Lissabon

Zur Seite Neuere Architektur in Lissabon und Konversions-Projekte

Zur Seite Brücken, Nahverkehr und Verkehrsinfrastruktur (Flughafen, Bahnhöfe, Terminals, Metrostationen) in Lissabon

Zur Seite Lissabonner / portugiesische Besonderheiten (Kioske in Lissabon, Calçada Portuguesa, Azulejos, Miradouros)

Lissabon – „die Schöne am Tejo“

Die portugiesische Hauptstadt Lissabon hat etwa 600 Tausend Einwohner/innen, in der Metropolregion Lissabon leben fast 3 Millionen Menschen. Bei 10 Millionen Gesamteinwohnerzahl des Landes lebt also fast ein Drittel im Bereich der Hauptstadt. Lissabon ist das politische, kulturelle, wissenschaftliche und wirtschaftliche Zentrum Portugals. Dies spiegelt sich auch in einer Aussage des Schrifstellers Eça de Queiroz aus dem 19. Jahrhundert wieder, die auch heute noch oft zitiert wird: „Portugal ist Lissabon, der Rest ist Landschaft“. 

Oft wird Lissabon auch als „die Stadt des Lichts und der sieben Hügel“ bezeichnet. Wie Rom ist auch Lissabon auf sehr stark geformter Topografie angesiedelt und mit einigem Wohlwollen kann man sieben besonders herausragende Erhebungen im Stadtgebiet ausmachen. Diese sind alle nach Heiligen bzw. nach Kirchen benannt, die hier errichtet wurden und bestimmten Heiligen geweiht sind, z. B. São Roque, São Jorge, São Vicente, …

Bild oben: Lissabon – Stadt des Lichts.

Bilder oben: Lissabon – die Stadt des Lichts; das Sonnenlicht und das reflektierte Licht vom Wasser spielt in der Stadt für ihre ganz spezielle Atmosphäre eine große Rolle. Licht erzeugt auch Schattenwürfe auf den Wänden und den Straßen. Die tiefstehende Sonne wirft ihr abendliches Licht in die Straßenschluchten der eng bebauten Altstadt. Die Fensterscheiben reflektieren das Licht auf gegenüberliegende Gebäude, erst Licht und Schatten modellieren Gebäude und Fassaden…

Stadt(bau)geschichte – die Anfänge

Die Stadt kann auf eine mehrtausendjährige Geschichte zurückblicken: die günstige Lage in einer Bucht und an der Mündung eines Flusses (des Tejo) in den Atlantik sorgte schon früh für befestigte Siedlungen auf dem heutigen Stadtgebiet. So haben sich etwa die Phönizier schon etwa 1200 v. C. hier niedergelassen. Die Phönizier waren ein Seehandelsvolk, welches ausgehend von der Levante (den heutigen Ländern Syrien, Libanon, Israel und Jordanien) sich im gesamten Mittelmeerraum ausbreitete. Die phönizische Siedlung hieß Alis Ubbo, was soviel wie „liebliche Bucht“ bedeutet – eine durchaus zutreffende Beschreibung.

Lissabon liegt geografisch günstig an der Mündung des Tejo in den Atlantik.

Römer und Mauren

Ab 205 v. C. stand die Siedlung dann unter römischer Herrschaft; unter Gaius Julius Caesar erhielt sie (mit der Bezeichnung Felicitas Julia) im Jahr 48 v. C. die Stadtrechte. Lissabon wurde auch Hauptstadt der römischen Provinz Lusitania, die von der geografischen Ausdehnung etwa dem heutigen Portugal plus dem westlichen Bereich Spaniens entsprach.

Die Römer übten entscheidende Einflüsse auf die Sprache und die Kultur der Provinz aus und hinterließen viele Bauten und Verkehrswege (Viadukte, Brücken). In den ersten nachchristlichen Jahrhunderten wurde der römische Einfluss dann aber zurückgedrängt; die Westgoten übernahmen im 5. und 6. Jahrhundert die Herrschaft.

Der nächste gravierende Einschnitt in der kulturellen Entwicklung stellte die Eroberung Portugals durch die nordafrikanischen Mauren dar; Lissabon wurde 719 erobert. Die Mauren brachten eine blühende Hochkultur mit sich; Wissenschaft, Kunst, Handel, Medizin, Landwirtschaft und Seefahrt machten rasante Fortschritte. Und ihre religiöse Toleranz sorgte für ein friedliches Miteinander. Die Mauren brachten auch einige zuvor unbekannte Pflanzen mit und machten sich um die Errichtung von Bewässerungsanlagen verdient. Eine bis heute tradierte Hinterlassenschaft der Mauren sind die überall zu findenden Keramikfliesen, die Azulejos. Die maurische Bezeichnung „Al-Ashbourna“ für die Siedlung spiegelt sich in der heutigen portugiesischen Bezeichnung Lisboa (deutsch: Lissabon) für die Stadt wieder.

Azulejos an einer Hausfassade. In der blau-weißen Variante gibt es oft bildliche Darstellungen, die sich über mehrere der Kacheln erstrecken.

Reconquista und Entwicklung zur Kolonialmacht

Unter König Dom Alfonso Henriques wurde im Rahmen der so genannten Reconquista (Rückeroberung) Lissabon 1147 von den Mauren wieder zurückerobert. Erst seinem Nachfolger gelang es bis Mitte des 13. Jahrhunderts, die Reconquista für das gesamte Land zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Sitz der Könige war damals Coimbra. Alfonso III verlegte den Herrschaftssitz dann nach Lissabon; während seiner Amtszeit wurde auch eine Stadtmauer um die Siedlung errichtet. Ab 1255 war Lissabon schließlich die Hauptstadt Portugals. 1290 wurde die Universität gegründet.

Unter der organisatorischen Leitung von Heinrich dem Seefahrer (1394 – 1460) weitete sich der politische und militärische Einfluss des Landes aus, Portugal begann, zu einer der bedeutendsten Seefahrts- und Kolonialmächte zu werden; mit den Kolonien wurden Waren und später auch Sklaven gehandelt – mit allen unschönen Auswirkungen dieser Aktivitäten. 

Heinrich der Seefahrer war der vierte Sohn von König João I. Er ermöglichte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts logistisch und finanziell viele Entdeckungsreisen. Selbst zur See gefahren ist er wohl eher selten; das nördliche Afrika (Marokko) soll er aber besucht haben. Die von ihm geförderten Expeditionen führten vor allem entlang der afrikanischen Westküste; seine Seefahrer erkundeten Küsten und Flüsse, kartierten die Gebiete und errichteten Handelsposten. Angola und Mosambik wurden portugiesische Kolonien. Auch Madeira, die Kapverden und die Azoren wurden bei solchen Erkundungsfahrten entdeckt.

In die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts fällt auch die „Erfindung“ des Schiffstyps „Karavelle“; portugiesische Schiffbauer konstruierten diese hochseetüchtige Variante mit höheren Bordwänden, einem schnittigen Rumpf und einer Segelanlage mit mindestens zwei Masten, die auch das Navigieren gegen den Wind („hart am Wind“) erlaubte. Auch Christoph Kolumbus bediente sich bei seiner Fahrt in die Karibik dieses Schiffstyps.

Wichtige Bedingung für die Ausweitung des Handels mit den Kolonien (und deren Ausbeutung) waren für Portugal die Entdeckungen von Vasco da Gama 1498 (Ost-Route nach Indien durch Umfahrung des Kaps der Guten Hoffnung) und die Etablierung des Chinahandels (über den Freihafen Macau).

Eher zufällig stieß Pedro Álvares Cabral bei einer Fahrt auf Brasilien (er war von Strömungen im Atlantik vom beabsichtigten Kurs abgetrieben worden). Danach wurde auch mit Südamerika reger Seehandel betrieben. Alle Entdecker-Expeditionen gingen vom Lissabonner Vorort Belém aus. Hier steht (seit 1960) auch das Entdeckerdenkmal „Padrão dos Descobrimentos“ am Tejo-Ufer.

Das Entdecker-Denkmal in Belém.

Das „Goldene Zeitalter“ und die Manuelinik

Jedenfalls wurde Lissabon aufgrund der überseeischen Aktivitäten zu einer der reichsten Städte in ganz Europa; das 15. und 16. Jahrhundert werden aufgrund der beschriebenen Entwicklungen auch als das „Goldene Zeitalter“ der Stadt bezeichnet. Zu dieser Zeit (Beginn des 16. Jahrhunderts) war die Einwohnerzahl auf ca. 350 Tausend gestiegen. Der starke Bevölkerungszuwachs führte auch zur Neugründung des Stadtviertels, das heute als Bairro Alto bezeichnet wird.

Eine herausragende Persönlichkeit des „Goldenen Zeitalters“ war König Manuel I (Dom Manuel I, auch als „Der Glückliche“ bezeichnet), der die Geschicke des Landes von 1495 bis 1521 lenkte. In seiner Amtszeit fanden die Entdeckungen Vasco da Gamas statt, gefolgt vom Ausbau Portugals zum Kolonialreich. Unter Manuel I entwickelte sich (vor allem für öffentliche und sakrale Gebäude) ein ganz besonderer, prunkvoller Architekturstil, der Mitte des 19. Jahrhundert von einem Historiker erstmals nach ihm benannt wurde (Manuelinik).

Inspiriert wurden die Architekten der Zeit durch die Berichte der Seefahrer, so dass auch indische und afrikanische Einflüsse in der Ornamentik erkennbar sind. Grundsätzlich könnte man den Stil als eine Mischung aus Renaissance und Spät-Gotik beschreiben, angereichert durch dekorative Elemente mit exotischen Motiven aus der Seefahrt (z. B. Kraken, Seesternen, Korallen, Muscheln oder Schiffstauen). Ein Paradebeispiel für manuelinische Baukunst ist das Hieronymiten-Kloster (Mosteiro dos Jerónimos; mit Kirche) in Belém, an dem ab 1502 über fast 70 Jahre hinweg gebaut wurde und das von Ornamentik geradezu überladen ist (Näheres zum Kloster und zur Kirche erfährt man auf der Seite Lissabon – Kirchen). Auch der Torre de Belém an der Tejo-Mündung in den Atlantik wurde unter Manuel I erbaut (Fertigstellung 1521). Der Turm diente sowohl als Leuchtturm als auch als Festungsbauwerk und ist heute eines der Wahrzeichen Lissabons.

Bild oben: der Torre de Belém steht seit 1521 an der Tejo-Mündung und diente als Leuchtturm und als Befestigungsanlage. (Bild: © Gundula Hahn-Keuler, 2024)

Bilder oben: der im Stil der Manuelinik von 1515-21 erbaute Torre de Belém, zunächst ein Leuchtturm und Teil der Befestigungsanlagen, heute ein Wahrzeichen der Stadt (Bilder: © Gundula Hahn-Keuler, 2024).

DAS Paradebeispiel für munuelinische Baukunst ist das Hieronymiten-Kloster in Belém im Westen von Lissabon.

Bild oben: unter König Manuel I wurde am Tejo-Ufer auf dem „Palastgelände“ (Terreiro do Paço) auch der königliche Palast errichtet, der Paço da Ribeira. Das Gebäude wurde 1511 fertiggestellt und danach über 200 Jahre lang als Residenz der jeweiligen portugiesischen Könige genutzt. Beim Großen Erdbeben wurde er zerstört und nachher nicht wieder aufgebaut.

Auf einem großen Azulejo-Gemälde am Miradouro de Santa Luzia kann man die historische Palastanlage bewundern.

Die älteste Buchhandlung der Welt: die Livraria Bertrand (1732)

Anlässlich der abgeschlossenen Renovierung der Buchhandlung im Lissabonner Stadtviertel Chiado im Winter 2016 erschien im Online-Angebot des Saarländischen Rundfunks ein Bericht von Barbara Renno, der nachfolgend zitiert wird:

„Die „Livraria Bertrand“ eröffnete 1732 in Lissabon und ist mit ihren 284 Jahren die älteste Buchhandlung der Welt. Viele Krisen hatte sie zu überstehen: von dem verheerenden Erdbeben 1755, dem Bürgerkrieg im 19. Jahrhundert, den Revolutionen des 20. Jahrhunderts, bis hin zu Portugals Schuldenkrise der letzten Jahre. Vorübergehend war sie auch im Besitz des Bertelsmann-Konzerns.

Im „Chiado“, einem der lebendigsten und mondänsten Viertel Lissabons, findet man „Bertrand“ – die älteste Buchhandlung der Welt. Nach einer zweijährigen Renovierungsphase erstrahlt der historische Laden mit seinen alten hölzernen Regalen, mit den kleinen geheimen Wandkabinetten, wie man sie sonst nur aus Detektivromanen kennt und mit seinen um die 70.000 Werken von Wissenschaft, Belletristik bis Kunst in neuem Glanz.“

Ursprünglich war der Buchladen in der Rua Direita do Loreto angesiedelt; auch dieses Gebäude wurde beim Großen Erdbeben 1755 stark in Mitleidenschaft gezogen; seit 1773 residiert das Buchgeschäft im jetzigen Gebäude an der Rua Gerrett etwas schräg gegenüber vom legendären Café A Brasileira. Im Buchladen gibt es auch ein nettes kleines, Fernando Pessoa gewidmetes, Café. Bertrand ist mittlerweile eine große Buchhandelskette mit einem angegliederten Verlagshaus.

Die Buchhandlung Bertrand hat es auch in Guineess Buch der Rekorde geschafft.

Bilder oben: das Buchgeschäft Bertrand in der Rua Garrett.

Bilder oben: die Räumlichkeiten des Buchladens bieten eine ganz besondere Atmosphäre; die Regale aus edlen Hölzern werten auch ihren dargebotenen Inhalt auf, ein bisschen Ehrfurcht vor dem geballten gedruckten Wissen macht sich breit. Durch Rundbogen tritt man von einem Raum in den nächsten der langgestreckten Zimmerflucht und wird wie magisch immer weiter in die Tiefe hineingesogen. In manchen Räumen findet man bequeme Sessel oder eine Couch, in denen man sich zum Hineinlesen niederlassen kann.

Bilder oben: das kleine und modern eingerichtete Café im Buchladen ist dem Dichter Fernando Pessoa gewidmet.

Fortsetzung der Stadt(bau)geschichte Lissabons: Pest, Erdbeben und Wiederaufbau

Dem „Goldenen Zeitalter“ folgten im 16. und 18. Jahrhundert große Katastrophen für das Land und die Stadt Lissabon: bei der 1569 ausbrechenden Pestepidemie kamen in der portugiesischen Hauptstadt mehrere Zehntausend Einwohner/innen ums Leben. Und Ende des 16. Jahrhunderts kam Portugal erbfolge-bedingt vorübergehend unter spanische Herrschaft, was mit einer zunehmenden spanischen Ausbeutung ursprünglich portugiesischer Besitzungen einherging.

João I. beendete mit einem Aufstand 1640 die spanische Herrschaft und verteidigte sein Land mit englischer Unterstützung gegen die Spanier. In einem Friedensvertrag 1669 wurde die Eigenständigkeit des Landes festgeschrieben, wirtschaftlich geriet Portugal dabei allerdings in Abhängigkeit von England. Sebastião José de Carvalho e Mello, der spätere Marquês de Pombal,  versuchte als Premierminister (1756) unter König José I., die Abhängigkeit von England zurück zu drängen. 

In seiner Amtszeit kam es am 1. November 1755 dann zum dramatischsten Ereignis in der Lissabonner Stadtgeschichte: ein katastrophales Erdbeben der Stärke 9 erschütterte die Stadt, anschließend ausgebrochene Brände und eine durch das Beben ausgelöste Tsunami-Welle im Tejo vernichteten große Teile der Stadt. Mehr als 80% der Gebäude waren zerstört. Die Angaben über menschliche Opfer schwanken zwischen 10 % und 30 % der ursprünglichen Einwohnerzahl. Zerstört wurden durch das Beben und seine Folgen nicht nur Häuser, Kirchen und Paläste, sondern auch wichtige Kulturgüter, so etwa die Bestände der Nationalbibliothek mit den Reiseaufzeichnungen Vasco da Gamas. Lediglich die Stadtteile Belém und die Alfama blieben von den Auswirkungen des Erdbebens einigermaßen verschont.

Zum Bild: das zerstörte Kloster Convento do Carmo wurde nach dem Beben nur zum Teil wieder aufgebaut; die Ruine der Kirche gemahnt noch heute an die katastrophalen Ereignisse von 1755. Näheres zur Kirche auf der Seite Lissabon – Kirchen.

Ein planmäßiger Wiederaufbau der Stadt mit zum Teil geänderter Anlage von Straßen und Plätzen erfolgte unter der Leitung von Marquês de Pombal. Besonders in der Baixa, der Lissabonner Unterstadt, waren die städtebaulichen Änderungen sehr ausgeprägt; hier wurde ein schachbrettartiges Straßennetz realisiert mit viel breiteren Straßen als vor dem Erdbeben. Auch einige Plätze wurden neu geschaffen und die Gebäude wurden möglichst Erdbeben-sicher errichtet. Einige Gebäude wurden aber bewusst nicht wieder aufgebaut, sondern als Erinnerung an die Katastrophe im Ruinen-Zustand belassen (so etwa der Convento do Carmo). 

Zum Bild: Blick vom Torbogen Arco da Rua Augusta in die Rua Augusta; beim Wiederaufbau nach dem Großen Erdbeben wurden in der Baixa breitere Straßen angelegt.

Beim Wiederaufbau Lissabons nach dem Erdbeben waren außer der dann tatsächlich umgesetzten Variante (Aufbau am selben Ort, aber in veränderter, modernerer, großzügiger und klarer strukturierter Form) noch zwei Alternativen in der Diskussion: nämlich die Verlagerung der Stadt in Richtung Westen (nach Belém) sowie die (exakte) Rekonstruktion der alten Gebäudeformen und historischen Straßenverläufe.

Das Denkmal für den Marqés de Pombal am gleichnamigen Platz

Zur Zeit des Großen Erdbebens von 1755 war Sebastião de Mello Premierminister; später wurde er zum Marquês de Pombal erhoben. Er ging die Aufgabe der Trümmer-Räumung und des Wiederaufbaus nach der Katastrophe äußerst beherzt und pragmatisch an und erreichte, dass die Trümmer schon ein Jahr nach dem Beben alle beseitigt waren und der Wiederaufbau beginnen konnte. Auf den Marquês geht auch die neue Parzellenstruktur und Straßenführung in der Baixa zurück. Statt der verwinkelten mittelalterlichen Gassen ließ er ein schachbrettartiges Straßenmuster mit breiten Straßen anlegen, welche bei zukünftigen Notlagen eine schnelle Heranführung von Lösch- und Rettungstrupps ermöglichen sollten. Auch strebte er einen Erdbeben-sicheren Wiederaufbau an.

Auf der Praça Marquês de Pombal, welcher hauptsächlich ein riesiger mehrspuriger Kreisverkehr ist („Rotunda“), steht ein monumentales, 35 Meter hohes Denkmal für den „Erbauer des neuen Lissabon“. Das Denkmal war schon Ende des 18. Jahrhunderts geplant, wurde aber erst unter Salazar 1934 fertiggestellt. Das Denkmal besteht aus einem Sockel mit mehreren allegorischen Figurengruppen, einer Säule (an der Plaketten mit seinen wichtigsten Mitarbeitern angebracht sind) und dem Bronzestandbild des Marquês selbst. Die am Sockel nach Süden blickende Frauengestalt soll das wieder aufgebaute Lissabon symbolisieren, flankiert von den Figuren Pluto und Poseidon als Sinnbild für die Gewalten des Erdbebens und des anschließenden Tsunamis.

Zum Bild: Inschrift am Denkmal für den Marquês de Pombal mit Jahreszahl der Fertigstellung.

Seitlich stellen Gruppen von Figuren die Landwirtschaft (in Form eines Ochsen, der einen Pflug zieht), die Fischerei sowie die Industrie dar; in diesen Bereichen stieß Pombal wichtige Reformen an. Auf der Nordwestseite des Denkmals sitzt die römische Göttin Minerva als Symbol für die Bildung vor einem Tempel, an dessen Giebel die Universität Coimbra angeschrieben steht. Pombal hatte auch Reformen im Bildungsbereich initiiert und neue Institute an der Universität Coimbra eingerichtet. Minerva gilt als Göttin der Weisheit, der Medizin, des Handwerks, der Literatur und der Künste. An der Uni in Coimbra zeigt ein Pflastermosaik auf dem Campus die römische Göttin Minerva.

Das Denkmal ist eine Arbeit von Francisco Santos, Simões de Almeida und Leopoldo de Almeida

Bilder oben: Die Bronzefigur des Marquês wird von einem Löwen begleitet, der wohl ein Sinnbild für seine Stärke darstellt.

Bilder oben: der Platz mit dem Pombal-Denkmal befindet sich zwischen dem Parque Eduardo VII und der Avenida Liberdade.

Bilder oben: das Denkmal für den Marquês de Pombal  steht in der Mitte eines kreisrunden Platzes (Kreisverkehr) auf einem Sockel mit Freitreppe. Der Boden ist in typisch portugiesischer Manier mit einem Mosaik gepflastert.

Bilder oben: die allegorischen Figuren am Fuß des Denkmals.

Bilder oben: die Minerva-Statue und die Plaketten an der Säule, auf denen wichtige Mitarbeiter Pombals dargestellt sind (hier Machado de Castro).

Bilder oben: die Minerva-Figur auf der Nordwestseite des Denkmals und die figürliche Pflasterung des Bodens (Calçada Portuguesa).

Das „Aquädukt der lebendigen Gewässer“ – Aqueduto das Águas Livres, 1731-48

Um die Wasserversorgung der Stadt zu verbessern, wurde Mitte des 18. Jahrhunderts eine 58 Kilometer lange Wasserleitung von der nordöstlich von Lissabon gelegenen Serra de Sintra in das Stadtgebiet gebaut. Die dortigen Quellen heißen „Águas Livres“, was auch dem Aquädukt seinen Namen gab. Nordwestlich der Altstadt überquert die Wasserleitung das Tal von Alcântara. Dazu wurde unter König João V ein bis zu 65 Meter hohes und 940 Meter langes Aquädukt mit insgesamt 35 Spitzbögen errichtet. Nach 17-jähriger Bauzeit war das Werk 1748 vollendet. Zur Zeit der Fertigstellung waren die steinernen Bögen die weltweit größten (der höchste Bogen, der Arco Grande, ist 65,29 Meter hoch und über 28 Meter breit). Auch waren sie so robust gebaut, dass das Bauwerk beim Großen Erdbeben von 1755 keinen Schaden nahm. Das Bauwerk ist so gewaltig, dass es bereits beim Anflug mit dem Flugzeug auf den Lissabonner Flughafen ins Auge springt.

Die Wasserleitung wurde bis 1967 betrieben. Seither kommt das Wasser vom Fluss Alviela. 

Die gewaltigen Spitzbogen des Aquädukts.

Am Ende des Aquädukts, im Stadtteil Campolide, gibt ein kleines Museum (Museu da Áqua) Auskunft über  die Geschichte und Technik der Wasserversorgung der Stadt. Heute führen mehrere Verkehrslinien unter dem Aquädukt hindurch, unter anderem eine Bahnlinie und eine sechsspurige Schnellstraße. Das Aquädukt kann zu Fuß in der gesamten Länge begangen werden.

Bilder oben: das Äquadukt vom Flugzeug aus gesehen.

Bilder oben: das Aqueduto das Águas livres in Lissabon wurde im 18. Jahrhundert in 17-jähriger Bauzeit zur Verbesserung der städtischen Wasserversorgung errichtet.

Zentraler Platz in Lissabon: der Rossio

Der Platz „Praça Dom Pedro IV“ wird meist einfach als „Rossio“ bezeichnet. Das ist aber kein Alleinstellungsmerkmal für Lissabon; die meisten größeren Städte in Portugal haben einen Rossio. Die Bezeichnung kommt aus dem Lateinischen (residu) und bedeutet soviel wie „frei gebliebener Platz“, also frei geblieben von Bebauung. 

Der Lissabonner Rossio war seit dem Mittelalter Schauplatz verschiedener Nutzungen, Aktivitäten und Ereignisse: u.a. war er Marktplatz, Stierkampfarena, Paradeplatz oder Hinrichtungsstätte. Beim großen Erdbeben 1755 wurden fast alle Gebäude zerstört, die am Platzrand errichtet worden waren. Den Wiederaufbau des Platzes hat Carlos Mardel zu verantworten, einer der Architekten, die nach dem Erdbeben die Stadt wieder herstellten. Der genaue Zuschnitt des Platzes in seiner heutigen Form ergab sich nach den Vorgaben des Marquês de Pombal.

Das Monument für König Pedro IV wurde 1870 in Platzmitte aufgestellt, die beiden Brunnen kamen später (1889) hinzu. Dom Pedro IV war zwischen 1822 und 1831 Kaiser von Brasilien und ab 1826 unter dem Namen Dom Pedro IV auch kurzzeitig König von Portugal (um Napoleon zu entgehen, regierte das portugiesische Königshaus vorübergehend von Brasilien aus). Der Platz weist eine sehr auffällige Pflasterung auf; diese Calçada Portuguesa wurde 1849 aufgebracht. Das Wellenmuster spielt auf den naheliegenden Ozean an. 

Zum Bild: Denkmal für König Pedro IV, der als Pedro I auch Kaiser von Brasilien war.

Bild oben: der Rossio ist neben dem Praça do Comércio wohl der bekannteste Platz in Lissabon mit einer langen und wechselvollen Nutzungs- und Baugeschichte. Für die Einheimischen ist es meist der Platz Dom Pedro IV, nach dem Denkmal für König Peter IV., das in Platzmitte aufgestellt wurde. Im Hintergrund das nach Königin Maria II benannte Nationaltheater.

Bilder oben: von der oberen Plattform des Elevador Santa Justa aus hat man einen schönen Blick auf den Rossio und die den Platz umgebenden Bauten.

Bilder oben: der Platz mit seiner charakteristischen Pflastergestaltung, den Brunnen und dem Standbild. Die umliegenden Gebäude öffnen sich im Erdgeschoss mit Läden und Gastronomie; am Platz befinden sich auch Haltestellen mehrerer Buslinien des ÖPNV.

Bilder oben: vom Rossio aus zu sehen ist die Ruine der Kirche des Convento do Carmo und das Klostergebäude. Im Süden des Platzes ragt der Aufzug Elevador Santa Justa über die Dächer der Nachbargebäude.

Bilder oben: im Süden und im Norden der Säule mit dem Denkmal für König Pedro IV wurden 1889 große Brunnen aufgestellt.

An der Stelle, an der heute das Nationaltheater Dona Maria II steht (erbaut nach einem Brand von 1836, der auch das hier stehende Bauwerk, den Palácio das Almadas, den Unabhängigkeitspalast zerstörte), befand sich vor dem Erdbeben von 1755 der Palast der Inquisition.

Das klassizistische Gebäude des Nationaltheaters ist ein Entwurf des italienischen Architekten Fortunato Lodi. Im Tympanon, dem Dreiecksgiebel der Schaufassade, ist die Figur des portugiesischen Schriftstellers/Dramatikers Gil Vicente angebracht, der im 16. Jahrhundert mehrere Theaterstücke schrieb.

Bilder oben: das 1842-1846 errichtete Gebäude für das Nationaltheater Dona Maria II am Nordrand des Rossio. Das Gebäude brannte 1964 bis auf die Außenmauern nieder und wurde erst 1978 wieder aufgebaut.

Die Praça da Figueira („Feigenbaum-Platz“)

Die Gestaltung dieses Platzes ergab sich bei der Neugliederung der Baixa (der Lissabonner Unterstadt) nach dem Großen Erdbeben von 1755. Ursprünglich befand sich hier das Hospital Real de Todos os Santos. Nach den starken Zerstörungen durch das Beben sah man von einem Wiederaufbau ab; stattdessen wurde die nun große freie Fläche für die Abhaltung des Wochenmarktes genutzt. Dazu wurde Im 19. Jahrhundert auch eine Markthalle errichtet, die 1949 wieder abgerissen wurde.

Das Reiterstandbild von König João I, der im 14. Jahrhundert die Einverleibung Portugals nach Spanien mit Hilfe englischer Truppen abgewehrt hatte, wurde 1971 hier aufgestellt. Der große Platz bildet jetzt einen Gegenpol zum Rossio. Über eine breite Straße (Rua da Prata) ist der Platz mit der Praça do Comércio verbunden. Um den Platz gruppieren sich vierstöckige Gebäude, in denen Gastronomie, Hotels und viele Ladengeschäfte untergebracht sind. Außerdem ist die Praça da Figueira auch ein Verkehrsknotenpunkt, an dem Buslinien, die Metro und Straßenbahnlinien verknüpft sind.

Bilder oben: vom Lissabonner Castelo de São Jorge kann man auch auf die Praça da Figueira blicken; hinter dem Häuserblock auf der Westseite des Platzes liegt der Rossio.

Bilder oben: Randbebauung des Platzes.

Bilder oben: das Reiterstandbild von König João I; das Monument wurde bei einer Renovierung des Platzes Anfang der 2000er Jahre etwas aus der Mitte heraus verschoben, so dass es sich nun in einer Flucht mit der Rua da Prata befindet und von der Praça do Comércio aus gesehen werden kann.

Neugestaltung des Terreiro do Paço – die Praça do Comércio („Handelsplatz“)

Der etwa 170 Meter x 170 Meter große Platz gehört neben dem Rossio (Praça de D. Pedro IV) und dem Praça da Figueira zu den drei wichtigsten zentralen Platzanlagen in der Baixa Pombalina, dem Stadtzentrum Lissabons. Unter den Einheimischen trägt der Platz oft noch die alte Bezeichnung Torreiro do Paço (das bedeutet Palastgebiet, weil sich hier vor dem Großen Erdbeben der königliche Palast befand, der Paço da Ribeira). Der Palast wurde ursprünglich unter Manuel I, erbaut und 1511 fertiggestellt. Über 200 jahre lang war dies der Sitz der portugiesischen Könige. Beim Wiederaufbau der Stadt nach dem Beben von 1755 blieb der Platz bis auf das Denkmal für José I frei; er war der zur Zeit des Wiederaufbaus der amtierende Herrscher. Umrahmt wird der Platz auf der Südseite vom Tejo, auf den drei anderen von einem U-förmigen Gebäudekomplex, in dessen westlichem Flügel vorübergehend auch die Nationalbibliothek untergebracht war und in dem heute Ministerien residieren (z. B. das Finanzministerium), der Oberste Gerichtshof Portugals sowie Abteilungen der Hafen- und der Zollverwaltung. Der Gebäudekomplex wurde nach dem Entwurf des Architekten Eugénio dos Santos erbaut. Die Gebäude haben vier Stockwerke und einen um den ganzen Platz umlaufenden Arkadengang. Die beiden seitlichen Flügel enden in quadratischen Türmen.

Das Reiterdenkmal von José I. in Platzmitte stammt von Joaquim Machado de Castro (1775); es wurde am Geburtstag des Königs eingeweiht.

Betreten wird die Innenstadt vom Platz aus durch einen monumentalen Torbogen, den Arco da Rua Augusta (benannt nach der sich anschließenden Straße).

Bild oben: die Praça do Comércio, vom Torbogen Arco da Rua Augusta aus gesehen. In Platzmitte steht das Reiterstandbild von König José I, im Hintergrund ist der Tejo zu sehen.

Bilder oben: Praça do Comércio gehört zu den größten (und schönsten) Platzanlagen europäischer Städte. In Platzmitte befindet sich ein Reiterstandbild von König José I; in den Gebäuden um de Platz sind Ministerien untergebracht, der Oberste Gerichtshof Portugals, ein Museum und Gastronomiebetriebe.

Bilder oben: die Praça do Comércio ist von einem U-förmigen Gebäudekomplex umrahmt; die Südspitzen der Gebäude werden durch quadratische Türme gebildet, auf deren Dächern wehrhafte Gestalten wachen.

Bilder oben: die Praça do Comércio ist ein Touristenmagnet.

Bilder oben: die den Platz umgebenden Gebäude sind mit durchgängigen Arkadengängen versehen.

Der einem Triumphbogen gleichende Torbogen wurde entworfen von Veríssimo José da Costa beim Wiederaufbau der Stadt nach dem Erdbeben; ganz vollendet wurde er aber erst 1873. Zum Platz hin erscheint ein Portikus mit sechs Säulen; darauf sitzt eine quaderförmige Struktur, die eine große Halle aufnimmt. Hier befindet sich auch das Uhrwerk und der Mechanismus für den Glockenschlag der an der Fassade angebrachten Uhr. Und in neuerer Zeit wurden hier Informationstafeln zur Baugeschichte des Torbogens aufgestellt.

An der südlichen Fassade prangt das königliche Wappen; die allegorische Figurengruppe symbolisiert den Ruhm, der dem Genius und der Tapferkeit die Krone aufsetzt. Über den seitlichen Säulen befinden sich Figuren bedeutender Persönlichkeiten, darunter die Vasco da Gamas und vom Marqués de Pombal. Die lateinische Inschrift bedeutet zu Deutsch etwa „Den Leistungen unserer Vorfahren gewidmet, damit es für alle als Lehre diene“.

Die Turmuhr des Arco da Rua Augusta.

Bilder oben: der Torbogen Arco da Rua Augusta ermöglicht von der Praça do Comércio aus den Durchgang zur Rua Augusta, die zum Rossio führt.

Bilder oben: der Torbogen, von der Rua Augusta aus gesehen.

Bilder oben: Figurengruppe auf dem Arco da Rua Augusta.

Bilder oben: den Torbogen kann man besteigen; von der Aussichtspattform hat man einen wuderbaren Ausblick auf den Praça do Comércio und die umgebende Baixa. 

Bilder oben: die Figurengruppe auf dem Torbogen.

Bilder oben: oberhalb des Portikus befindet sich eine große Halle, in der das Uhrwerk für die Uhr am Torbogen untergebracht ist; auch Informationen zur Baugeschichte werden hier präsentiert.

Bilder oben: Blick von der Rua Augusta auf den Torbogen und Blick von der Aussichtsplattform des Torbogens auf die Rua Augusta.

Bilder oben: das Reiterdenkmal von José I in Platzmitte stammt von Joaquim Machado de Castro und wurde 1775 eingeweiht.

Der Elevador Santa Justa, 1901

Im Stadtgebiet von Lissabon gibt es stets irgendwelche Höhenunterschiede zu überwinden, was zu Fuß auf steilen (und engen) Straßen oder auf ausgedehnten Treppenanlagen erfolgen kann. Deutlich bequemer geht es mit den historischen Tram-Bahnen, mit den drei Standseilbahnen oder – am schnellsten: mit dem vertikalen Aufzug Elevador de Santa Justa, einem öffentlichen Personenaufzug.

Raul Mesnier de Ponsard, ein Schüler von Gustav Eiffel (dem Erbauer des gleichnamigen Turmes in Paris) konstruierte das tatsächlich ähnlich aufgebaute Ingenieurskunstwerk. Realisiert wurde die neugotische Eisenkonstruktion zwischen 1892 und 1901. Der mit zwei Kabinen ausgestattete Aufzug verbindet die Baixa, das tiefer gelegene Altstadtviertel, mit dem 45 Meter höher gelegenen Largo do Cormo, dem Platz, an dem sich Kloster und Kirche Convento do Cormo befinden. Die Anlage wurde beim Großen Erdbeben 1755 weitgehend zerstört; die Kirche wurde nicht wieder aufgebaut, sondern im Ruinenzustand belassen, während im ehemaligen Klostergebäude jetzt ein Museum zur Geschichte des Bauwerkes untergebracht ist.

Insgesamt können im Stadtgebiet Höhenunterschiede von 130 Metern auftreten; der Tejo liegt ja im Prinzip auf Meeresniveau (Normal Null, NN) und die höchste Erhebung in der Stadt befindet sich auf 130 Metern über NN.

Bild oben: Blick vom Arco Augusta auf den Aufzug Santa Justa und (links) das Convento do Cormo mit der Ruine der beim Erdbeben von 1755 zerstörten Kirche.

Bilder oben: der Elevador Santa Justa.

Bilder oben: neogotische Formen und Ornamentik am Aufzugsturm.

Bilder oben: (erstes Bild) unterer Zugang zum Aufzug und Aufzugkopf mit Zugang zu den beiden Kabinen. Eine Etage höher gibt es noch eine Aussichtsplattform.

Bilder oben: eine schmiedeeiserne Brücke führt in über 40 Metern Höhe zum Largo do Corma.

Bilder oben: Lage des Aufzugs in der Umgebungsbebauung und Blick vom der oberen Galerie auf den Aufzugsturm und die Burg São Jorge.

Das Parlamentsgebäude – Palácio de São Bento (Assembleia da República), 1895

Der offizielle Name des Parlamentsgebäudes – Palácio de São Bento (Palast des Hl. Benedikt) – verweist auf die Geschichte des Bauwerks. 1598 wurde der jetzige Sitz des portugiesischen Parlamentes als Benediktinerkloster errichtet. Beim Großen Erdbeben von 1755 wurde auch dieser Bau beschädigt. Beim Wiederaufbau wurde er umgestaltet und ab 1834 als Parlamentsgebäude genutzt.

Das heutige neoklassizistische Erscheinungsbild stammt aber von der Rekonstruktion nach dem Brand des Vorgängergebäudes im Jahr 1895. Die Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen zogen sich bis in die 1940er Jahre hin und ließen von dem ursprünglichen Benediktinerkloster nicht mehr viel übrig. 1941 wurde die große Freitreppe zum Gebäude angelegt, die auf beiden Seiten von einer Löwenfigur flankiert wird. Steigt man die Treppe hoch, steht man vor der neoklassizistischen Gebäudefront mit einem zweigeschossigen Portikus und dem Dreiecksgiebel: „Omnia pro Patria“ kann man da lesen: „Alles fürs Vaterland“.

Bilder oben: das neoklassizistische Parlamentsgebäude.

Bilder oben: Löwenfiguren flankieren die breite Freitreppe, die zum Gebäude hinaufführt.

Bilder oben: gut bewacht wird das Parlamentsgebäude.

Ein Lissaboner Institution: das legendäre Café „A Brasileira“, eröffnet 1905

Im Stadtviertel Chiado an der Rua Garrett, gleich schräg gegenüber vom ältesten Buchgeschäft der Welt „Bertrand“, gelegen, befindet sich das legendäre Café „A Brasileira“ („Der Brasilianer“).

Es geht auf eine Verkaufsstelle für Kaffee zurück, die Adriano Soares Telles do Valle hier 1905 eröffnete; er war als junger Mann aus Portugal nach Brasilien ausgewandert und machte dort (vor allem auch durch die Heirat mit der Tochter des größten Kaffeeplantagenbesitzers) Karriere als Produzent und Händler für Kaffee. Um den Verkauf dieses noch nicht so etablierten Produktes zu beflügeln, bot er in seinen Läden, die er in Porto, Lissabon, Coimbra und weiteren Orten eröffnete, den Kaffee auch als Getränk an. So entstanden seine Cafés, die er alle „A Brasileira“ nannte. Hier soll auch die typische portugiesische „Bica“, die landestypische Form des Espresso, entstanden sein: stark gesüßt, um den ansonsten als bitter empfundenen Geschmack des neuen Getränkes zu kompensieren.

Das Lissaboner Café wurde in einem ehemaligen Ladengeschäft eingerichtet; die Fassade des Gebäudes wurde dabei von Manuel Norte Júnior prächtig gestaltet.

In der Lissaboner Niederlassung der „Kaffeehaus-Kette“ kehrten auch Intellektuelle, Künstler und Schriftsteller ein, so auch der Dichter Fernando Pessoa, dem 1988 vor dem Café in Form einer sitzenden Bronzefigur ein Denkmal gesetzt wurde. Heutzutage gibt es im Café „A Brasileira“ außer der Bica auch viele andere Kaffeevariationen, kleine Speisen und äußerst leckere Kuchen und Törtchen.

Bilder oben: in der Rua Garrett am Largo do Chiado befindet sich das legendäre Café „A Brasileira“.

Bilder oben: Blick in den opulent dekorierten Innenraum des Cafés und auf sein süßes Angebot.

Parque Eduardo VII (1903, 1945)

Der sich am nördlichen Ende der Avenida da Liberdade (jenseits der Praça Marqês de Pombal mit dem Denkmal an den Staatsmann) anschließende Park wurde Anfang des 20. Jahrhunderts als Parque da Libertade eröffnet und anlässlich eines Besuchs des britischen Königs in 1903 nach diesem in Parque Eduardo VII umbenannt. Bei diesem Park handelt es sich um die größte (über 25 Hektar große) innerstädtische Grünanlage. Die heutige Gestaltung des Parks geht auf den Architekten Francisco Keil do Amaral zurück, der diese 1945 plante und umsetzte. 

Der zentrale Bereich des Parks ist ein rechteckiger Grünstreifen mit geometrisch geschnittenen Hecken und breiten, baumbestandenen und gepflasterten Gehwegflächen zu beiden Seiten. Im Osten des Parks befindet sich ein 1932 für kulturelle und Sportveranstaltungen gebauter Pavillon, der heute nach einem portugiesischen Langstreckenläufer Pavilhão Carlos Lopes heißt. Der Pavillon wurde in neuerer Zeit (2016) aufwändig saniert und renoviert und wir jetzt für Tagungen, Messen, Ausstellungen und Konferenzen genutzt. Im westlichen Bereich des Parks gibt es auch Spielplätze, einen künstlichen See und große Gewächshäuser.

Am Nordende des Parks ragen vier monumentale Säulen auf, die ebenfalls von Keil do Amaral entworfen wurden. Nach der „Nelkenrevolution“ vom 25. April 1974, welche die Diktatur des Estado Novo beendete, wurde hier ein Denkmal für den nahezu unblutig verlaufenen Umsturz errichtet, das Monumento de Evocação ao 25 de Abril (Monument zum Gedenken an den 25. April).

Auf den gepflasterten Freiflächen beidseits der zentralen Grünfläche finden übers Jahr verteilt verschiedene Veranstaltungen statt, unter anderem auch die Lissabonner Buchmesse Feira do Livro.

Palmen am Parque Eduardo VII.

Bilder oben: die zentrale Grünfläche mit Heckenbewuchs; die Promenaden beidseits der Grünfläche; der Park nach dem Gewitterregen und Skulptur in einem Wasserbecken nahe des Pavilhão Carlos Lopes.

Bilder oben: die vier Säulen am Nordende des Parks und das Monument für die Nelkenrevolution 1974.

Bilder oben: im Park gibt es auch Spielplätze und einen künstlichen See.

Bilder oben: auf den geplasterten Freiflächen findet unter anderem stets die Lissabonner Buchmesse statt.

Nordöstlich des Parks schließt sich der Jardim (Garten) Amélia Carvalheira an, ein 1996 angelegter Gartenbereich mit einem künstlichen See, an dessen Ufer ein Café/Restaurant mit großer Terrasse angesiedelt ist.

Von hier aus kann man zum riesigen Justizpalast hinübersehen und zum klassizistischen Henrique Mendonça-Palast. Dieses schlossartige Anwesen wurde 1909 vom Architekten Ventura Terra für den im Kaffeehandel tätigen Geschäftsmann Henrique José Monteiro de Mendonça geplant und von João Pedro dos Santos und Rafael da Silva Castro gebaut. Der Palast war bis 1970 in Familienbesitz und wurde dann veräußert. Vorübergehend war es auch im Besitz der Neuen Universität Lissabon.

Bilder oben: der Jardim Amélia Carvalheira mit Café und Terrasse. Im Hintergrund der Justizpalast und der Henrique Mendonça-Palast. 

Pavilhão Carlos Lopes (1922 / 1932)

Das Gebäude wurde ursprünglich im Jahre 1922 als Pavillon der portugiesischen Industrie für die Weltausstellung in Rio de Janeiro (Brasilien) erbaut und genutzt. Nach der Ausstellung wurde der Pavillon wieder auseinandergenommen und nach Portugal transportiert. Seit 1932 befindet er sich nun im Parque Eduardo VII. 2016 wurde das Gebäude einer umfassden Sanierung unterzogen.

Bilder oben: der Pavillon vor der Renovierung 2016.

Bilder oben: der Pavillon im abendlichen Sonnenlicht.

Bilder oben: Baudetails und für eine Veranstaltung beleuchtete Fassade.

Bilder oben: Gemälde auf Azulejos an der Gebäudefassade.

Bilder oben: die perfekt rekonstruierten Azulejo-Gemälde.

Weinlagerhäuser der Abel Pereira da Fonseca S.A.R.L in Marvila/Lissabon, 1917

Abel Pereira da Fonseca besaß Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Regionen Portugals Ländereien, auf denen Reben angebaut wurden. Zur Vermarktung des hier produzierten Weines gründete er in Lissabon eine Handelsgesellschaft und ließ Lagerhäuser am Tejo erbauen. Die Vermarktungs-/Handelsgesellschaft wurde nach Eintritt von Marcelino Nunes Correia als Gesellschafter 1917 zur Aktionsgesellschaft „Sociedade Comercial Abel Pereira da Fonseca S.A.R.L“. In den 1930ern war sie die größte Handelsgesellschaft in Lissabon.

Im Teilort Marvila, der zwischen der Alfama und dem Park der Nationen in Lissabon liegt, wurden 1917 umfangreiche Lagerhausbauten errichtet. Die Gebäude wurden vom Architekten Manuel Joaquim Norte (jr.) geplant und gebaut. (Norte gestaltete in Lissabon auch die Fassade des bekannten Caféhauses „A Brasileira“). Zur Expo 98 wurde der Lagerhauskomplex in Marvila renoviert.

Die Gebäudefassade zur Praça David Leandro da Silva hin.

Bilder oben: Manuel Joaquim Norte nutzte bei der Fassadengestaltung die dekorativen Elemente des Jugendstil.

Bilder oben: in neuerer Zeit wurden die ehemaligen Weinlagerräume mit neuem Leben erfüllt: unter der Bezeichnung „8 Marvila“ entsteht in den historischen Gebäuden ein Freizeit-, Kultur- und Handelszentrum, in dem sich Restaurants, ein Nachtclub, mehrere Kunstgalerien, eine Fahrrad-Reparaturwerkstatt und etliche alternative Ladengeschäfte (Second Hand, Design,…) angesiedelt haben.

Zwischen den Weltkriegen erbaut: das prächtige Großkino „Teatro Éden“ an der Avenida da Liberdade (1931)

An der Avenida da Liberdade an der Praça dos Restauradores erbauten die Architekten Cassiano Branco und Carlo Florencio Dias zu Beginn der 1930er Jahre ein großes und prächtig im Stil des Art Déco gestaltetes Großkino, das Tetro Éden. Zur Straße hin beeindruckt die Fassadenfront in farbigem Marmor mit einem Band aus figürlichen Reliefs. Das Kino wurde 1931 eröffnet und war bis 1989 als solches in Betrieb. In den 1990er Jahren wurde das Gebäude renoviert und 2001 schließlich in ein Apartment-Hotel umgewandelt. Dabei blieb weitgehend nur noch die Fassade erhalten.

Bilder oben: viele für den Stil des Art Déco typische Elemente weist die Fassade des ehemaligen Kinopalastes  „Tetro Éden“ auf. 

Bilder oben: das Gebäude bei Nacht.

Fortsetzung Stadt(bau)geschichte Lissabons: Ende der Monarchie, erste Republik und Diktatur unter Salazar

Die Monarchie wurde in Portugal durch den Widerstand der Bevölkerung und des Militärs 1910 beseitigt und die erste Portugiesische Republik ausgerufen. Darauf folgte eine politisch sehr unruhige Zeit; es gab Streiks, Unruhen, Gewalttaten, Dutzende neuer Regierungen und der Staat befand sich in einer finanziell prekären Lage. Es drohte der Staatsbankrott und der Verkauf der Kolonien. Ein Putsch des Militärs beendete diese Phase 1926. Portugal wurde zur Militärdiktatur.

Die Militärs setzten den konservativen, streng katholischen Wirtschaftsprofessor (an der Universität Coimbra) António de Oliveira Salazar als Finanzminister ein, der den Staatsbankrott zwar abwenden konnte, aber auf Kosten der Bevölkerung, die aufgrund der sparsamen Haushaltsführung des Staates teilweise hungerte. In seiner Ministerfunktion war Salazar mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet, was ihm den Aufstieg zum Alleinherrscher erleichterte. 1932 wurde er zum Regierungschef (zum Ministerpräsidenten) ernannt. Ab etwa 1933 schuf er mit einer neuen Verfassung den „Neuen Staat“ („Estado Novo“), eine autoritäre Diktatur, die bis 1974 andauerte. 1968 wurde Salazar nach einem Schlaganfall von Marcelo Caetano als Ministerpräsident abgelöst. Salazar starb 1970. 

Städtebauliche Projekte während des Estado Novo

Unter Salazar wurde die Hauptstadt Lissabon städtebaulich umfassend verändert und auch modernisiert; Schwerpunkt waren insbesondere der Ausbau der Infrastruktur und die Repräsentation des „Estado Novo“. Letztere wurde vor allem vom neu eingerichteten Propagandaministerium (Secretariado da Propaganda Nacional, SPN) dirigiert; 1944 wurde dieses Ministerium zugunsten des Secretariado da Informação, Cultura Popular e Turismo, SNI aufgelöst. Ein wichtiges Element der Darstellung des „Estado Novo“ war eine Erinnerungskultur, welche mit bestimmten Daten und Personen verbunden die frühere nationale Größe des portugiesischen Kolonialreiches (Imperio) beschwor.

Während der Herrschaft Salazars wurde der Flughafen Aeropôrto da Portela de Sacavém gebaut (1938-40), Nahverkehrslinien wurden geschaffen (die erste U-Bahnlinie wurde 1959 eröffnet) und die bereits erwähnte Brücke über den Tejo 1966 fertiggestellt (sie hieß zunächst Salazar-Brücke und wurde 1974 in „Brücke des 25. April“ umbenannt). Näheres zu den Brücken, dem Nahverkehr und dem Flughafen von Lissabon siehe die Seite „Lissabon Brücken„.

Bezüglich des Baustils orientierten sich die Architekten der Ära Salazar zunächst an deutschen und italienischen Vorbildern, wobei die nüchterne Bauweise eigentlich der portugiesischen Bautradition eher widersprach. Später richteten sich die Architekten auch nach der amerikanischen Moderne.

Stadtplanung unter Duarte Pacheco

Bau- und Verkehrsminister (Ministro das Obras Públicas) im ersten Kabinett Salazars wurde 1932 der Ingenieur Duarte Pacheco; er war zwischen 1928 und 1932 bereits Bildungsminister und plante zusammen mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter, dem Architekten Porfírio Pardal Monteiro, die Gebäude der Technischen Hochschule in Lissabon. Während seiner Amtszeit (1932-43) prägte er die städtebaulichen Veränderungen Lissabons.

Große Veränderungen im Stadtbild Lissabons ergaben sich aufgrund eines 1927 von der Stadtverwaltung geänderten Generalbebauungsplanes, an dessen Erstellung der französische Landschaftsarchitekt Jean-Claude-Nicolas Forestier maßgeblich mitwirkte.

Ihm ist die Verlängerung der Avenida da Liberdade zu verdanken, die er nach dem Vorbild französischer Boulevards gestaltete. Umgesetzt wurde die geplante Verlängerung der Avenida Liberdade 1930 von Luis Christino da Silva.

Die Avenida da Liberdade zieht sich von der Praça dos Restauradores (mit dem Denkmal an die Restaurationskriege) bis zur Praça  Marquês de Pombal mit dem Denkmal für den Marquês de Pombal. Etwa in der Mitte befindet sich ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (Monumento aos Mortos da Grande Guerra), siehe Bild.

Auch der Ausbau der Uferpromenade am Tejo zwischen dem Praça do Comércio und dem Cais do Sodré geht auf die Anregungen Forestiers zurück. 

Bilder oben: die alleengesäumte Avenida da Liberdade zieht sich von der Praça dos Restauradores (mit dem Denkmal an die Restaurationskriege) bis zur Praça Marquês de Pombal. Etwa in der Mitte befindet sich ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (letztes Bild).

Das Denkmal der Entdeckungen

Bereits 1933 wurde die Errichtung eines Denkmals für Heinrich den Seefahrer (Dom Infante Henrique) angeregt; mehrere ab 1935 durchgeführte Wettbewerbe lieferten zunächst keine akzeptierten Ergebnisse. Erst zur Vorbereitung der Exposição do Mundo Português (Ausstellung zur portugiesischen Welt) anlässlich der Jahrhundertfeiern 1940 (1140: Gründung Portugals, 1640: Wiedererlangung der staatlichen Souveränität von Spanien) wurden die Pläne wieder aufgenommen.  Der Gedenkstein der Entdeckungen (Padrão dos Descobrimentos) wurde rechtzeitig zu den Feierlichkeiten am Praça do Império (der ebenfalls für diesen Zweck angelegt wurde) vor dem Kloster in Belém am Tejo-Ufer erbaut. Das Denkmal wurde bei einem Unwetter beschädigt und 1943 abgerissen. 1960 wurde das jetzige Denkmal zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer errichtet.

Das Entdecker-Denkmal
... mit Markierung
Previous slide
Next slide

Bilder oben: das Entdecker-Denkmal und der Torre de Belém. Im Hintergrund hinter dem Denkmal ist der riesige Gebäudekomplex des Kulturzentrums in Belém zu sehen.

Bilder oben: das Entdeckerdenkmal steht am Tejo-Ufer auf der Praça do Império in Nachbarschaft zum Kloster und dem Kulturzentrum von Belém. Hier befindet sich auch ein Jacht-Hafen.

Bilder oben: beidseitig des Denkmals folgen der führenden Figur Heinrich des Seefahrers berühmte portugiesische Entdecker und Persönlichkeiten.

Bilder oben: ähnlich dem Rossio bildet die Pflastermalerei (Calçada Portuguesa) um das Denkmal Wellen.

Die Glorifizierung der Entdecker blendet die überwiegend negativen Aspekte der damit verbundenen Kolonialgeschichte aus; das Denkmal und seine Aussage werden heute kontrovers diskutiert.

Auf der Website www.re-mapping.eu  kann man zu dem Denkmal das Folgende lesen:

„Das Denkmal für die „Entdeckungen“ bildet mit dem Praça do Império und dem Hieronymuskloster ein „Ensemble der Erinnerung“ (…), in dem sich die Vorstellungswelten des glorreichen portugiesischen Weltreichs verdichten – ein Gedankengebäude einer idealisierten Expansion über den Seeweg zum Wohle aller, wie es vor allem der Estado Novo (…) kultivierte. 

Erinnert sei daran, dass der Hauptantrieb für die portugiesische Expansion die Überwindung der Krise im 14. Jahrhundert war, um einem Mangel an Arbeitskraft, Getreide und Edelmetallen zu begegnen. Das portugiesische Seeabenteuer basierte auf wirtschaftlichen Interessen, die Motivation war also keinesfalls christianisierender Altruismus. 

Das einer Karavelle – dem charakteristischen Schiff der „Entdeckungen“ – nachempfundene Denkmal am Tejo-Ufer zeigt am Bug die Figur Heinrich des Seefahrers. Rechts und links vom Schiff stehen zweiunddreißig Ikonen der portugiesischen Historie, darunter Könige, Eroberer, Seefahrer, Missionare und Künstler. 

Die erste Version des Denkmals hatte noch den Charakter des Temporären und war 1940 Teil einer „Ausstellung der Portugiesischen Welt“ (Exposição do Mundo Português), die das doppelte Jubiläum der portugiesischen Staatsgründung und Wiedererlangung der Eigenständigkeit 1640 nutzte, um die Diktatur Salazars zu untermauern. (…)

Das über 50 Meter hohe Entdeckerdenkmal am Ufer des Tejo.

1942 wurden große Teile der Ausstellung durch ein starkes Unwetter beschädigt und das Denkmal selbst 1943 abgerissen. Kaum 20 Jahre später steht das Regime des Estado Novo international unter Druck, Selbstbestimmung und Unabhängigkeit der Kolonien anzuerkennen. In Portugal selbst kommt es 1958 mit der Kandidatur des oppositionellen Humberto Delgado zu einer starken Mobilisierung der Bevölkerung gegen das Regime. Dagegen bringt der Estado Novo eine landesweite Propagandastrategie zur Stärkung und Konsolidierung der eigenen Machtposition in Stellung. So wird 1960 anlässlich des 500. Todestags Heinrich des Seefahrers das Denkmal der Entdeckungen neu aufgebaut. Erneut bemühen die Feierlichkeiten dazu das historische Narrativ der Expansion über die Ozeane, aber nun mit einer ideologischen Korrektur: „Kolonialreich“ hatte man durch „Portugiesisches Engagement in Übersee“ ersetzt, 1951 war das Kolonialstatut neu formuliert und in die Verfassung aufgenommen, das auf einer Unterscheidung von „Mutterland“ und „Kolonie“ basierende „Portugiesische Kolonialreich“ auf dem Papier ausradiert worden. Was bis dahin Kolonie gewesen war, hieß nun „Überseeprovinz“ und der Mythos von der portugiesischen Zivilisations- und Evangelisierungsleistung war gerettet. 

Von damals stammt auch die Windrose auf dem Boden vor dem Denkmal, ein Geschenk der damaligen Südafrikanischen Union, heute Südafrika; Sinnbild der damals von beiden Ländern geteilten internationalen Isolation: Portugal wegen seiner Kolonialpolitik, Südafrika wegen der Apartheid, die dort noch bis 1994 anhalten sollte. Die riesige Windrose mit ikonografischen Elementen der Naos und Karavellen, versehen mit den wichtigsten Daten und Routen der portugiesischen Expansion über die Ozeane, wird zur weiteren Erkennungsmarke jener luso-tropischen Mär vom „guten“ Kolonisator und Portugals Rolle bei der Verbreitung der „Zivilisation“. Durch politische Propaganda versuchte Portugal den Bestand seiner Kolonien zu rechtfertigen.“ (Zitat Ende)

Zum Bild: das 56 Meter hohe Entdeckerdenkmal „Padrão dos Descobrimentos“ war schon seit Ende des 19. Jahrhunderts in Planung, wurde aber erst unter Salazar realisiert und im Jahr 1960 vollendet, rechtzeitig zum 500. Todestag Heinrich des Seefahrers.

Das Denkmal aus Beton ist 52 Meter hoch, die Figuren wurden aus Kalkstein gefertigt. Die Form des Denkmals erinnert an den Bug einer Karavelle; schaut man von hinten auf das Bauwerk, ist hier ein Schwert angedeutet. Die führende Figur stellt Heinrich den Seefahrer dar, gefolgt von 32 weiteren portugiesischen Persönlichkeiten, etwa Königin Philippa von Lancaster, Vasco da Gama, Pedro Álvares Cabral, Ferdinand Magellan, Luís de Camões, Pedro Nunes oder König Manuel I.

Schöpfer des Denkmals waren der Achitekt Cottinelli Telmo und der Bildhauer Leopoldo de Almeida.

Bild oben: am Denkmal für die Entdecker in Belém wurde ein ganzes Gemälde aus Mosaiksteinen geschaffen; hier sind eine Windrose und eine Weltkarte „abgebildet“, in welche die Fahrtrouten der Entdecker eingetragen sind. Diese Mosaiksteine sind aus verschiedenfarbigem Kalkstein und oberflächlich geglättet. Das Mosaik war 1960 ein Geschenk der südafrikanischen Union an Portugal zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer. Das Mosaik wurde vom Architekten Luís Cristino da Silva gestaltet.

Bilder oben: das Mosaik mit der Weltkarte am Fuße des Entdecker-Denkmals.

Weitere städtebauliche Projekte des Estado Novo

Der Altstadtkern der Lissabonner Baixa entsprach in seinem, nach dem Wiederaufbau nach dem Großen Erdbeben eher nüchternen Erscheinungsbild nicht ganz den Vorstellungen des Propagandaministeriums. So wurde 1934 ein Wettbewerb zur ästhetischeren Gestaltung des Rossio, des zentralen Platzes in der Baixa, ausgelobt. Die Bewerber sollten sich dabei an dem sehr repräsentativeren Erscheinungsbild des Praça do Comércio orientieren. 

Ein weiteres städtebauliches Projekt dieser Zeit war die Errichtung von Wohnsiedlungen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus; diese so genannten Bairros Económicos sollten die überall am Stadtrand entstehenden Elendsquartiere beseitigen. 

Auch die Anlage eines großen Stadtwaldes, des Parque Florestal de Monsanto im Nordwesten ab 1938 gehört zu den staatlichen Maßnahmen. Planender Landschaftsarchitekt war Francisco Caetano Keil Coelho do Amaral. 

Der Praça do Areiro als Abschluss der Avenida Almirante Reis wurde ebenfalls in dieser Zeit angelegt und durch neue angrenzende Stadtquartiere ergänzt.

Bei dem 1. Congresso National de Arqitectura, der 1948 in Lissabon abgehalten wurde, lehnten sich die beteiligten Architekten gegen die Bevormundung bezüglich Planung und Entwicklung und stilistische Fragen der Architektur durch das staatliche Bauministerium (Ministeiro das Obras Publicas) auf und setzten sich in der Folgezeit mit größerer Gestaltungsfreiheit bei öffentlichen Aufträgen und städtebaulichen Projekten durch.

Die monumentale Christus-Statue Cristo Rei in Almada (1959)

Dieses Bauwerk ist neben dem Torre de Belém, dem Denkmal für die Entdecker (Padrão dos Descobrimentos) und der Brücke des 25. April ein Wahrzeichen der Stadt, obwohl es gar nicht in Lissabon liegt, sondern in der Stadt Alamada, auf der gegenüberliegenden Seite des Tejo.

Es wurde auch nicht von staatlichen Stellen geplant und gebaut, sondern geht auf eine Initiative des Erzbischofs von Lissabon, Manuel Cerejeira zurück, der den Bau 1934 anregte; finanziert wurde der Bau durch Spenden.

Näheres über die Cristo Rei-Statue kann man auf der Seite Lissabon – Kirchen lesen.

Zum Bild: die Statue ruht auf einem über 80 Meter hohen Sockelgebäude.

Die portugiesische Nationalbibliothek (1965)

Die Nationalbibliothek als Institution hat eine längere und auch wechselvolle Geschichte: gegründet wurde sie Ende des 18. Jahrhunderts als „Königliche Hofbibliothek“, stand aber von Beginn an allen Bürgern offen. Parallel dazu existierte noch die Königliche Bibliothek im königlichen Palast (Paço da Ribeira), die beim Großen Erdbeben 1755 aber große Verluste erleiden musste. Angesiedelt war die Nationalbibliothek zunächst im Westflügel des Gebäudekomplexes, der seit dem Wiederaufbau nach dem Erdbeben den Praça do Comércio auf drei Seiten umschließt. Nach 1805 erfuhr der Buchbestand der Nationalbibliothek einen permanenten starken Zuwachs, weil per Gesetz die Aufbewahrung eines Pflichtexemplars von jedem im Land gedruckten Buch angeordnet worden war. Weitere Zugänge ergaben sich bei der Säkularisation aus den Bibliotheken aufgelöster Klöster.

Die Bibliotheksbestände zogen Anfang des 19. Jahrhunderts dann in das ehemalige Kloster des Hl. Franziskus um und der Name wurde in Portugiesische Nationalbibliothek geändert.

Aber auch im neuen Domizil wurde der Platz bald knapp. So wurde Ende des 1950er Jahre ein Neubau geplant und bis 1965 auf dem Campusgelände der Universität nahe des Parks Campo Grande ausgeführt. Die offizielle Einweihung nach Umzug aller Bücher erfolgte 1969. Architekt des monumentalen Bauwerks war Porfírio Pardal Monteiro, der auch den Campus der Technischen Hochschule plante und baute oder den Bahnhof Cais do Sodré. Allerdings starb der Architekt bereits ein Jahr nach Ausarbeitung der Pläne und sein Neffe António Pardal Monteiro führte den Bau schließlich aus. Das Architekturbüro firmiert unter Pardal Monteiro – Architects. Ein weiteres Gebäude, welches von diesem Büro auf dem Uni-Campus erbaut wurde, ist das Rektoratsgebäude.

Porfírio Pardal Monteiro besuchte in der Planungsphase des Bibliotheksgebäudes viele solcher Bauten im Ausland, in der Schweiz, in Frankreich und Belgien; geplant hat er schließlich kein klassizistisches Gebäude, sondern einen Bau im Stil der Moderne.

Bilder oben: Eingangsbereich  der Nationalbibliothek mit verglastem, gebäudehohem Atrium.

Bilder oben: der Gebäudekomplex besteht aus mehreren Baukörpern; „herausragend“: das Magazin. Letztes Bild: Gemälde in der Eingangshalle.

Bilder oben: der Eingangsbereich wird umrahmt von Reliefs mit der Darstellung bedeutender portugiesischer Könige und Königin Maria II.

Bilder oben: Blick in den großen Lesesaal der portugiesischen Nationalbibliothek.

Das „Heiligtum“ der Nationalbibliothek ist der große Lesesaal (gestaltet von Daciano Costa, einem der bedeutendsten portugiesischen Designer), wahrlich ein Tempel des Studiums und der Wissenschaft. Im Gebäude gibt es aber mehrere Lesesäle und Arbeitsräume sowie ein Auditorium und auch Räumlichkeiten für Wechselausstellungen. Internationale Studenten/innen des Erasmus-Programms lieben den großen Lesesaal der Nationalbibliothek als ruhigen und ansprechenden Lernort. Die Flugzeuge, die in niedriger Höhe über das Gebäude Richtung Flughafen donnern, hört man im Lesesaal nicht…

Universität Lissabon

Der Universitätscampus (Cidade Universitária) für die ca. 50 Tausend Studierenden der Universität befindet sich nördlich der Innenstadt in Nachbarschaft zur Parkanlage Campo Grande. Bis 1911 war die einzige Universität des Landes diejenige in Coimbra. Dann wurde während der ersten republikanischen Regierung die Universität Lissabon gegründet. Dazu wurden bisher getrennte Hochschuleinrichtungen wie die Medizinische Hochschule, die Polytechnische Hochschule etc. zusammengelegt; weitere Fakultäten kamen in der Folge hinzu u.a. für Politik oder die Wirtschaftswissenschaften.

Ein zusammenhängendes Zuhause bekamen die Universitätseinrichtungen unter Salazar, als zwischen 1955 und 1960 an der heutigen Stelle Gebäude für die Institute, die Mensa, das Rektorat und die sonstigen universitären Einrichtungen errichtet wurden.

Wie die sich am Rande des Campus befindliche Nationalbibliothek wurden auch einige Universitätsgebäude (etwa das Rektorat) von Pardal Monteiro – Architects geplant und gebaut.

Kunstwerk von Maria Helena Vieira da Silva auf dem Uni-Campus.

Bilder oben: das Gebäude für das Erziehungswissenschaftliche und das Psychologische Institut der Universität.

Bilder oben: hier sind die Geisteswissenschaften und die Rechtswissenschaften angesiedelt.

Bilder oben: Eingangsbereich des Instituts für die Geisteswissenschaften.

Bilder oben: das Rektoratsgebäude der Universität Lissabon ist ein Werk von Pardal Monteiro-Architects.

Bilder oben: Arkade im Eingangsbereich des Rektoratsgebäudes.

Bilder oben: Arkadengang am Portikus des Rektoratsgebäudes.

Hospital da Santa Maria

Das Universitätsklinikum (Hospital da Santa Maria) befindet sich außerhalb des Unicampus; es wurde 1953 vom deutschen Architekten Hermann Distel fertiggestellt. Die Naturwissenschaften zogen in 1985 vollendete Gebäulichkeiten ein.

Bilder oben: der riesige Gebäudekomplex des Universitätsklinikums (Hospital da Santa Maria) – beim Anflug auf den Flughafen Humberto Delgado.

Das Nationale Pantheon (1966), ursprünglich Igreja de Santa Engrácia

Was als Kirche geplant und 300 Jahre lang nicht vollendet wurde, war das unter dem Salazar-Regime fertiggestellte Gebäude des Nationalen Pantheons.

Das Im Stadtviertel Penha França liegende barocke Gebäude hat eine recht lange Baugeschichte; Baubeginn war Ende des 16. Jahrhunderts (1570), angeregt durch die Tochter von König Manuel I, der Infantin Maria. Die Realisierung verzögerte sich immer wieder; zum Teil stürzten erbaute Teile wieder ein.

Mit dem Bau des heutigen Gebäudes nach dem Plan von João Autunes wurde schließlich 1682 begonnen. Nach dem Tod von Autunes kamen auch die Arbeiten weitgehend zum Stillstand (1712). Vor allem der Bau der Kuppel wurde nicht angegangen, weswegen das Gebäude über Jahrhunderte als Bauruine dastand und für sachfremde Zwecke genutzt wurde.

1916 wurde schließlich bestimmt, dass das Gebäude nicht als Kirche, sondern als Nationales Pantheon dienen sollte; die Fertigstellung erfolgte erst unter dem Salazar-Regime 1966.

„Arbeiten an der Kirche Santa Engrácia“ („Obras de Santa Engrácia“) sind in Portugal zur stehenden Redewendung geworden; man benutzt diese Bezeichnung, wenn man ausdrücken möchte, dass etwas nie fertig wird.

Die vier ursprünglich an den Gebäudeecken geplanten Türme wurden nie realisiert, die Kuppel wurde schließlich aus Beton gefertigt; sie thront nun aber über der Aussichtsplattform, die vom Flachdach gebildet wird, in 40 Metern Höhe. Von hier aus hat man einen faszinierenden Ausblick in alle Himmelsrichtungen, zur Stadt und zum Tejo.

Das Nationale Pantheon: Tambour und Kuppel des Gebäudes mit Laterne.

Das Gebäude ist ein Zentralbau; in der Apsis im Osten ist die Orgel eingebaut. Die Oberflächen im Innenraum sind mit Marmor in unterschiedlichen Farben verkleidet. Dort, wo bei einer Kirche seitlich Kapellen wären, sind in entsprechenden Nischen Kenotaphe bzw. Grabmale aufgestellt, die an nationale Größen erinnern: an den Entdecker Vasco da Gama, an Heinrich den Seefahrer, an den Dichter Luis Vaz de Camões und andere. Auch das Grabmal von Humberto Delgado befindet sich hier. Er war General und wurde im Laufe seiner wechselvollen politischen Laufbahn zu einer Symbolfigur des Widerstandes gegen Diktator Salazar.

Zum Bild: Kenotaph Vasco da Gamas im Nationalen Pantheon; seine sterblichen Überreste befinden sich in einem Grab im Mosteiro dos Jerónimos (Hieronymiten-Kloster in Belém).

Bilder oben: die Kuppel des Pantheons prägt die Stadtsilhouette Lissabons.

Bilder oben: das Nationale Pantheon war ursprünglich als Kirche geplant; das heutige Gebäude ist ein barocker Zentralbau.

Bilder oben: Gebäudedetails an der Westfront; Eingangsportal mit Pilastern; die Komposit-Kapitelle der Pilaster.

Bilder oben: Tambour, Kuppel und Laterne des Gebäudes.

Bilder oben: die Kuppel wurde erst 1966 aus Beton gefertigt.

Bilder oben: Blick vom Dach des Gebäudes auf den westlichen Vorplatz.

Bilder oben: die Innenwände des Gebäudes sind mit unterschiedlich farbigem Marmor verkleidet; unterhalb der Decke befindet sich eine Galerie, von der aus man den Innenraum überblicken kann.

Bilder oben: der Marmorboden ist kunstvoll gestaltet.

Bilder oben: Blick in die Kuppel.

Bilder oben: Blick von der Galerie in den Innenraum.

Bilder oben: Innenraum des Pantheons, vom Boden und von der Galerie aus gesehen.

Bilder oben: Blick vom Dach des Pantheons nach Westen (mit dem Kloster / der Kirche São Vicente de Fora); Blick nach Osten und Teil der Balustrade.

Bilder oben: vom Dach des Gebäudes hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und den Tejo.

Das portugiesische Nationalarchiv Torre de Tombo (1990)

Zwischen 1985 und 1990 entstand das auf dem Universitäts-Campus angesiedelte monumentale Gebäude für das portugiesische Nationalarchiv (Torre de Tombo), benannt nach dem Turm auf der Burg São Jorge, in welchem das Arviv im 14. Jahrhundert ursprünglich angelegt wurde. Für das Gebäude zeichnet das Architekturbüro Ateliers Associados (Arsénio Corduro und António Barreiros ) verantwortlich, die Gestaltung der Kalksteinfassade mit den gewaltigen Wasserspeiern übernahm José Aurélió.

Bilder oben: das portugiesische Nationalarchiv auf dem Campus der Universität. 

Das (heutige) Castelo de São Jorge (Burg St. Georg) – ein Fantasieprodukt

Das von fast jedem Punkt der Stadt aus sichtbare Castelo de São Jorge (Burg St. Georg) geht auf maurische Ursprünge zurück. Nach der Rückeroberung (Reconquista) Lissabons wurde die Anlage lange Zeit als Königsburg genutzt, später hatte sie auch militärische Funktionen inne. In einem Turm, dem Torre do Tombo, war die königliche Urkundensammlung untergebracht, sozusagen das Staatsarchiv. (Heute trägt ein 1991 fertiggestelltes  Gebäude des Nationalarchivs auf dem Universitätsgelände diesen Namen).

Beim Großen Erdbeben von 1755 wurde auch die Burganlage fast vollständig zerstört und nachher nicht wieder rekonstruiert. 

Ab 1938 wurde das mittlerweile von Gebäuden überbaute Areal unter Salazar völlig verändert: die Überbauungen wurden bis 1941 abgetragen und die „Fantasieanlage“ einer wehrhaften mittelalterlichen Burg als Symbol für die historische portugiesische Größe errichtet. Teil der Anlage sind Ruinen des Paço da Alcáçova (des ehemaligen Palastes der Zitadelle).

Von den Mauern der Burg kann man die Altstadt und den Tejo überblicken.

1990 wurde die Anlage grundlegend renoviert. Hier gibt es heute Gastronomie, Ausstellungen, einen Shop und vor allem Ausgrabungen aus phönizischer, römischer und maurischer Zeit. Und von den Mauern der Burg und dem vorgelagerten Garten Jardim do Castelo de São Jorge hat man einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und den Tejo.

Bild oben: Blick von der Burg über den Tejo nach Süden.

Bilder oben: mit der Anmutung einer maurischen Zitadelle thront die Burg São Jorge über der Altstadt.

Bilder oben: auf der Website www.visitportugal.com kann man zur Burg das Folgende lesen: „Die eigentliche Burg wurde im 10. und 11. Jahrhundert gegründet, als Lissabon eine wichtige arabische Hafenstadt war. 1147 eroberte Afonso Henriques, der erste König Portugals, die Burg und die Stadt von den Mauren zurück. Ihre bedeutendste Phase erlebte die Burg zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert empfing König Manuel I. Vasco da Gama nach seiner Rückkehr von der Seereise nach Indien auf der Burg, und hier wurde anlässlich der Geburt von König João III. auch das erste portugiesische Theaterstück aus der Feder von Gil Vicente aufgeführt.“

Portugal im und nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg verhielt sich Portugal zunächst weitgehend neutral, sympathisierte politisch einerseits mit Deutschland und Italien, hielt aber auch an den traditionell guten Beziehungen zu Großbritannien fest. Als die deutsche Niederlage absehbar war, gestattete Salazar den Alliierten die Errichtung von Stützpunkten auf den Azoren. Vor und während des Zweiten Weltkriegs war Lissabon auch Transit-Stadt für die vor den Nationalsozialisten fliehenden Juden, für verfolgte Intellektuelle, Künstler, Schriftsteller oder Politiker. 

Nach dem Krieg bleib Portugal europäisch weitgehend isoliert und verlor in den Jahren des „Wirtschaftswunders“ viele Menschen, die als „Gastarbeiter“ vor allem auch nach Deutschland auswanderten; auch die Einwohnerzahl Lissabons sank dadurch.

Nelkenrevolution, Portugal wird demokratisch und Mitglied der EU

Am 25. April beendete die so genannte (fast) unblutige „Nelken-Revolution“ die Diktatur und Portugal wurde demokratisch. Das Zeichen zum Umsturz kam nachts um 2:20 h über den Rundfunk mit dem Lied „Grândola, Vila Morena“. Die Revolution war zunächst ein Militärputsch und ging von der „Bewegung der Streitkräfte“ aus (Movimento das Forças Armadas, MFA), einer eher links gerichteten Vereinigung von Militärs; das Volk schloss sich den Aufständischen an. Regierungstreue Kräfte und Militärs konnten in Verhandlungen zur Aufgabe bewegt werden und am Nachmittag des 25. April trat auch Caetano zurück und verließ das Land. Die Führung der neuen Militärregierung übernahm General António de Spínola. 

Mit dem Datum der Revolution wurde (später) die Hängebrücke über den Tejo benannt, welche die nördlichen und die südlich des Tejo gelegenen Stadtteile miteinander verbindet. Der Name „Nelken-Revolution“ stammt daher, dass die Bevölkerung den aufständischen Soldaten als Zeichen der Gewaltlosigkeit und Solidarität Nelken in die Gewehrläufe steckten.

 

In den Ruinen der ehemaligen Klosterkirche des Convento do Carmo ist heute ein archäologisches Museum untergebracht. Am Tag der Nelkenrevolution versammelte sich eine große Menschenmenge auch auf dem Platz vor dem Kloster; ein Plakat erinnert zum 50. Jahrestag der Revolution an die historischen Ereignisse.

Drei Tage später, am 28. April kam Mário Soares aus dem französischen Exil nach Lissabon und übernahm die Führung der neu gegründeten Sozialistischen Partei sowie das Amt des Außenministers der provisorischen Regierung. Im Fernbahnhof S. Apolonia erinnert eine Messingtafel an seine Ankunft in Lissabon in diesem Bahnhof. Nach den ersten Wahlen zur Nationalversammlung 1976 wurde Soares Ministerpräsident.

Nach dem Ende des „Estado Novo“ wurden 1975 auch die Truppen aus den Kolonien zurückgezogen, welche unter Salazar die Unabhängigkeitsbewegungen (in Angola, in Mosambik) in den Kolonialkriegen 13 Jahre lang unterdrückt hatten. Der Widerstand gegen die in den Kolonien geführten Kolonialkriege war letztlich auch der Auslöser für die Bildung der „Bewegung der Streitkräfte“ und für den Umsturz am 25. April.

Zum Bild: Erinnerungsplakette im Bahnhof an Mário Soares; die Schrift lautet: „Vom Knebel zur Freiheit; nur wer den Kampf aufgibt, ist besiegt.“

Es setzte ein starker Zustrom von Menschen aus den ehemaligen Kolonialgebieten nach Portugal ein, was einen immensen Wohnungsbedarf zur Folge hatte. Die Kernstadt Lissabons wuchs durch diese Rückwanderung von 760 Tausend Einwohnern (1970) auf über 800 Tausend (1980). Die meisten Zuwanderer aus den Kolonien ließen sich aber in äußeren Bereichen der Metropolregion nieder; die nördliche Region wuchs im selben Zeitraum um etwa 480 Tausend Menschen, die südliche Region (Almada, Montijo) um etwa 85 Tausend. Während im Großraum Lissabon 1960 noch 1,8 Millionen Menschen lebten, waren es 1980 bereits 2,5 Millionen, heute sind es etwa 2,8 Millionen.

Seit 1986 ist Portugal auch Mitglied der Europäischen Union (bei der NATO gehörte Portugal zu den Gründungsmitgliedern) und seit 2002 ersetzt der Euro den früheren Escudo.

Städtebaulich erwachte Lissabon erst nach Beendigung des Salazar-Regimes aus einem Dornröschenschlaf; erst in den 1990er Jahren setzte eine wirkliche Modernisierung bzw. Erneuerung der Stadt ein, auch gefördert und finanziert von der Europäischen Union. 

Im Jahr 1988 zerstörte ein Großbrand im Chiado mehr als ein Dutzend Wohn- und Geschäftshäuser; der Wiederaufbau dauerte länger als nach dem großen Erdbeben von 1755; die architektonische Leitung bei der Rekonstruktion hatte Ciza Vieira. Zu seinen Plänen gehörte auch das Verbot des Autoverkehrs in bestimmten Straßen der Baixa und die Rückverwandlung von zuvor als Büro- und Geschäftsgebäude genutzten Häusern zu Wohnungen (um die Altstadt ganztägig zu beleben). Zur Expo 1998 waren die Baumaßnahmen abgeschlossen.

Die Weltausstellung Expo 98 und ihre städtebaulichen Auswirkungen

1994 war Lissabon Kulturhauptstadt Europas und einen kräftigen städtebaulichen Schub erhielt die Stadt durch die Austragung der Weltausstellung Expo 98 im Jahr 1998. Im Zuge der Vorbereitung auf diese Ausstellung wurde über den Tejo eine zweite große (Autobahn-)Brücke gebaut, die Ponte Vasco da Gama. Ein ehemaliges Hafen-, Lager- und Industriegebiet wurde in den Parque das Nações (Park der Nationen) verwandelt, mit einem großen Bahnhof (Lissabon Oriente, erbaut von Santiago Calatrava), dem Einkaufszentrum Vasco da Gama (Centro Comercial Vasco da Gama), dem größten Ozeanarium Europas, großen Ausstellungshallen, einem Aussichtsturm (dem Torre Vasco da Gama), einer Seilbahn (der Telecabine Lisboa) und vielen Wohngebäuden, darunter die beiden 110 Meter hohen und gleich gestalteten Wohntürme Torre São Rafael und Torre São Gabriel. Näheres zu den Gebäuden auf dem ehemaligen Expo-Gelände unter Lissabon – Neuere Architektur.

Bereits bei der Vorbereitung war an die spätere Nachnutzung der Gebäude und Infrastruktur gedacht worden. Die Expo-Ausstellungshallen sind jetzt Messehallen, der während der Expo als „Wissens-Pavillon“ genutzte Bau ist jetzt ein Wissenschaftsmuseum und der Aussichtsturm wurde in neuerer Zeit durch einen Hotelturm ergänzt. Kulturhauptstadt-Status und Expo haben beide den Tourismus entscheidend befördert. 

Bild oben: der Portugal-Pavillon (Pavilhão de Portugal) des Architekten Álvaro Siza Vieira und zwei Wohnhochhäuser im „Park der Nationen“.

Segen und Fluch des Tourismus

Florierender Tourismus war während der Zeit der Finanzkrise (2008-2010) wirtschaftlich ganz hilfreich; mittlerweile hat sich aus dem Segen aber ein Fluch entwickelt. Besonders kurzzeitig vermietete Touristenwohnungen verdrängen die angestammte Bevölkerung aus den Altstadtviertel Baixa und Alfama, wo jetzt mehr Touristen wohnen als angestammte Bewohner/innen. Durch den Tourismus haben sich die Wohnungsmieten im letzten Jahrzehnt verdoppelt, verdreifacht bis verzehnfacht, sodass sich die Ortsbevölkerung diese Kosten nicht mehr leisten kann und in die Vororte ausweicht. Durch verschiedene Programme versuchen Stadt und Staat gegenzusteuern, etwa durch die langfristige Anmietung von Touristenwohnungen und Vergabe als Sozialwohnungen, die stärkere Reglementierung von Anbietern wie Airbnb oder die steuerlich begünstigte Rückverwandlung von Tourismuswohnungen in reguläre Wohnungen.

Neuere städtebauliche Entwicklungen

Städte sind einem permanenten Wandel unterworfen; es wird abgerissen und neu gebaut, es wird erweitert und verdichtet, manchmal aber auch stillgelegt und verlassen. Spezielle städtische Entwicklungsprogramme oder auch einfach die Initiativen von städtischen Gruppen oder von Investoren wecken mitunter vernachlässigte, unbenutzte, heruntergekommene Viertel auch wieder aus ihrem Dornröschenschlaf. Ein Bereich, der in den letzten Jahren so vom verlassenen Industrie- und Lagerhausareal zu einem hippen und angesagten Viertel mutierte, ist das südliche, am Tejo-Ufer gelegene Marvila, östlich der Alfama und westlich des „Parks der Nationen“ gelegen.

Der Marvila Art District (MAD)

Das ehemalige Industriegebiet wird jetzt mitunter schon als das „Brooklyn Lissabons“ bezeichnet, reich gesegnet an Kunstgalerien, alternativen Design-Shops, Craft-Brauereien, Bars und Restaurants und zu Büroräumen konvertierten ehemaligen Produktions- und Lagergebäuden, in denen sich Start-ups angesiedelt haben.

Hier wurde in neuerer Zeit gleich schräg gegenüber vom Freizeit-, Kultur- und Handelszentrum „8 Marvila“ im ehemaligen Weinlagerhaus der Abel Pereira da Fonseca S.A.R.L. ein Kunst- und Kulturzentrum eröffnet, das sich vor allem die Förderung und Präsentation zeitgenössischer, portugiesisch-sprachiger afrikanischer Künstler und ihrer Werke zum Ziel gesetzt hat. Dieses als „Marvila Art District“ (MAD) bezeichnete Projekt ging aus einer Partnerschaft einer südafrikanischen Immobilien- und Investmentgesellschaft (Reward Properties) und der Kunstgalerie MOVART aus Angola hervor.

Die Partner hatten dazu das Ende des 19. Jahrhunderts als Hauptsitz des Weinhändlers José Domingos Barreiro erbaute Gebäude am David-Leandro-da-Silva-Platz in Marvila erworben und den sich über einen ganzen Block erstreckenden Gebäudekomplex zu Ausstellungs-, und Veranstaltungsräumen sowie Wohnungen für Künstler/innen umgebaut.

Mit einer großen Gruppenausstellung startete das alternative Kunst- und Kulturprojekt im Jahr 2021.

Zum Bild: Info-Tafel am Eingangsportal des Gebäudes.

Bild oben: der ehemalige Hauptsitz des Weinhändlers José Domingos Barreira in Marvila ist jetzt ein Kunst- und Kulturzentrum (Marvila Art District).

Bild oben: Jugendstilornamentik und -Figurenschmuck an der Fassade des Gebäudes.

Nach oben