Lissabon – Neuere Architektur
Neuere Architektur in Lissabon
Hier werden einige neuere Gebäude, Konversionsprojekte und Infrastruktureinrichtungen vorgestellt, beginnend bei den Bauten, welche für die Weltausstellung Expo 98 errichtet wurden.:
Der Park der Nationen (Parque das Nações), der frühere Expo-Park
Ein 340 Hektar großes ehemaliges Hafen- und Industrie-Areal (die Doca dos Nivais), nordöstlich der Lissabonner Altstadt und am westlichen Tejo-Ufer gelegen, wurde zur Ausrichtung der Weltausstellung 1998 (EXPO 98) vollständig neu gestaltet und bebaut; die früheren Industrieanlagen wurden abgerissen. Die Weltausstellung stand unter dem Motto „Die Ozeane – ein Erbe für die Zukunft“. Der Termin der Weltausstellung wurde nach dem 500. Jahrestag der Entdeckung des Zugangs nach Indien durch Vasco da Gama anberaumt.
Die Gesamtplanung oblag dem Portugiesen Manuel Salgado; von Beginn an plante er so, dass die für die Ausstellung errichteten Gebäude nach Ende der Ausstellung anderweitig genutzt werden konnten. Seit 2013 ist der Parque das Nações ein neuer Stadtteil mit über 5 Quadratkilometer Fläche und nahezu 30 Tausend Einwohnern; dem ehemaligen Expo-Gelände angegliedert wurden Teile der Gemeinde Santa Maria dos Olivais sowie Sacavém und Moscavide.
Die an der Weltausstellung teilnehmenden Länder sollten nach Salgados Planung keine eigenen Länderpavillons errichten; vielmehr wurden 4 riesige ähnlich aufgebaute Ausstellungshallen errichtet, in denen den Ländern Flächen zugewiesen wurden. Die damaligen Ausstellungshallen sind jetzt Bestandteil der Messe Lissabon.
Zur Expo 98 wurde auch die Vasco da Gama-Brücke neu gebaut; insgesamt haben die Vorbereitungen auf die Weltausstellung einen Bauboom ausgelöst und die Stadtentwicklung vorangetrieben: ein neuer, moderner Stadtteil ist entstanden mit zum Teil herausragender Architektur. Im Nachgang zur Weltausstellung haben sich auch viele Firmen mit ihren Büros hier niedergelassen und in neuerer Zeit sind auch viele Wohngebäude entstanden. Im Quartier gibt es gute Einkaufsmöglichkeiten, es gibt Restaurants, Hotels, ein Theater, Kinos und Veranstaltungsstätten, dazu das europaweit größte Ozeanarium und ein interaktives Wissenschaftsmuseum.
Bild oben: Teil des Expo-Geländes; vorn der Portugiesische Pavillon von Álvaro Siza Vieira, im Hintergrund die Zwillings-Wohntürme Torre de São Rafael und Torre de São Gabriel von Jão Almeida, Tiago Abecassis und Júlio Appleton.
Bilder oben: im Bereich des Parks der Nationen haben sich mittlerweile auch viele Firmen mit Büro- und Verwaltungsbauten niedergelassen, etwa aus dem Technologie- und Telekommunikationsbereich.
Bilder oben: im Park der Nationen ist auch der Justiz-Campus angesiedelt.
Bilder oben: auf dem Expo-Gelände wurden die Flaggen aller 145 Länder aufgestellt, die sich an der Weltausstellung beteiligten.
Kunst auf dem ehemaligen Ausstellungsgelände
Das gesamte Gelände ist auch ein Freilichtmuseum für allerlei moderne Kunst und große Bereiche werden von Parks und Wasserflächen eingenommen. Das zumindest geometrisch größte Kunstwerk ist der „Lince Ibérico“, eine riesige Luchsfigur, ganz zusammengebaut aus (Kunststoff)-Abfall. Der Künstler Artur Bardolo („Bardolo II) schuf diese Großskulptur und macht damit auf den Luchs als in Portugal gefährdete Art aufmerksam.
Bilder oben: Kunst auf dem Expo-Gelände: der aus Kunststoff-Abfall zusammengesetzte „Iberische Luchs“ und eine Giraffe vor dem Spiegel.
Der Torre Vasco da Gama
Direkt am Tejo-Ufer wurde zur Expo 98 ein Aussichtsturm in Form einer Stahlgitterkonstruktion errichtet, der Torre Vasco da Gama. Mit 145 Metern Höhe ist es das höchste Bauwerk Portugals. Architekten waren Leonor Janeiro (von Profabril) und Nick Jacobs vom US-amerikanischen Architekturbüro SOM (Skidmore, Owings & Merrill).
In den Jahren 2007-12 wurde die Turmkonstruktion, deren Form an das Segel einer Karavelle erinnern soll, um ein Hotelhochhaus ergänzt: das Hotel Myriad by Sana. Die Pläne für die Erweiterung zum Luxushotel mit 178 Zimmern auf 20 Etagen stammten vom portugiesischen Architekten Nuno Leónidas. Im zylindrischen Kopf des Gebäudes befindet sich ein Restaurant und eine Aussichtsplattform.
Bilder oben: der Torre Vasco da Gama im Ursprungszustand (erstes Bild) und nach dem Anbau des Hotels (zweites Bild).
Bilder oben: der Torre Vasco da Gama vor und nach Anbau des Hotelhochhauses.
Bilder oben: die Stahlgitterkonstruktion, die dem Turm das Aussehen eines aufgebähten Segels einer Karavelle verleiht; außen am Stahlbetonturm führt eine Fluchtwendeltreppe nach unten.
Bild oben. die baumbestandene Uferpromenade des Tejo und der Torre Vasco da Gama.
Bilder oben: Baudetails und Eingangsbereich des Turms / Hotels mit gläsernem Wind-/Witterungsschutz.
Bilder oben: das „Crystal Centre“, ein Tagungszentrum am Hotel „Myriad“, welches über eine gläserne Fußgängerbrücke mit dem Hotelturm verbunden ist.
Ein luftiges Verkehrsmittel – die Seilbahn Telecabine Lisboa
Bild oben: die Seilbahnlinie zieht sich über 1,2 Kilometer am Tejo-Ufer dahin.
Zwischen dem Vasco da Gama-Turm und dem Ozeanarium wurde für die Weltausstellung eine noch heute betriebene Seilbahn erbaut; die 1,2 Kilometer lange Strecke kann mit Hilfe der Seilbahn (Telecabine Lisboa) in wenigen Minuten zurückgelegt werden. Die Strecke ist zweispurig ausgelegt; insgesamt 40 Kabinen (die jeweils 8 Personen fassen) verkehren zwischen den Endpunkten.
Bilder oben: die Telecabine Lisboa vor dem Umbau des Torre Vasco da Gama zum Hotel.
Bilder oben: die Seilbahnverbindung im Park der Nationen; technische Details.
Der Pavilhão da Utopia
Weitere für die Weltausstellung errichtete Gebäude waren der vom Architekten Regino Cruz geplante Pavilhão da Utopia, eine riesige Multifunktionshalle; in der Nachnutzung wurde das Gebäude in Pavilhão Atlântico (heute: MEO Arena) umbenannt. Hier finden alle möglichen Großveranstaltungen statt, wie Konzerte oder Sportveranstaltungen. Der damalige Pavilhão do Futuro wird jetzt als Casino genutzt.
Bild oben: der vom Architekten Regino Cruz geplante Pavilhão da Utopia ist eine riesige Multifunktionshalle; in der Nachnutzung wurde das Gebäude in Pavilhão Atlântico (heute: MEO Arena) umbenannt. Hier finden Großveranstaltungen wie Konzerte oder Sport-Events statt. Im Hintergrund rechts der Torre Vasco da Gama mit dem angegliederten Hotel, vorn links der Portugiesische Pavillon.
Großbauten auf dem Gelände sind ferner der Bahnhof Oriente und das direkt benachbarte Vasco da Gama-Einkaufszentrum.
Estação do Oriente
Die Estação do Oriente bildet einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt für die Stadt; hier verkehren Fern- und Hochgeschwindigkeitszüge, aber auch die Regionalbahn und im Untergeschoss liegt die Metrostation für die Rote Linie der Lissabonner Metro (die 2008 bis zum Flughafen Humberto Delgado verlängert wurde). Das Gebäude wurde von Santiago Calatrava geplant und gebaut und trägt die typische Handschrift des Architekten. Besonderes Aufsehen erregten die Dachstützen der Bahnsteigüberdachung, die wie Palmen aufgefächert sind und das Glasdach tragen. Die Plattformen für die Züge befinden sich in 14 Metern Höhe und werden von einer brückenartigen Konstruktion aus fünf parallel verlaufenden Reihen von Zwillingsbogen aus Stahlbeton gestützt. Damit können die 8 Geleise von zwei Straßenzügen unterquert werden. Direkt neben dem Bahnhof befindet sich ein Bus-Terminal, an dem auch Fernbusse verkehren. Mit dem ehemaligen Eingangsgebäude der Expo 98, dem jetzigen Vasco da Gama-Einkaufszentrum ist die Bahnstation ebenerdig und im ersten Obergeschoss über Fußgängerbrücken direkt verbunden.
In der mehrstöckigen Querhalle der Bahnstation befinden sich Kioske, Ladengeschäfte, Büros und die Ticketschalter.
Die eigentliche Bahnhofshalle, welche die Bahnsteige überdacht, ist 240 x 70 Meter groß und besteht aus 60 weiß lackierten Stahlstützen, die sich nach oben hin wie Palmen fächerartig öffnen. Diese Baumstützen tragen das vielfach gefaltete Glasdach in 23 Metern Höhe. Die Stützen mit ihren Spitzbögen wirken wie ein gotisches Bauwerk.
Bild oben: die vom spanischen Architekten Santiago Calatrava erbaute Bahnstation Oriente (Ostbahnhof).
Bilder oben: Vorplatz am Bahnhof Oriente mit der Avenida Dom João II.
Bilder oben: die brückenartige Konstruktion, welche die Bahnsteige trägt.
Bilder oben: das von den Baumstützen getragene gefaltete Glasdach der Bahnsteighalle.
Bilder oben: Im Ostbahnhof, der Estação do Oriente verkehren Fernzüge, Hochgeschwindigkeitszüge und Regionalzüge.
Bilder oben: Spiegelung des Daches der Bahnsteighalle.
Das Centro Comercial Vasco da Gama (Vasco da Gama-Einkaufszentrum)
Das riesige Einkaufszentrum befindet sich gegenüber der Bahnstation Oriente und ist mit diesem über Fußgängerbrücken direkt verbunden. Außer ca. 170 Läden sind in dem 4 Etagen umfassenden Gebäude auch mehrere Kinos untergebracht.
Bild oben: im riesigen Einkaufszentrum Vasco da Gama.
Bilder oben: von der Bahnstation Oriente führen Brücken im ersten Obergeschoss ins benachbarte Einkaufszentrum.
Bilder oben: das Centro Comercial da Vasco da Gama bietet Ladengeschäfte und Gastronomieeinrichtungen auf vier Stockwerken.
Bild oben: vom Einkaufszentrum kann man durch die Glasfassade zur Bahnstation Oriente hinüberschauen.
Bilder oben: Kommerz auf mehreren Etagen.
Bilder oben: Fußbodenmosaike im Centro Comercial da Vasco da Gama.
Appartementhochhäuser St. Rafael und St. Gabriel und weitere Wohnbauten
Etwas südlich von Bahnhof und Einkaufszentrum ragen in der Nähe eines großen Wasserbeckens, dessen Rand von den Flaggen der 145 Teilnehmerstaaten an der Expo98 gesäumt wird, zwei 110 Meter hohe Wohnhochhäuser in den Himmel: der Torre de São Rafael und der Torre de São Gabriel; die beiden Wohngebäude wurden nach den beiden Schiffen benannt, welche Vasco da Gama bei seiner Indienfahrt nutzte. Architekten waren Jão Almeida, Tiago Abecassis und Júlio Appleton.
Bilder oben: mittlerweile leben im neuen Stadtteil Parque das Nações an die 30 Tausend Menschen; zu den ersten hier errichteten Wohngebäuden zählen die Zwillingshochhäuser St. Rafael und St. Gabriel mit ihren an Segel erinnernden Dachaufbauten.
Bilder oben: Wohnbebauung im Park der Nationen.
Das Oceanário de Lisboa
Zu den spektakulären Neubauten für die Expo 98 gehört das riesige Ozeanarium (Oceanário de Lisboa), das 1996 in den Tejo hineingebaut wurde. Hier sind in 5 Millionen Liter Meerwasser etwa 400 verschiedene Arten zuhause. Architekten des Gebäudes waren das Büro Cambridge Seven Associates unter der Leitung von Peter Chermayeff. Mit dem Ozeanarium hat sich auch das Motto der Weltausstellung „Die Ozeane – ein Erbe für die Zukunft“ materialisiert.
2011 wurde das Ozeanarium erweitert; im Neubau gibt es außer dem Eingangsbereich für die Besucher/innen einen Schulungsraum und auch ein Restaurant ist hier untergebracht.
Bilder oben: das Ozeanarium; Gebäudedetails: Abspannungen der Glasvordächer, Fußgängerbrücke vom Eingangsgebäude zum Ozeanarium und Azulejo-Muster, welches vom Architekten Chermayeff gestaltet wurde.
Bilder oben: Blick in das große Becken des Ozeanariums.
Das Wissenschaftsmuseum „Pavilhão do Conhecimento – Ciência Viva“
Während der Weltausstellung Expo 98 in Lissabon, die der Bedeutung der Ozeane für die Zukunft der Menschheit gewidmet war, wurden im „Pavilhão do Conhecimento dos Mares“, dem „Pavillon des Wissens über die Meere“, grundlegende Informationen zu den Ozeanen vermittelt; unter anderem ging es auch um die Seefahrt und im Gebäude war ein echtes Schiff ausgestellt.
Das mit dem Großen Preis des portugiesischen Architekturverbandes ausgezeichnete Gebäude wurde vom Architekten João Luís Carrilho da Graça entworfen und gebaut.
Nach Ende der Ausstellung im Oktober 1998 wurde der „Pavillon des Wissens“ zum interaktiven Wissenschaftsmuseum „Pavilhão do Conhecimento – Ciência Viva“ (Wissenspavillon – lebendige Wissenschaft“) umgestaltet. Mehr als 300 interaktive Experimente warten auf die (jugendlichen) Besucher/innen. Das Haus gehört zu den am stärksten besuchten Museen des Landes.
Bilder oben: das Museumsgebäude besteht aus einem vertikalen und einem horizontal ausgerichteten Baukörper; vor dem Gebäude wurden zur Expo 98 Wasserspiele und ein großes Keramik-Mosaik installiert.
Bilder oben: der horizontale Baukörper „schwebt“ auf Stützen.
Bilder oben: Eingangsbereich des Wissenschaftsmuseum mit einem Modul der Internationalen Raumstation, das von Besuchern/innen erforscht werden kann.
Die Messe Lissabon (Feira International de Lisboa; FIL)
Die Internationale Messe Lissabon hat die Ausstellungshallen übernommen, in denen während der Expo98 die teilnehmenden Ländern ihre zugewiesenen Ausstellungsbereiche hatten.
Bilder oben: das Eingangsgebäude zu den Messehallen.
Bilder oben: dass die Dachlandschaft der Ausstellungshallen an Wellen auf dem Meer erinnert, ist kein Zufall, sondern sicher dem Motto der Expo 98 geschuldet. „Die Ozeane – ein Erbe für die Zukunft“.
Das Técnico Innovation Center (TIC)
Bild oben: das Técnico Innovation Center in Lissabon ist Teil der Technischen Hochschule; es bietet den Studierenden Lernräume und dient der Präsentation der Arbeiten der Hochschule für die Öffentlichkeit.
Direkt neben dem Parkgelände Jardim do Arco do Cego befand sich der Bahnhof Gare do Arco do Cego, ein ehemaliges Straßenbahn-Depot für die Lissabonner Nahverkehrsgesellschaft Carris, das bis 1996 benutzt und danach zum Busabstellplatz umgewidmet wurde. Dieses Gebäude wurde jetzt umgebaut zu einem offenen Lernraum für Studierende mit einem großen Ausstellungsraum, Veranstaltungssälen und einer Cafeteria mit Außenterrasse. Die Umbauarbeiten dauerten von 2021 bis 2023. Ausgeführt wurden die Planungs- und Bauleitaufgaben von António Barreiros Faria, Daniel Rego, Diogo Pires, Diana Tomás und Lúcia Sebastião vom Architekturbüro TPS – Teixeira, Pinto & Soares, SA.
Aurora Velez schrieb am 1.4.2024 auf der Online-Plattform von Euronews (https://de.euronews.com/) zu dem Innovationsprojekt das Folgende:
„Das Técnico Innovation Center hat ein Investitionsvolumen von 12 Millionen Euro und wurde unter anderem vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des operationellen Regionalprogramms Lissabon (Lisboa 2020) finanziert. Aus einem alten Bahnhof wurde ein Zentrum für Wissen und Wissenschaft: Das technische Innovationszentrum (Técnico Innovation Center, TIC) von Lissabon bringt Wissenschaft, Wirtschaft und Bürger zusammen. Nach einer Renovierung steht das Gebäude nun der Gesellschaft offen.
‚Wir haben das Gebäude umgestaltet, es saniert, versucht, sein Erscheinungsbild zu erhalten und neue Materialien mit effizienteren bioklimatischen Technologien verwendet‘, erzählt Miguel Amado, Ordentlicher Professor an der Fakultät für Bauingenieurwesen, Architektur und Umwelt am Instituto Superior Tecnico, Universität von Lissabon.
Ein Architekten-Team hat den alten Bahnhof ‚Arco do Cego‘, erbaut 1904, umgebaut und mit einem neuen, innovativen Design versehen. (…)
Schaufenster des Wissens
Der Campus Alameda der Universität Lissabon wird mit diesem Gebäude um 5.000 Quadratmeter erweitert. Der Mehrzwecksaal für Veranstaltungen und die große Ausstellungshalle werden die Arbeit der 23 Zentren der Technischen Universität der Öffentlichkeit näherbringen. (…)
Konzeption des Studienbereichs
Sofia Ferreira war an der Konzeption dieses Studienbereichs beteiligt. (…) Die Architektur-Studentin erklärt: ‚Es gibt zwei verschiedene Bereiche, einen, in dem Gruppen von Studenten gemeinsam und auch einzeln lernen können, mit Tischen für mehrere Personen, und dann einen Chillout- oder Lounge-Bereich, in dem man bequemer lernen kann.‘ „
Bilder oben: ehemaliger Bahnhof wird Innovationszentrum.
Bilder oben: Blick in die große Ausstellungshalle; die Lernräume sind im Obergeschoss untergebracht.
Die LX Factory – ein erfolgreiches Konversionsprojekt
Reduce, reuse, recycle! So lautet das Credo moderner, nachhaltiger Architektur; d.h.: versuche so wenig wie möglich Materialien und Energie einzusetzen, gib bestehenden Gebäuden eine neue Nutzung, verwende bereits eingesetztes Material wieder.
Im Falle der LX Factory wurde bestehenden Gebäuden eine neue Nutzung gegeben – ein Konversions-Projekt also.
1838 wurde das Spinnerei- und Textilunternehmen Companhia de Fiação e Tecidos Lisbonense gegründet, für welches zwischen 1846 und 1855 im Lissabonner Stadtteil Alcântara mehrere Fabrikationsgebäude errichtet wurden; 1890 wurde das Areal um einen weiteren großen Block erweitert. Die Textilfabrik gehörte seinerzeit zu den größten in ganz Portugal.
Nach der portugiesischen Republikgründung 1910 geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten und stellte den Betrieb schließlich ein. In die Gebäude zog ab 1940 die Druckerei Empreza Typographica do Annuario Comercial S.A.R.L ein, welche das Handelsjahrbuch druckte. Als auch diese aufgegeben wurde, standen die Gebäude jahrzehntelang leer.
Im Jahr 2008 erwarb dann die Immobilienfirma Mainsite das Industrieareal. Ab 2012 entstand in den ehemaligen Fabrikbauten ein Kreativ- und Erlebniszentrum, in dem sich Startups, Werbeagenturen, Modeateliers, Kunstgalerien, Restaurants, Bars, Cafés und alternative Ladengeschäfte niederließen und das triste verlassene Industrieareal in eine angesagte und hippe Location verwandelten. Die Gebäude haben dabei weitgehend ihren Industriecharme behalten und auch die gepflasterten Wege und Straßen wurden nicht verändert. Viele Fassaden ziert nun aber Streetart und Graffiti.
In das Gebäude, in welchem für die Typographische Anstalt die große Druckmaschine stand (und auch weiterhin steht), ist die Livraria Ler Devagar eingezogen, der wohl ungewöhnlichste Buchladen in Lissabon mit einem hauseigenen Café.
Bilder oben: auf dem Gelände der LX Factory im Lissabonner Stadtteil Alcântara; über das Areal führt die Vorlandbrücke der Ponte 25 de Abril hinweg.
Bilder oben: das Äußere der Gebäude wurde kaum verändert; es gibt aber viele Murals und Graffiti an den Fassaden.
Bilder oben: im Buchladen „Ler Devagar“ (zu deutsch: „Lies langsam!“) wurde die alte Druckmaschine im Raum belassen.
Bilder oben: das „fliegende Fahrrad“ in der Livraria Ler Devagar.
Bilder oben: der StreetArt-Künstler Pariz One gestaltete die komplette Giebelfassade eines der Gebäude mit seinem Werk „Hör auf Deine Seele“.
Bilder oben: In unmittelbarer Nachbarschaft der LX Factory sind in neuester Zeit (2023) vom Architekturbüro Saraiva e Associados zwei achtstöckige Bürobauten errichtet worden („ALLO Alcântara“).
Prata Riverside Village (2024/25)
Auf einem ehemaligen Hafen-/Industriegebiet Braço de Prata, das zwischen der Alfama und dem Park der Nationen liegt, entsteht in Prata / Marvila das „Prata Riverside Village“, ein von Renzo Piano (Renzo Piano Building Workshop, RPBW) geplantes Wohnbauprojekt mit einem Design-Team bestehend aus G. Grandi, D. Magnano, P. Pelanda und D. Vespier. Auftraggeber ist eine Immobilienfonds-Gesellschaft.
Es werden 27 Gebäude neu gebaut mit gut ausgestatteten / luxuriösen Wohnungen und hohen Energiestandards. Das Straßen- bzw. Grundstücksraster, auf dem die Gebäude errichtet werden, folgt der ursprünglichen dichten Anordnung der ehemaligen Industrieanlagen.
Im Erdgeschoss der Gebäude und um einen zentralen Quartiersplatz herum entstehen Einzelhandelsgeschäfte, Gastronomiebetriebe, Dienstleistungseinrichtungen und Büros. Die Innenhöfe der Blöcke sind begrünt und alle Wohnungen sollen einen Blick auf den nahe gelegenen Tejo bieten. Die Fassaden sind mit Keramikelementen verkleidet, ein Anklang an die traditionellen portugiesischen Azulejos. Das Problem, in Zentrumsnähe Lissabons bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, löst das Projekt allerdings nicht.
Bilder oben: Quartiersplatz und Erschließungsstraßen im neuen Wohnquartier.
Bilder oben: Baudetails: Loggien, Balkone, Außenaufzüge, Innenhöfe.
Bilder oben: Keramikplatten bilden die Fassadenverkleidung.
Bilder oben: hier hat wohl die Bauleitung ihr Büro.