Le Havre

Bild oben: 1982 vollendete Oskar Niemeyer den Bau des Kulturzentrums „Le Volcan“; es besteht aus zwei schneeweiß gestrichenen Gebäuden, die von den Einheimischen „Kleiner Vulkan“ und „Großer Vulkan“ bezeichnet werden (manchmal spricht man auch vom Niemeyer’schen „Joghurtbecher“). Im Hintergrund Wohngebäude, erbaut von Auguste Perret und den 60 unter seiner Leitung am Wiederaufbau der Stadt tätigen Architekten.

Le Havre Stadtentwicklungsgeschichte / die Anfänge

Die französische Stadt Le Havre („Der Hafen“) liegt in der Normandie an der Mündung der Seine in den Atlantik bzw. in den Ärmelkanal. Mit ca. 170 Tausend Einwohnern ist sie die größte Stadt in der Normandie; mit dem Hafen liegt sie von der Bedeutung her an zweiter Stelle nach Marseille. Die größte Schrägseilbrücke Europas, die „Pont de Normandie“ verbindet seit 1994 Le Havre über die Seine-Mündung hinweg mit Honfleur.

Die Gründung der Stadt geht auf das 16. Jahrhundert zurück: in der „Bucht der Gnade“ (franz.: grâce) wurde aufgrund einer Anordnung von König François I. ein Hafen vor allem für den Handel mit (Süd-)Amerika und den Kolonialhandel (Indien, Afrika,…) gebaut. Das Jahr 1517 wird als Gründungsdatum für „Havre de Grâce“ genannt. Die Anlage des Straßenrasters erfolgte ab 1541 durch den italienischen Architekten Girolamo Bellarmato. Die innerstädtischen Hafenbecken sind durch Kanäle an die Seine angebunden.

Im 16. und vor allem im 17. Jahrhundert wurden die Befestigungsanlagen zur Sicherung der Stadt unter Kardinal Richelieu ausgebaut (Stadtmauer, Zitadelle), da sie zunehmend strategische und handelspolitische Bedeutung bekam: die im Hafen umgeschlagenen Waren wurden über die Seine nach Rouen und Paris weiterverteilt, nach Eröffnung der Zugverbindung mit Paris (1847) auch per Eisenbahn. Im 19. Jahrhundert wurde das Hafenbecken Bassin du Commerce gebaut und die Stadt mit wachsender Einwohnerzahl immer wieder erweitert. Dazu wurden Mitte des 19. Jahrhunderts dann auch die Stadtmauern geschleift; an ihrer Stelle entstanden zum Teil bis heute bestehende Verkehrsachsen, z. B. der Boulevard Strasbourg, an dem Rathaus, Börse, Justizgebäude und Banken errichtet wurden. Le Havre erhielt in dieser Zeit auch zunehmend Bedeutung als Auswandererhafen nach Amerika.

20. Jahrhundert / Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts siedelten sich auch neue Industrien an (Raffinerien, Flugzeugbau) und die Stadt wuchs bis 1939 auf ca. 190 Tausend Einwohner. 1940 wurde Le Havre von deutschen Truppen besetzt und als Bestandteil des „Atlantik-Walls“ festungsartig ausgebaut; die Landung der Alliierten in der Normandie 1944 erfolgte einige Dutzend Kilometer nördlich von Le Havre. Um die Stadt von der deutschen Besatzung zu befreien, erfolgten im Herbst 1944 schwere Bombardements durch die britische Luftwaffe; dabei wurde das Stadtzentrum Le Havres komplett zerstört. Außenliegende Stadtbezirke waren weniger von den Zerstörungen betroffen.

Nach Kriegsende plante die französische Regierung den Wiederaufbau als „Musterstadt der Moderne“; eine Rekonstruktion war auch aufgrund der Schwere der Zerstörung undenkbar.

Die Planungen zum Wiederaufbau der Stadt fanden 1945/46 statt; die ersten Bauten entstanden ab Frühjahr 1946 und bereits im Herbst 1950 konnte den ersten Bewohnern der Schlüssel für eine neue Wohnung übergeben werden. Der Bau der Kirche St. Joseph zog sich von 1952 bis 1964 hin, das neue Rathaus wurde 1958 eingeweiht. Zwischen 1978 und 1982 wurde schließlich von Oscar Niemeyer das „Haus der Kultur“ errichtet.

Bilder oben: im nach dem Krieg neu erbauten Stadtzentrum von Le Havre / Blick auf den Turm des Rathauses (mit Uhr).

Auguste Perret, der Erbauer des neuen Le Havre

Als Auguste Perret 1944 vom französischen Ministerium für Wiederaufbau und Urbanismus mit der Planung des Neubaus von Le Havre beauftragt wurde, war er schon 71; den Abschluss der Bauarbeiten erlebte er nicht mehr (er starb 1954): Perret wurde 1874 in Ixelles (heute ein Stadtteil von Brüssel) in Belgien geboren. Er studierte  an der Pariser Kunsthochschule École des Beaux-Arts, wo er später viele Jahre als Lehrer tätig war. Hier verbreitete er seine Lehre des „strukturellen Klassizismus“ bei der Gestaltung von Gebäuden und die ingenieurwissenschaftlichen Kenntnisse über den Stahlbetonbau, den er auch auf den Wohnungsbau anwendete. Der „strukturelle Klassizismus“ macht dabei Anleihen in der klassischen Antike: es gibt Säulen mit Kapitellen, Pilaster und eine sich auf die Antike berufende Ornamentik.

Perrets Vater war Bauunternehmer und im heimischen Betrieb lernte er auch die Bautechnik kennen. Ab 1900 eröffnete er in Paris ein eigenes Baubüro (Atelier Perret), in dem auch Le Corbusier zeitweilig arbeitete. Zu den bekannten von ihm ausgeführten Bauten zählen das ursprünglich von Henry van de Velde geplante Théâtre des Champs Élysées, die Kirche Notre-Dame du Raincy oder das Atomenergiezentrum in Saclay. 1905 übernahm Perret gemeinsam mit zwei Brüdern das Bauunternehmen seines Vaters.

Den Wiederaufbau Le Havre’s ging er zusammen mit seinen zwei Brüdern Gustave und Claude und einem Team aus 60 Architekten an, von denen die meisten seine Schüler waren und in seinem Sinne planten und arbeiteten.

Bilder oben: während Perret für den Bau der vielen Wohngebäude zwar die Gesamtrichtung vorgab, die Detailplanung und Bauleitung dann aber doch von seinem Stab an Mitarbeitern übernommen wurde, ist er für zwei Solitäre im Stadtzentrum des neu aufgebauten le Havre weitgehend alleine verantwortlich:  für die Errichtung des Rathauses (zusammen mit seinem Kollegen Jacques Tournant) und für die Gestaltung der Kirche St. Joseph mit ihrem leuchtturm-ähnlichen Turm. Auch hier, wie beim Rathaus, erlebte er die Fertigstellung nicht mehr (er starb 1954) und seine Mitarbeiten vollendeten das Bauwerk: Raymond Audigier, George Brochard und Jacques Poirrier. Die Gestaltung der über 12 Tausend farbigen Glasfenster übernahm Marguerite-Félicité Huré.

Der Wiederaufbau von Le Havre

Zum Wiederaufbau / Neubau von Le Havre kann man auf der Website des SWR-Fernsehens unter der Überschrift „Poesie in Beton“ Folgendes lesen:

„1945 beauftragt die Regierung den Architekten Auguste Perret mit einem Masterplan, die durch englische Bombardierungen stark zerstörte Stadt Le Havre schnellstens wieder aufzubauen. Auf 130 Hektar soll Wohnraum für 60.000 Menschen entstehen, eine Stadtverwaltung, Schulen, Kirchen, Hafenanlagen, Gewerbegebiete und eine repräsentative Infrastruktur – eine komplett neue Stadt. Angesichts des riesigen Schutthaufens und in Ermangelung von Baumaterialien macht Auguste Perret aus der Not eine Tugend und verarbeitet den Schutt zu einzigartigen Betonvariationen.“

Auf der Website www.welt.de/reise/ steht dazu:

Eine Stadt aus farbigem Beton

Zu verdanken ist das moderne Le Havre der Vision eines einzelnen Mannes: Auguste Perret, Lehrer von le Corbusier und Meister des Stahlbetonbaus. Am 6. September 1944 hatten englische Bomber das von deutschen Truppen besetzte Le Havre angegriffen. Über 5000 Menschen starben, 12.500 Gebäude wurden zerstört. Le Havre lag in Schutt und Asche.

Für den sofortigen Wiederaufbau beauftragte der französische Staat den damals bereits 71-jährigen Perret, bekannt für klare Formensprache. Der Masterplan: eine moderne Stadt für 80.000 Menschen zu errichten, die alles verloren hatten. Mit einem Architektenteam errichtete Perret zwischen 1946 und 1954 über 100 neue Gebäude. Der Baustoff: Beton. Perret ließ Geröll und Ziegelschrott aus den Ruinen zu Sand zermahlen. Daraus wurde getönter Beton gemischt, der den Gebäuden unterschiedliche Nuancen verleiht.

Es entstand etwas weltweit Unvergleichliches: eine Stadt aus farbigem Beton. Je nach Stand der Sonne funkeln die mit kleinsten Glassplittern durchsetzten Fassaden in Beige, Gelb, Rosa oder Goldbraun. Bei Licht betrachtet ist Le Havre gar nicht grau, sondern bunt.

Damit war Perret seiner Zeit sehr weit voraus. Mittlerweile wird Beton ja nicht mehr nur als reiner Baustoff angesehen, sondern als Trendmaterial für modernes Wohnen geschätzt. Die Nachkriegsarchitektur von Le Havre wird deshalb gerade von einer jüngeren Generation als dynamisch und wegweisend empfunden – Poesie in Beton.“

Bilder oben: Wohnblocks an der Avenue Foch, am Boulevard François 1er oder der Rue Richelieu: die Bearbeitung der Betonoberflächen, die reiche Ornamentik an den Fassaden und die (vorgeschriebene) Farbgestaltung beim Sonnenschutz gibt den Wohnstraßen ein heiteres Gesicht.

Bilder oben: Wohngebäude in der Nähe des Rathauses und des großen Rathausplatzes: für Perret war es wichtig, dass das Tragwerk der Gebäude an der Fassade ablesbar war; die Stützen, Balken und Pfeiler wurden vorgefertigt und das Tragwerk der Gebäude so vor Ort zusammengesetzt.

Bei den Planungen hatte man sich für die Wohngebäude auf ein Rastermaß von 6,24 Metern geeinigt, welches die Breite der Gebäudeachsen oder die Stockwerkshöhe bestimmt; Teile und Vielfache dieses Grundmaßes bestimmen alle Dimensionen. Die Wohnhäuser zeichnen sich in der Regel durch geschosshohe Fenster aus; auf das öffentlich genutzte Erdgeschoss folgt meist ein Zwischengeschoss (Mezzanin) und anschließend drei, sechs oder zehn weitere Etagen. Es gibt Dachterrassen, (umlaufende) Balkone und für die Fenster Gesimse. Stützen oder Säulen betonen die Vertikale, Vorsprünge die Horizonale; alle Bauten haben Flachdächer.

An markanten Stellen des städtischen Straßenrasters überragen 12-stöckige Wohntürme die übrige Bebauung, so etwa südlich des Rathausplatzes an der Rue Victor Hugo, westlich und östlich des Rathausplatzes oder am westlichen Ende der Avenue Foch an der Porte Océane.

Bilder oben: Hotels im Stadtzentrum: das Art Hotel und das Hotel Vente D’Ouest.

Bilder oben: Wohngebäude und ihre Fassadengestaltung. In der Regel ist wird das  Erdgeschoss öffentlich genutzt für Verwaltungseinrichtungen, für die Gastronomie oder den Handel; darauf folgt ein Zwischengeschoss (Mezzanin) für die Angestellten und darüber weitere Etagen mit Wohnungen. Bei der Ornamentik an den Fassaden / Balkonen machte Perret wohl auch Anleihen an Formen, die er in Algerien kennengelernt hatte; zwischen 1912 und 1952 baute Perret auch in diesem nordafrikanischen Land.

Bilder oben: Wohngebäude gegenüber dem Rathaus und Fassade in der Abendsonne.

Bilder oben: das Erdgeschoss der Wohnblocks wird für Gastronomie und Handel genutzt.

Bilder oben: Hochschule für Management.

Kritik und Anerkennung

Die „Musterstadt der klassizistischen Moderne“ wurde aber zur Zeit ihrer Entstehung nicht von allen sofort geschätzt; es war sogar von einer „zweiten Zerstörung“ der Stadt die Rede; die Einstellung änderte sich aber etwas, als die ersten Bewohner die großzügig geschnittenen und gut ausgestatteten Wohnungen beziehen konnten, die Perret nach der Maßgabe geplant hatte, dass jeder das „Recht auf Ruhe, Sonne, Luft und Platz“ habe.

Die Anerkennung der internationalen Fachwelt wurde Perret und seinem Team aber dann doch aufgrund der großzügigen Anlage von Straßen und Plätzen, den breiten, allee-gesäumten Boulvevards und der einheitlichen Gestaltung der Gebäude mit ihrer Mischnutzung zuteil: durch die Verwendung der Erdgeschosse der Wohngebäude für den Handel, die Gastronomie und für Verwaltung und öffentliche sowie Kultur-Einrichtungen erlangte die neu geschaffene Stadt eine urbane Lebendigkeit. Vor allem aber nach Aufnahme der Stadt in das UNESCO-Weltkulturerbe (was vorher nur Brasilia als moderner Stadt zuteil wurde) erhielt Perrets Werk globale Beachtung und die verdiente Anerkennung.

Le Havre; Rue Robert de la Villehervé; Blick auf den Rathausturm.

2005 Le Havre wird in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste aufgenommen

Auf der Website www.bauwelt.de/ kann man in dem Artikel von Joseph Abram „Le Havre ist Weltkulturerbe“ Folgendes lesen:

„(…) Das endgültige Projekt, wie es sich bis heute aus dem Stadtgrundriss von Le Havre herauslesen lässt, strukturierte die Anlage entlang zweier Achsen. Die erste, parallel zu dem ost-westlich verlaufenden Bassin du Commerce, bestimmte das orthogonale Raster für die innerstädtischen Blöcke, die zweite, parallel zu der Uferstraße François I., legte die Anordnung für das Viertel Perrey, die Uferpromenaden im Süden und die unmittelbare Umgebung des
Bassin du Roy fest. Das so definierte monumentale Dreieck teilt sich unmittelbar mit, denn es wird durch drei Festpunkte definiert: den Platz vor dem Hôtel de Ville, die Porte Océane und die südliche Uferpromenade. Diese wiederum sind durch drei große Achsen verbunden: die Avenue Foch, den Boulevard François I. und die Rue de Paris.“ (…)

Seit 1945 gab es Studien für die Wohnbauten am Platz vor dem Hôtel de Ville, die unter dem Namen ISAI (Immeubles sans affectation individuelle) für anonyme, im Wesentlichen aber städtebaulich wirksame Platzwände stehen. Für diese Bauten wurde ein Rastermaß von 6,24 x 6,24 Metern entwickelt. (…) Man einigte sich von vornherein auf eine Stützen-Balken-Konstruktion, die sich in den Fassaden abzeichnen sollte, auf geschosshohe Fenster, auf Dachterrassen und auf Gesimse, um die Fassaden zu schützen. Trotz der systematischen  Anwendung aller dieser Vorgaben ist die Architektur von Le Havre mitnichten homogen. Bei der Rue de Paris hat sich Perret an der Rue de Rivoli in Paris orientiert und sie mit Galerien ausgestattet. Mit der für die Wohnbauten erarbeiteten Typologie (über den Läden im Erdgeschoss und Zwischengeschoss liegt ein Portikus, darüber drei Geschosse mit Wohnungen) schaffte er ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Kommerz und Wohnen.

Die Bauten selbst variieren in vielen Details: Es gibt zylindrische, kegelstumpfförmige, polygonale, facettierte Säulen, es gibt Säulen mit und ohne Kapitell, manchmal ist das Betonskelett sichtbar, manchmal unsichtbar, hier wird es vertikal, dort horizontal betont, die Fensterformate, die Ausfachungen, die Oberflächen des Betons variieren … Die Architekten haben innerhalb eines strikten Regelsystems alle Möglichkeiten durchgespielt, die Perret in seiner „Ordre du béton armé“ für denkbar hielt.

Die Rue de Paris ist, wie alle anderen Teile in diesem Ensemble (Place de l’Hôtel de Ville, Avenue Foch, Porte Océane, Front de Mer Sud) unbestritten ein architektonisches Meisterstück. In Le Havre ist es dem Atelier Perret gelungen, die Anforderungen an einen modernen Städtebau mit denen einer traditionellen Stadtkultur zu versöhnen. Die Gebäude bilden offene, gut durchlüftete Stadträume. Sie unterscheiden sich voneinander, nicht nur durch ihre Formen, sondern auch durch das Verhältnis, das sie zu den jeweiligen öffentlichen oder kommerziellen Bauten einnehmen. Ob Schule, Kirche, Markt oder Museum, immer wird der Stadtraum anders definiert und anders beansprucht. Auch die Straßen unterscheiden sich voneinander, die Boulevards von den Avenuen, die Stadtplätze von offenen Esplanaden, Arkaden von Galerien. (…)

Die durchdachten Wohnung-Grundrisse, die trotz Vorfertigung vielseitige Architektur, die sichere Hand bei der Anlage öffentlicher Räume, das alles hat Le Havre zu einem gelungenen Experiment werden lassen. Es gibt wenige Städte, die, nach dem Zweiten Weltkrieg rekonstruiert, eine solche Fülle an räumlichen und technischen Innovationen oder eine vergleichbare architektonische Qualität aufweisen.“

Bilder oben: in der allee-gesäumten Avenue Foch verkehrt auch eine Straßenbahn; die Straße bildet eine Achse vom Rathausplatz zum Porte Océane, einem Ensemble aus zwei Wohn-Hochhäusern und weiteren Gebäudeblocks, die sich spiegelbildlich gegenüberstehen und ein „Tor“ zum Strand bilden.

Bilder oben: unweit des Rathausplatzes befindet sich das Tourismus-Informationszentrum zum Weltkulturerbe und im selben Gebäudeblock kann man auch eine Musterwohnung besichtigen, die so eingerichtet ist wie die Wohnungen in den 1950er Jahren. Vom Balkon der Musterwohnung kann man die Innenhöfe überblicken, die sich im Blockinneren der Bebauung bilden.

Bilder oben: Wohn-Turm am Rathausplatz, Buchhandlung im Erdgeschoss eines Wohnblocks und „Container-Kette“ (Catène de Container), eine Skulptur aus Schiffscontainern am Hafen, welche 2017 vom Künstler Vincent Ganivet anlässlich des 500-jährigen Bestehens des Hafens von Le Havre aufgestellt wurde.

Weltkulturerbe Le Havre

Der nachfolgende Text ist die Kurzbegründung für die Aufnahme der wiederaufgebauten Innenstadt von Le Havre in die UNESCO-Weltkulturerbe-Liste (Website der UNESCO):

„Die Stadt Le Havre am Ärmelkanal in der Normandie wurde während des Zweiten Weltkriegs schwer bombardiert. Das zerstörte Gebiet wurde von 1945 bis 1964 nach den Plänen eines Teams unter der Leitung von Auguste Perret wiederaufgebaut. Das Gebiet bildet das Verwaltungs-, Handels- und Kulturzentrum von Le Havre. Le Havre ist unter vielen wiederaufgebauten Städten wegen seiner Einheitlichkeit und Integrität außergewöhnlich. Sie verbindet das frühere Stadtbild und die erhaltenen historischen Strukturen mit den neuen Ideen der Stadtplanung und Bautechnik. Es ist ein herausragendes Beispiel für Stadtplanung und Architektur der Nachkriegszeit, das auf der Einheitlichkeit der Methodik und dem Einsatz von Vorfertigung, der systematischen Verwendung eines modularen Rasters und der innovativen Nutzung des Potenzials von Beton beruht.“

(Aus dem Englischen übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version))

Bilder oben: Stadimpressionen Le Havre: Gebäude am Bassin du Commerce , die „Catène de Container“ am Hafen und Blick aus der Rue Séry auf den Turm der Kirche St. Joseph.

Bilder oben: die Fontänen am Bassin de Commerce.

Bilder oben: die Fußgängerbrücke, welche das (eigentlich nicht mehr benötigte) Hafenbecken überspannt.

Bilder oben: Wasser strömt von der Seinemündung in das Hafenbecken (Bassin de Commerce).

Bilder oben: das Bassin de Commerce ist das Becken des (alten) Handelshafens; heute wird es eigentlich nicht mehr als solches benötigt. Zeitweilig war die Zuschüttung in der Diskussion. Um den maritimen Charakter der Stadt zu bewahren, blieb das Becken aber erhalten. Eine Schrägseilbrücke überspannt das Becken für den Fußgängerverkehr.

Bilder oben: Gebäude der Industrie- und Handelskammer (La Chambre de commerce et d’industrie Seine Estuaire) am Bassin de Commerce.

Bilder oben: öffentliche Gebäude in Le Havre – Verwaltung, ehemaliger Justizpalast. Das Gebäude des Justizpalastes wurde ursprünglich 1760 erbaut und seit 1881 als Naturkundemuseum genutzt. 

Bilder oben: am Boulevard Strasbourg sind noch historische Gebäude erhalten oder wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wieder rekonstruiert.

Bilder oben: außerhalb des Stadtzentrums existieren Gebäude, welche von den Kriegszerstörungen nicht betroffen waren.

Die Stadt von oben

Von höher gelegenen Straßen, von der Nachbargemeinde Sainte Adresse aus oder nach Auffahrt mit der Standseilbahn zu den höher gelegenen Stadtbereichen kann man die Innenstadt gut überblicken und bis zu den Hafenanlagen sehen.

Bilder oben: markante Punkte in der Innenstadt sind die Türme der Kirche St. Joseph und des Rathauses.

Bilder oben: Im Hafen kann man die Containerkräne und die an den Terminals liegenden Kreuzfahrtschiffe sehen.

Das Rathaus von Le Havre

Auf der Website der UNESCO unesco.lehavre.fr/de/ kann man zum Rathaus von Le Havre Folgendes lesen:

„Das Rathaus gehört zu den außergewöhnlichen Gebäuden des Wiederaufbaus. Es wurde auf den gleichen Platz wie vor dem Krieg gebaut und 1958 fertig gestellt. Es besitzt einen 72 m hohen Turm mit 18 Etagen und ein 92 m langes Mittelgebäude. Schon von weitem ist der Rathausturm mit seiner erstaunlichen Bauweise zu sehen. Stolz steht er im städtischen Umfeld, auf dem Platz mitten im Herzen der Stadt, Drehscheibe für Einwohner und Touristen.
(…)
Das Rathaus, Symbol der Perret-Architektur, wurde am 14. Juli 1958 eingeweiht. Es ist eine wichtige öffentliche Stelle, aber auch Veranstaltungen und Feierlichkeiten finden hier statt. Das Rathaus besitzt große Salons und eine Ehrenhalle für Empfänge und Hochzeiten. Gleich am Eingang auf der Gartenseite steht eine hohe Bronzeskulptur des Königs François 1., die der Bildhauer Alphonse Saladin 1920 erstellte.
(…)
Dem Bau des viereckigen Turms waren zahlreiche Debatten vorausgegangen. Zirka zwanzig verschiedene Projekte wurden der Stadtverwaltung bis zur Zustimmung zum heutigen Bau vorgelegt. Der Turm ist ein wichtiges Teil des Stadtbilds. Die Vertikale des Turms wird durch die vorspringende Trägerstruktur und der außenstehenden Treppe, die hinter einer durchbrochenen Betonwand aus Klaustras entlangläuft, noch verstärkt. In seinem Innern ist alles nach den damaligen Vorgaben moderner Prinzipien und Arbeitsbedingungen ausgeführt (Ergonomie und Rationalisierung).“

Le Havre; Rathausturm.

Bild oben: auf dem Rathausplatz mit gewaltigen Ausmaßen von ca. 250 Meter x 200 Meter gibt es viele Wasserspiele.

Bilder oben: das von Auguste Perret zusammen mit seinem Kollegen Jacques Tournant erbaute Rathaus. Ob das Gebäude einen Turm bekommen sollte und welche Form dafür angemessen wäre, war bei den Entscheidungsträgern lange umstritten; erst nach Perrets Tod 1954 fügte Jacques Tournant den Turm in der heutigen Form an.

Bild oben: die Stadtverwaltung benötige mehr Platz und so wurde von Architekt P. Colboc zwischen 1984 und 1987 anstelle der Freifläche im Norden des Gebäudes eine glasüberdachter Anbau errichtet. Eine Ausstellung von Modellen der Gestaltungsvorschläge dieses Anbaus zeigte auch die tatsächlich umgesetzte Variante.

Bilder oben: in einem Seitenflügel des Rathauses ist ein Theater untergebracht. Der Anbau an das historische Gebäude ist durch die Dachverglasung sehr hell.

Das Kulturzentrum „Le Volcan“

Auf einem großen quadratischen Platz direkt am Bassin de Commerce erbaute Oskar Niemeyer zwischen 1972 und 1982 für die Stadt ein Kulturzentrum, bestehend aus zwei Gebäudeteilen, die unterirdisch miteinander verbunden sind. Das „Maison de la Culture du Havre“ wurde später „Le Volcan“ genannt, die beiden Gebäude im Volksmund als „Großer Vulkan“ und „Kleiner Vulkan“ beschrieben.

In beiden Gebäuden waren zunächst Theatersäle untergebracht; später stand der Saal im „Großen Vulkan“ für Theater- und Kinoaufführungen bereit, im „Kleinen Vulkan“ wurden Konzerte aufgeführt. Nach einer umfangreichen ca. fünfjährigen Sanierung / Renovierung / Umgestaltung durch Deshoulières Jeanneau Architectes, Sogno Architecture und die Groupe SLH erhielten die beiden „Vulkankegel“ nicht nur (mit Erlaubnis des Architekten) einen neuen weißen Anstrich; auch sonst wurde einiges an der Zugänglichkeit, der Öffnung zur Stadt hin, der natürlichen Belichtung und Innenausstattung der Räume sowie deren Nutzung geändert: seit 2015 ist der „Große Vulkan“ nun Spielstätte der „Scène National“, im kleineren Teilgebäude befindet sich nun eine sehr ansprechend wohnlich eingerichtete Bibliothek bzw. Mediathek mit Lese- und auch Ruheräumen, mit Hör-Sesseln für die Audio-Medien und selbst die Bücherregale sind „Hingucker“ – entsprechend der runden Geometrie des Saales sind auch sie gerundet.

Der Standort der beiden Gebäudeteile ist gegenüber dem Straßenniveau abgesenkt; über Rampen, Aufzüge und Treppen gelangt man zu den Eingängen. Die hyperbolisch geformten Gebäudehüllen kontrastieren mit den orthogonalen Linien des „strukturellen Klassizismus“ der von Auguste Perret geschaffenen Gebäude der Stadt.

Am „Großen Vulkan“ gibt es einen großen Brunnen aus Bronze; bei der Skulptur handelt es sich um die abgeformte ausgestreckte Hand Oskar Niemeyers; die Inschrift lautet:
„Un jour comme cette eau
La terre les plages et les montagnes
A tous appartiendront.“

Bilder oben: Blick über das (ehemalige) Hafenbecken Bassin de Commerce und die darüber führende Fußgängerbrücke auf das Kulturzentrum „Le Volcan“; im Hintergrund der Turm der Kirche St. Joseph.

Bilder oben: Blick über das (ehemalige) Hafenbecken Bassin de Commerce und die darüber führende Fußgängerbrücke auf das Kulturzentrum „Le Volcan“; im Hintergrund der Turm der Kirche St. Joseph.

Bilder oben: Wasserfontänen im Bassin de Commerce vor dem Kulturzentrum „Le Volcan“.

Bilder oben: seit 2015 erstrahlen die weißen „Vulkankegel“ des Kulturzentrums „le Volcan“ von Oskar Niemeyer (wieder) in voller Pracht; über Rampen, Treppen und Aufzüge erreicht man die Eingänge des einige Meter unter Straßenniveau abgesenkten Gebäudekomplexes.

Bilder oben: die Freiflächen zwischen den Gebäuden wurden bei der Sanierung zwischen 2010 und 2015 ebenfalls neu gestaltet. Der Brunnen ist die überdimensionale Hand Oskar Niemeyers in Bronze.

Bilder oben: der Namenszug des Architekten prangt nun am Treppenabgang zum Place Général de Gaulle, auf dem Oskar Niemeyer das Kulturzentrum Le Havres erbaut hat.

Bilder oben: unterer Eingangsbereich des „Großen Vulkans“ (roter Schriftzug: „Le Volcan“).

Bilder oben: im „Kleinen Vulkan“ ist seit der Sanierung / Renovierung nun die städtische Mediathek / Bibliothek untergebracht, die mit gemütlichen Sitzgelegenheiten und in Lese- und Ruheräumen zum Verweilen einlädt.

Kirchen in Le Havre

Die Kathedrale von le Havre, Notre Dame

Im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, wurde die Kathedrale Notre Dame von le Havre bis 1952 wieder detailgetreu rekonstruiert. Ihr Baustil schwankt zwischen Gotik und Renaissance.

Auf der Website der UNESCO kann man zu der Kathedrale Folgendes lesen: „Die Kirche ist eines der letzten Überbleibsel der Gründerzeit unter François 1. Der Glockenturm und das Hauptschiff sind aus dem 16. Jahrhundert. Die Portaleingänge und die westliche Fassade wurden im 17. Jahrhundert geschaffen. Die Kirche wurde während der Bombenangriffe stark beschädigt. Ihr Turm weist noch heute Spuren der Bomben auf. Nach dreißig Jahren Renovierung waren die Kirche, die Orgel, (ein Geschenk des Kardinals Richelieu) und die Glasfenster aus dem 19. Jahrhundert, die geschichtliche Szenen aus der Stadt zeigen, wieder instand gesetzt. Der Platz und die Kathedrale liegen etwas tiefer als die Straße. Sie liegen auf dem ursprünglichen Bodenniveau der Stadt.“

Bild oben: Blick auf Le Havre’s Kathedrale Notre Dame.

Bilder oben: Die Kathedrale Notre Dame.

Bilder oben: Info-Tafeln erläutern den Umfang der Kriegszerstörungen an der Kathedrale.

Die Kirche St. Joseph von Auguste Perret

Auf derselben UNESCO-Website ist auch die Kirche St. Joseph beschrieben, die von Auguste Perret komplett aus Beton erbaut wurde:

„Die Kirche Saint-Joseph ist ein Leuchtturm im Herzen der Stadt. Den Opfern des Zweiten Weltkrieges gewidmet, ist sie ganz aus Beton und Glas. Sie hat 12 768 Glasfenster, die Licht in das Innere bringen. Bei schönem Wetter ist sie bis zu 60 km weit sichtbar. Der oktogonale Turm mit einer Höhe von 110 m vereint sich über einen viereckigen Grundriss mit dem Chor und dem Schiff. Die Kirche ist ein Meisterwerk der Architektur des zwanzigsten Jahrhunderts und so manch einem stockt der Atem vor so viel Schönheit.

Buntes Licht, die Glasfenster von Marguerite Huré

Marguerite Huré (1895-1967) war eine französische Malerin und Glasmachermeisterin. Sie ist eine Künstlerin, die als Vorreiterin Abstraktion in kirchliche Glasfenster brachte. Die Glasfenster der Kirche Saint-Joseph, in vertikalen Betonsteinbändern eingelassen, gehören zu ihren besonderen Werken. Gefilterten Licht dringt durch die 12768 Fenster von außen in die Kirche. Sie werden vom Kontrast der nüchternen äußeren Erscheinung und den bunten Glasfenstern im Innern überrascht sein. Die Farben und Töne ändern sich je nach Himmelsrichtung und haben eine symbolische Bedeutung.

Perrets letztes „Monumentalwerk“

Die alte neugotische Kirche, die während des Krieges zerstört wurde, musste ersetzt werden. Mit dem Bau der neuen Kirche wurde 1951 begonnen. Das Team um Perret inspiriert sich am nicht realisierten Projekt Perrets der Kirche St Jeanne d’Arc in Paris. Dieser Plan beinhaltete einen zentralen Laternenturm.

Nach dem Tod von Auguste Perret 1954 führten die Architekten des Perret Teams, Raymond Audigier, Georges Brochard und Jacques Poirrier das Projekt weiter und beendeten den vom Meister erdachten Turm. Er sollte auf Wunsch Perrets das Erste sein, was die Passagiere sehen, wenn sie aus Amerika kommen. Die Kirche wurde 1957 fertiggestellt, (…).“

Und auf der Website www.schwarzaufweiss.de/frankreich/ liest man zur Kirche St. Joseph:

„Durch die Fenster im achteckigen Turmhelm leuchtet ein himmlisches Licht direkt an den zentral im Herzen eines griechischen Kreuzes aufgestellten Altar; durch 12.768 Glasfenster in sieben Farben – gelb, orange, rot, lila, blau, grün, weiß – und 50 Schattierungen fällt das Sonnenlicht und lässt farbige Quadrate über die puristische Fassade gleiten – unten in satten, dunklen Tönen, zur Spitze immer heller werdend bis zum Weiß des Himmels. Erschaffen wurde der leuchtende Gegenpart zum unverkleideten Beton von Marguerite Huré, die Perret über den Nabis-Maler Maurice Denis kennengelernt hatte und mit der er bereits 1922 bei der Église Notre Dame de la Consolation von Raincy zusammengearbeitet hatte.“

Bild oben: Fassadendetail an der Kirche St. Joseph (Bänder mit Glasfenstern).

Bilder oben: die Kirche St. Joseph mit dem über 100 Meter hohen „Leuchturm“ als Kirchturm.

Bilder oben: Blick ins Innere des Kirchturms mit den von Marguerite Huré geschaffenen Glasfenstern.

Bilder oben: der Turm von St. Joseph ist abends / nachts von innen beleuchtet.

Stadt am Meer – der Strand von Le Havre

Direkt vor der Haustür entfaltet sich in Le Havre der (Kies-)Strand. Auch ein Jachthafen befindet sich hier. Man kann also mit der Straßenbahn, die am Strandpromenade entlang fährt oder auch zu Fuß leicht von der Innenstadt zum Strand gelangen.

Bilder oben: Kiesstrand und Uferpromenade direkt am Rand der Innenstadt.

Bilder oben: die Avenue Foche führt schnurgerade zum Strand; die beiden spiegelbildlich zur Straße aufgestellten Wohnkomplexe „Porte Océane“ bilden ein „Tor“ zum Strandbereich.

Direkt angrenzend an die Innenstadt liegt auch ein großer geschützter Jachthafen; auf der Hafenmole kann man spazieren gehen, muss aber auf gelegentlich überschwappende Wellen achten. Vom Strand aus kann man auch die in den Hafen von le Havre einlaufenden Fracht- und Kreuzfahrtschiffe beobachten.

Bilder oben: vom Strand aus kann man auf den Nachbarort Sainte Adresse sehen und auf die Hochebene, von den Einheimischen als „Côte“ bezeichnet. Für die jugendlichen Skater hat die Stadt am Strand auch einen Skaterpark angelegt, der gut genutzt wird.

Jedes  Jahr lädt die Stadt Le Havre unter dem Motto „Ein Sommer in Le Havre“ Künstler ein, ihre Werke im öffentlichen Raum aufzubauen und zu zeigen; zum 500sten Hafengeburtstag der Stadt in 2017 war „Un eté au Havre“ ein besonders umfangreiches Kulturprogramm, in dessen Rahmen auch der Strand um großformatige Kunstwerke bereichert wurde. So wurden u.a. die Badehäuschen bunt (aber nicht willkürlich, sondern streng geplant) bemalt und eine gewaltige Betonskulpur aufgestellt. Dazu kann man auf der Website www.lehavre-etretat-tourisme.com/de/ Folgendes lesen:

„Karel Martens, Sabina Lang und Daniel Baumann verwandelten den Strand von Le Havre mit Couleurs sur la Plage (Farben auf dem Strand), das sich auf den Küstenhütten entfaltet, und #UP3, einer großformatigen Skulptur, die in die Perspektive der Avenue Foch eingeschrieben ist.“

Bilder oben: das Beton-Objekt #UP3 von Karel Martens, Sabina Lang und Daniel Baumann.

Bilder oben: Sommerabend am Strand von le Havre – ein Sonnenuntergang wie aus dem Bilderbuch.

Bild oben: Blick aus dem „Musée d’Art Moderne André Malraux“ durch die Glasfassade auf einen benachbarten Wohnblock.

Museen in Le Havre

In Le Havre gibt es mehrere Museen, unter anderem das Naturhistorische Museum im früheren Justizpalast sowie das

Kunstmuseum „Museum für Moderne Kunst André Malraux“ (benannt nach dem früheren Minister für Kultur).

Das Musée d’Art Moderne André Malraux (MuMa) wurde als erster Kunstmuseums-Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg 1961 fertiggestellt. Es ist nach dem Musée d’Orsay am Seine-Ufer in Paris das zweitgrößte Museum in Frankreich, das sich der impressionistischen Malerei widmet. Das Gebäude wurde von den Perret-Schülern Guy Lagneau und Raymond Audigier geplant und gebaut und steht in Hafennähe auf einem mit Naturstein verkleideten Sockel; der Stahl-Glas-Bau lässt viel Tageslicht in die sehr offen gestalteten Ausstellungsräume. Zur Sammlung gehören Werke von Raoul Dufy (in le Havre geboren), Renoir, Sisley, Degas, Pissaro, Matisse, Dubuffet, Braque, Eugène Boudin u.a. Etliche der impressionistischen Gemälde sind in der Gegend entstanden; ihre Maler schätzten das spezielle Licht der Normandie. Das von Claude Monet 1872 hier geschaffene Gemälde „Impression, soleil levante“ zeigt den Hafen von Le Havre im Morgenlicht und gab der gesamten Stilrichtung des Impressionismus den Namen.

Direkt vor dem Gebäude ragt eine kühne Beton-Skulptur in den Himmel; offiziell heißt sie „Das Signal“, wird aber oft auch als „Das Auge“ bezeichnet. Dazu kann man auf der Website unesco.lehavre.fr/de/ Folgendes lesen:

„Henri-Georges Adam (1904-1967) – Le Signal (Das Signal)
Die längliche durchbrochene Form der vom Bildhauer Adam 1955 angefertigten Skulptur aus Beton und Marmor, ist sein erstes monumentales Werk. Die Wirkung dieser Skulptur wird durch die umliegende Architektur und marine Landschaft noch hervorgehoben. Sie steht, gegenüber von Semaphor, Radar und Leuchttürmen, auf der Terrasse vor dem neuen Museum, als Verbindungstück zwischen Meer und Himmel; zum Meer gerichtet, wie ein Auge, dessen Pupille die Lichtreflexe des Wassers, das Kommen und Gehen der Wellen oder ein vorbeifahrendes Containerschiffs erblickt.“

Bilder oben: das Kunstmuseum in le Havre mit der Skultur „Das Signal“ von Henri-Georges Adam.

Die Standseilbahn

Bilder oben: in Le Havre überwindet eine seit ihrer Eröffnng 1890 eine Standseilbahn den Höhenunterschied zwischen der Innenstadt und den etwa 80 Meter höher liegenden Stadtteilen auf der „Côte“. Die prinzipiell einspurige Trasse hat in ihrer Mitte einen zweispurigen Bereich, in dem sich die berg- und talfahrende Kabine begegnen können.

Die Brücke Pont de Normandie

Wollte man vor 1995 die Seine bei Le Havre überqueren, musste man ca. 15 Kilometer landeinwärts fahren; Bei Tancarville steht eine große Hängebrücke, über die man auf die südliche Seite gelangt. Um die Verkehrsanbindung zwischen den beiden Uferseiten des Flusses zu verbessern, wurde zwischen 1988 und 1994 an der Seinemündung zwischen Le Havre im Norden und Honfleur im Süden die größte Schrägseilbrücke Europas gebaut. Geplant wurde das gigantische Bauwerk von Michel Virlogeux. Mit den Vorlandbrücken hat die Pont de Normandie eine Länge von 2141 Metern; die Spannweite zwischen den 215 Meter hohen Pylonen beträgt 856 Meter. Zur Gewichtsersparnis ist ein etwa 600 meter langes Mittelstück aus Stahl, die anderen Bestandteile der Fahrbahnträger wurden aus Spannbeton gefertigt. Von jedem der beiden Pylone gehen in zwei Ebenen fächerförmig insgesamt 92 Tragkabel aus, welche mit dem Fahrbahnträger verbunden sind. Die Durchfahrtshöhe für Schiffe liegt im Brückenmittelteil bei über 50 Metern.

Ein besonderes Erlebnis ist es, die Brücke als Fußgänger zu queren; auf beiden Seiten der Fahrbahnen gibt es einen Fahrrad- und Fußgängerstreifen. Diese sind allerdings recht schmal und nur durch einen Randstein von der Fahrbahn und den darüber donnernden LKWs getrennt. Beim Auf- und Abstieg ist eine Steigung von 6 % zu überwinden, oben weht meist ein kräftiger Wind, dafür kann man die einzelnen Bauteile des Wunderwerks an Ingenieurbaukunst ganz aus der Nähe betrachten und hat zudem von der Brückenmitte einen weiten Ausblick auf die Seinemündung und den Hafen von Le Havre.

Der hier oft wehende stürmische Wind war auch der Hauptgrund dafür, dass hier keine Hängebrücke gebaut wurde, die viel windempfindlicher wäre als die tatsächlich realisierte Schrägseilbrücke.

Die Schrägseilbrücke Pont de Normandie.

Bild oben: Anfahrt aus Norden von le Havre zur Pont de Normandie. Am nördlichen Seineufer befindet sich die Mautstelle; hier gibt es auch einen großen Besucherparklatz, ein Café und eine Ausstellung zur Technik und zum Bau der Brücke mit einem großen Brücken-Modell.

Bilder oben: an der Mautstelle kann man die Fahrbahn über einen Fußgängersteg überqueren und hat von dor aus einen guten Blick auf die Zufahrtsstraße zur Brücke bzw. auf die Brücke selbst.

Bilder oben: die Form der Pylone, die Wölbung der Fahrbahn und die schlanke Ausführung des Fahrbahnträgers verleiht der Brücke Leichtigkeit und Eleganz.

Bilder oben: Aufstig von der Nordseite her zum ersten Pylon.

Bilder oben: nder nördliche Pylon mit den Tragseilen.

Bilder oben: auf dem Brückenteil zwischen den beiden Pylonen; letztes Bild: Dehnungsfuge am nördlichen Brückenende.

Bilder oben: am Gebäude an der nördlichen Mautstelle befinden sich Info-Tafeln zur Technik und zumBau der Brücke.

Bilder oben: in der optischen Verkürzung durch das Teleobjektiv der Kamera wirkt der Aufstieg zur Brückenmitte steiler als es (glücklicherweise) real der Fall ist.

Bilder oben: einer der beiden Pylone mit den Tragkabeln; Daten der Brücke (Infotafel an der Mautstelle).

Felsklippen und Kieselstrand

Etwas nördlich von Le Havre liegt der Fischer- und Badeort Étretat mit seinen atemberaubend zerklüfteten Kreidefelsen und langen Kiesstränden. Die nachfolgenden Bilder entstanden am Cap d’Antifer, unweit von Étretat. Hier steht auch ein Leuchtturm, der Phare d’Antifer.

Bilder oben: Kreideklippen am Cap d’Antifer.

Bilder oben: der Phare d’Antifer am Cap d’Antifer.

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