Nahverkehr hinzu.
Bilder oben: die Bogenbrücke für den Schienen-Nahverkehr, die Fachwerk-Balkenbrücke für den Schienenfernverkehr und die Straßenbrücke der Konrad-Adenauer-Brücke.
Bilder oben: Sprayer haben den Bereich unter den Brücken mit Graffiti versehen.
Bilder oben: die Kurt-Schumacherbrücke wurde vom Stuttgarter Architekten Fritz Leonhardt erbaut, dem „Vater“ des Stuttgarter Fernsehturms. Die Schrägseilbrücke über den Rhein wurde 1972 fertiggestellt und verbindet das baden-württembergische Mannheim mit der rheinland-pfälzischen Stadt Ludwigshafen. Hier am Rheinufer befinden sich auch die Fabrikanlagen der BASF.
Bilder oben: ein Getreidespeicher aus den 1950er Jahren direkt am Rheinufer im Mannheimer Hafen wurde einer neuen Verwendung zugeführt; „Speicher 7“ wird nun für Büros, Gastronomie und ein Hotel genutzt.
Das Mannheimer Herschelbad
Der Bau des großen Volksbades mit mehreren Schwimmbecken wurde möglich durch eine testamentarisch verfügte Stiftung des jüdischen Mannheimer Kaufmanns Bernhard Herschel. Der Gebäudekomplex wurde 1920 fertiggestellt.
In einem Gebäudebereich ist heute eine private Kunstakademie unergebracht.
Auf der Website visit-mannheim.de kann man zum Bad Folgendes lesen: „Das 1920 eröffnete Mannheimer Herschelbad beeindruckt bis heute durch seine prachtvolle Jugendstilarchitektur. Bei seiner Eröffnung war es sogar das größte Hallenbad seiner Art in Deutschland. Die große Schwimmhalle (Halle 1), die einer großzügigen Kathedrale ähnelt, kann von allen Besuchern/innen genutzt werden.“
Und auf der Website des Bades selber gibt es nähere Informationen: „Das Herschelbad steht auf dem Quadrat U3 in der Mannheimer Innenstadt. Die monumentale neobarocke Außenfassade lässt kaum erahnen, dass im Innern variantenreiche Architekturformen vorzufinden sind, welche die antike Tradition der Thermen und Basiliken aufgreifen. Die Ausstattung ist großzügig: Es gibt drei Schwimmhallen, Wannenbäder, ein Römisch-Irisches Bad, ein Sonnenbad sowie ein Hundebad, damals eine durchaus übliche Einrichtung. Im 2. Weltkrieg wird die Gebäudeanlage erheblich zerstört und im Innern vereinfacht wieder aufgebaut. (…)“
Bilder oben: das Hauptgebäude des Herschelbades. Im Giebeldreieck ist als Halbrelief eine Szene mit dem Meeresgott Poseidon zu sehen.
Bilder oben: der weitläufige Gebäudeskomplex des Herschelbades mit drei Schwimmhallen.
Stadtentwicklung der 1970er bis 1990er Jahre
Am Nordrand der Mannheimer Innenstadt und direkt am Neckar liegt das Collini-Center; es umfasst einen 95 Meter hohen Wohnturm und weniger hohe Bürogebäude. Letztere sollen in naher Zukuft abgerissen werden. Der Gebäudekomplex wurde 1975 fertiggestellt.
Direkt vom Collini-Center aus kommt man über einen Fußgängersteg zum anderen Neckarufer. Dort befinden sich in der Neckarstadt Ost im Zug der „Neckaruferbebauuung Nord“ drei 30-geschossige Wohnhochhäuser. Sie wurden im Zeitraum 1975-82 erbaut.
Bilder oben: das Wohnhochhaus des Collini-Center Im Baustil der Großwohnanlagen der 1970er Jahre.
Bilder oben: Neckar-Aue, Collini-Steg und Collini-Center.
Bilder oben: die Fußgägerbrücke „Collini-Steg“ verbindet das Collini-Center mit der „Neckarbebauung Nord“. Beim Steg handelt es sich um eine Schrägseilbrücke mit zwei Pylonen. Die drei Hochhäuser entsprechen sich von Grundriss, Höhe und Gestaltung.
Das Mannheimer Nationaltheater
Auf der Website visit-mannheim.de kann man zum Mannheimer Nationaltheater Folgendes lesen: „Das größte und älteste kommunale Repertoiretheater Deutschlands steht in Mannheim. Das Nationaltheater Mannheim ist kulturelles Flaggschiff der Stadt und zählt zu den bedeutendsten Bühnen Deutschlands.
Tradition und Gegenwart, Oper, Schauspiel, Tanz und ein Junges Nationaltheater unter einem Dach – geht nicht? In Mannheim schon! Hier wirkten schon große deutsche Künstler wie Schiller und Mozart. Zahlreiche Uraufführungen und Deutsche Erstaufführungen zeigen die innovative und zeitgemäße Fortführung der Tradition. Die weit über eine Viertelmillion Besucher pro Jahr sprechen für sich: 2015 zum „Opernhaus des Jahres“ gekürt ist das Nationaltheater eines der größten Vier-Sparten-Häuser Deutschlands. „
Das Nationaltheater in Mannheim wurde 1778 von Kurfürst Karl Theodor gegründet; untergebracht war die Institution damals im ehemaligen Zeughaus im Quadrat B3. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt; auch wegen der Lage und der räumlichen Beschränktheit wurde ein Wiederaufbau am alten Platz nicht durchgeführt.
Der Neubau des Theatergebäudes erfolgte dann am Goetheplatz; Architekt Gerhard Weber plante und baute das moderne Haus zwischen 1954 und 1957; es beherbergt sowohl das Schauspiel als auch die Oper (was man von außen an den beiden Bühnentürmen erkennen kann). Diese werden durch das gemeinsame Foyer erschlossen. Der Zugang erfolgt über einen gläsernen Vorbau.
Bild oben: das Gebäude des Nationaltheaters in Mannheim; durchlaufende Stützen gliedern die 130 Meter langen Längsseiten. Zur Stadt hin öffnet sich die Westfassade mit einem großen „Schaufenster“; der Fries darunter zeigt Mosaike mit Theaterszenen. Das Erdgeschoss ist weitgehend verglast, die ansonsten fensterlose Fassade ist mit Travertin verkleidet.
Bilder oben: das Gebäude des Mannheimer Nationaltheaters wurde zwischen 1954 und 1957 erbaut.
Das „Wunder von Mannheim“: die Multihalle
1975 fand in Mannheim die Bundesgartenschau (BuGa) statt; dazu sollte in dem hügelig zu modellierenden Parkgelände auch ein Gebäude / eine Halle für Veranstaltungen, die Ausstellungen und für Gastronomie entstehen. Mit den Planungen für das Gesamtkonzept des Herzogenriedparks wurde das Mannheimer Architekturbüro Mutschler und Partner (Carlfried Mutschler, Joachim und Wilfried Langner und Dieter Wessa) betraut; die Vorarbeiten begannen 1970; erbaut wurde die Multihalle dann zwischen 1974 und 1975. Der Bau sollte sich „organisch in die entstehende Hügellandschaft“ integrieren. Zur Planung wurde 1972 Frei Otto mit seinem Atelier in Warmbronn hinzugezogen; es wurde von Ewald Bubner, Matthias Banz, Jean Goedert und Georgios Papakostas eine ähnliche Konstruktion vorgeschlagen, wie sie Frei Otto bereits bei der Deutschen Bauausstellung in Essen 1962 oder bei der Weltausstellung in Montreal 1967 realisiert hatte. An den weiteren konkreten Planungen und (experimentellen) Vorarbeiten war auch das Stuttgarter Institut für leichte Flächentragwerke (ILEK) beteiligt (welches 1964 von Fritz Leonhardt gegründet wurde und zu dessen Leiter er Frei Otto ernannte), die statische Prüfung wurde vom Büro Ove Arup and Partners (London) durchgeführt.
Zitat aus „Denkmalpflege in Baden-Württemberg“ 1/2020″: „Die naturnahe, auf Annäherung von Landschaft und Bauwerk bedachte Form geht auf Carlfried Mutschler zurück, der seit der Begegnung mit Hans Scharoun und der Beschäftigung mit Hugo Häring ab Mitte der 1960er Jahre auch organisch geprägte Strömungen verfolgte. In Frei Otto fand er einen kongenialen Partner, der nicht nur die Machbarkeit der Leichtbaukonstruktion schulterte, sondern mit seiner Philosophie biomorpher Formen nach dem Vorbild der Natur der Kernidee der Architektur inhaltlich verbunden war.“
Entstanden ist schließlich die größte frei tragende Holzgitterschalenkonstruktion der Welt. Dazu wurde eine Gitterkonstruktion aus biegsamen Holzlatten realisiert, die scherenartig an den Knotenpunkten beweglich sind und nach Erreichen der endgültigen Form verschraubt wurden. Der Aufbau wurde eben durchgeführt, die hügelartige Ausformung geschah durch das Ausfahren von Stützen von unten, welche das zukünftige Dach der Multihalle in die experimentell ermittelte und mehrfach gekrümmte Form drückten. Dabei war die Form mittels eines Hängemodells aus Netzen erarbeitet worden; die Spiegelung dieses Netzes liefert die Form der gewölbten Dachkonstruktion, deren Elemente dann nur auf Druck beansprucht werden. Das Bauwerk war schließlich 20 Meter hoch und umfasste eine Dachfläche von 60 x 85 Metern. Die Dach-Haut bestand ursprünglich aus einer lichtdurchlässigen PVC-Beschichtung.
Das Ausstellungsgebäude sollte eigentlich nur von temporärer Natur sein und nach 20 Jahren wieder abgebaut werden. Doch die einmalige Konstruktion wurde zu einer Architektur-Ikone und 1998 als „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“ unter Denkmalschutz gestellt. Nach dem Ende der Bundesgartenschau wurde die Halle für Veranstaltungen aller Art, für Ausstellungen, Konzerte, Tagungen und Sportveranstaltungen genutzt.
Bilder oben: als „gestrandeter Wal“ bezeichnete eine Dokumentation der Denkmalpflege Baden-Württemberg die Konstruktion der Multihalle in Mannheim; die Bilder entstanden im Februar 2022, als bereits Bauarbeiten im Zuge der Revitalisierung des Baudenkmals begonnen haben.
1980 wurde die PVC-Membran des Daches ausgetauscht; um die Jahrtausendwende wurden an der Holzkonstruktion Schäden und Verformungen festgestellt, so dass durch zusätzliche Stützen die Standsicherheit wieder hergestellt werden musste; seit 2011 ist das Gebäude teilweise für die Öffentlichkeit gesperrt. Während zwischenzeitlich von der Stadt auch ein Abriss erwogen wurde, der zu einem Aufschrei in den architekturaffinen Kreisen führte, ist jetzt die Sanierung der Multihalle im Gange; damit betraut wurden COFO Architects und PEÑA architecture in Rotterdam. Finanziert wird das Sanierungs- und Revitalisierungsprojekt auch mit Mitteln des Bundes für „Nationale Projekte des Städtebaus“ und der Wüstenrot Stiftung. Die Instandsetzung der Hallenkonstruktion ist ein aufwändiger Prozess, der pionierhaft geschieht. Unter anderem wird das Holzlatten-Tragwerk durch eine zusätzliche Verlattung verstärkt.
Im Zuge der „Revitalisierung“, also der Wieder-Nutzbarmachung der Halle werden zusätzliche geschlossene Bauten als Veranstaltungsräume in das Foyer eingestellt; das Problem der Multihalle war ja für Veranstaltungen ihre Offenheit und damit verbunden Schwierigkeiten bei Heizung, Kühlung und Akustik.
Bilder oben: die Multihalle im Mannheimer Herzogenriedpark von außen. Zusätzlich engefügte Behelfsstützen sichern die Statik des Daches nach festgestellten Schäden und Verformungen.
Bilder oben: die einmalige Holzgitterschalenkonstruktion des Daches der Multihalle.
Fernmeldeturm Mannheim
Auch ein Wahrzeichen Mannheims ist der zur Bundesgartenschau 1975 zwischen Neckar und Luisenpark erbaute Fernmeldeturm. Mit seiner Aussichtsplattform und dem Drehrestaurant gehörte er zu den Attraktionen der Ausstellung. Geplant und gebaut wurde der (mit Antenne) etwa 220 Meter hohe Turm von den Architekten Heinle, Wischer und Partner zwischen 1973 und 1975.
Bild oben: Aussichtsplattform und Drehrestaurant „Skyline“ des Mannheimer Fernmeldeturms in ca. 120 Metern Höhe; die Drehgeschwindigkeit ist moderat: eine Umdrehung dauert eine Stunde.
Bilder oben: der Mannheimer Fernmeldeturm.
Bilder oben: Fernmeldeturm und Neckarufer.
Modernes Mannheim
Bilder oben: modernes Mannheim: Veranstaltungszentrum Rosengarten, Uni-Gebäude; die letzten Bilder zeigen ein Versicherungsgebäude (mit schräg nach vorn geneigter Fassade) und das so genannte „Werkhaus“ des Nationaltheaters Mannheim, das aus zwei Raumkörpern besteht; ein roter Quader ruht schräg versetzt auf einem weißen Sockel und lehnt sich an einen ebenfalls mehrstöckigen Gebäudeteil an; im großen „Schaufenster“ an der Gebäudefront zur Mozart-/Collinistraße hin spiegelt sich der Wohnturm des Collini-Centers. Das von Prof. Focht + Partner (Saarbrücken) geplante und gebaute Werkhaus (2008) beherbergt Werkstätten und Montagehallen für das Nationaltheater (Deko/Kulissenbau).
Bilder oben: neuer Komplex aus Wohn- und Geschäftsgebäuden in den Quadraten Q6 und Q7: „Q6Q7 Das Quartier“.