Marseille

Bild oben: Blick von der Kathedrale Notre Dame de la Garde auf den alten und den neuen Hafen von Marseille.

Marseille Stadtentwicklungsgeschichte

Nach aktueller Schätzung hat Marseille ca. 870 Tausend Einwohner und ist damit nach Paris die zweitgrößte Stadt Frankreichs. Seit ihrer Gründung ist Marseille vor allem eine Hafenstadt am Mittelmeer mit allen damit verbundenen Vorzügen und Nachteilen. Marseille ist eine Stadt der Ankunft und eine Stadt des Abschieds; wenn man weit genug in die Geschichte zurückgreift, kommt man zu der Einschätzung, dass sie vor allem eine Stadt der Einwanderer ist. Sie ist aber auch eine Stadt des Transits, der Flucht und der Emigration (besonders während des Zweiten Weltkriegs).

Bezüglich ihrer Entstehung wird oft eine Legende kolportiert; als gesichert angenommen werden darf aber wohl, dass griechische seefahrende Händler aus Kleinasien (heute Anatolien), genauer: aus der Stadt Phokäa (heute Foca) hier schon im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung eine Siedlung (mit dem Namen Massalia) angelegt haben. Der Ort war gut gewählt, denn an der sonst teilweise recht zerklüfteten und unzugänglichen Felsküste bildet das Terrain hier einen natürlichen geschützten Hafen; landeinwärts war die neu angelegte Siedlung durch einen Ring aus Bergen abgeschirmt.

Nach längerer Selbständigkeit trotz römischer Herrschaft im Umland eroberten 49 v. C. die Truppen von Julius Cäsar die Stadt, wodurch der griechische Einfluss dem römischen wich. Die Römer bauten den Hafen und die Befestigungsanlagen der Stadt aus. Nach dem Untergang des römischen Weltreiches stand die Stadt unter wechselnder Herrschaft der West- und Ostgoten sowie der Franken; die wechselvolle Stadtgeschichte kannte Zeiten der Zerstörung und des Wiederaufbaus.

Zu den ältesten Gebäuden der Stadt gehört die Abtei St. Victor, die bereits im 5. Jahrhundert gegründet wurde; in der heutigen Bausubstanz findet man noch romanische Elemente.

Ab 1481 ist Marseille Bestandteil Frankreichs. Die Pest wurde vermutlich über die Hafenstadt Marseille nach Europa eingeschleppt; die letzte Epidemie brach 1720/21 aus.

Bilder oben: die Abtei St. Victor wurde im 5. Jahrhundert gegründet und war im Mittelalter auch Sitz des Bischofs von Marseille. Die Anlage hat eine wechselvolle Geschichte von Zerstörung, Raub und Wiederaufbau hinter sich und besteht daher aus Gebäudeteilen unterschiedlicher Entstehungszeit und unterschiedlichen Baustils, etwa ist die Kirche gekennzeichnet durch romanische und gotische Elemente.

Chateau d’If – eine Befestigungsanlage auf der  Insel Île d’If

Anfang des 16. Jahrhunderts, zwischen 1524 und 1531, wurde auf der dem Hafen Marseilles vorgelagerten Insel Île d’If eine Festung zur Verteidigung der Stadt errichtet. Bereits Ende des Jahrhunderts und bis in das 19. Jahrhundert hinein wurden Teile der Gebäude auch als Gefängnis, insbesondere für eher politische Häftlinge, genutzt. Im Roman „Der Graf von Monte Christo“ von Alexandre Dumas spielt ein Teil der Handlung auf der Insel und in der Festungsanlage, wodurch das Chateau d’If große internationale Bekanntheit erlangte.

Bilder oben: das Chateau d’f auf der Insel Insel Île d’If; Blick von der Basilika Notre Dame de la Garde aus.

Bilder oben: das Chateau d’f auf der Insel Insel Île d’If vom Wasser aus gesehen.

Bild oben: das Fort Saint-Jean vom Palais du Pharo bzw. dem Parc Émile Duclaux aus gesehen; links im Bild das MuCEM und (dahinter) die Kathedrale La Major.

Bilder oben: das Fort Saint-Jean wurde im 17. Jahrhundert unter Ludwig XIV. am Eingang zum Vieux Port erbaut. Bei der Errichtung des neuen Museums (MuCEM) 2013 wurde das Fort über Fußgängerstege mit dem Museum verbunden und in den Besuchsparcour einbezogen.

Stadtentwicklung Marseilles im 17. bis 19. Jahrhundert

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts (ab 1660) wurde die Stadt unter Jean-Babtiste Colbert, der unter König Ludwig XIV. Finanziminster war, erweitert; dabei wurden die Boulevards Cours Belsunce und Cours Saint-Louis angelegt. Auch die Canebière genannte Straße, welche zum Vieux Port führt, wurde im 17. Jahrhundert geschaffen. Der Bau des Fort Saint-Jean fällt ebenfalls in diese Zeit.

Über die Rolle Marseilles im Rahmen der Französischen Revolution und zum Charakter der Bürger von Marseille schreibt Wikipedia (Artikel „Marseille“):

„Die Bevölkerung von Marseille war seit jeher stolz und unabhängig und im ganzen Land dafür bekannt, sich gerne gegen die Obrigkeit und den König aufzulehnen. So schickte die Stadt im Jahr 1792 fünf Hundert freiwillige Kämpfer, um die neue Regierung während der Französischen Revolution zu unterstützen. Das von den Kämpfern aus Marseille in den Straßen von Paris gesungene Lied wurde als die Marseillaise bekannt. Am 14. Juli 1795 wurde die Marseillaise zur französischen Nationalhymne erklärt.“

Durch die kolonialen Aktivitäten Frankreichs in Nordafrika und Indochina (Vietnam, Laos, Kambodscha) gewann der Hafen von Marseille wachsende Bedeutung als Drehscheibe für Menschen und Waren (welche durch die Eröffnung des Suezkanals 1867 nochmals gesteigert wurde). Jetzt wurde der Vieux Port auch zu klein und so wurde nördlich davon der Hafen La Joliette angelegt (Inbetriebnahme 1853). Der neue Hafen war vor allem ein Industriehafen, in dem besonders Rohstoffe umgeschlagen wurden, welche die sich ebenfalls in Hafennähe ansiedelnde Industrie verarbeitete (Seifenindustrie, Stahlwerke, Ziegeleien, …).

Jetzt versuchten große Banken und Finanziers Einfluss auf die Stadtentwicklung zu nehmen; mit Unterstützung durch Georges-Eugène Baron Haussmann entwarfen sie 1858 einen Plan für eine umfassende Neugestaltung der Altstadt um den Vieux Port; dem dazu notwendigen großflächigen Abriss widersetzten sich aber Stadtrat und Bewohner.

Letztlich wurde mit der Rue de la République (1862-1864) nach Pariser Vorbild nur ein einziger Prachtboulevard als Schneise in die bisherige Bebauung geschlagen; sie verbindet den neuen Hafen La Joliette mit dem Vieux Port.

Unter Napoleon III. wurden außerdem etliche repräsentative Bauten in der Stadt errichtet, so die im neoromanisch-byzantinischen Stil von Léon Vaudoyer gestaltete Kathedrale de la Major am Hafen (1852 – 1896), 1861 wurde das Gebäude für die Präfektur erbaut, 1862 das Palais Longschamp durch Espérandieu.

Auch der Bau der Börse im neoklasszistischen Stil durch Pascal Coste fällt in diese Zeit. Ab 1858 wurde auch am Palast Palais du Pharo gebaut, den Napoleon III. für seine Frau errichten ließ. Die Basilika Notre Dame de la Garde, die mit ihrer vergoldeten Madonnenfigur über der Stadt thront, wurde im romano-byzantinischen Stil 1864 von Pinchaud erbaut.

Gebäude entlang der Rue de la République.

Bilder oben: ein Boulevard à la Haussmann: Rue de la République im klassizistischen Stil.

Bilder oben: Wohngebäude  an der Rue de la République mit aufwändig gestalteten Fassaden; Gliederung durch Pilaster, Balkone mit (floral) dekorierten Konsolen, Fenster mit Dreiecksgiebel- oder Segmentgiebel-Verdachung und Gesimsen.

Das Gebäude der Präfektur des Départements  Bouches-du-Rhône befindet sich am Boulevard Paul Peytral; es wurde etwa zur selben Zeit gebaut (1861) wie das Palais Longchamp.

20. Jahrhundert / Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg

Im zweiten Weltkrieg lag Marseille zunächst in der von deutschen Truppen unbesetzten Zone und unter Verwaltung durch die Vichy-Regierung. Tausende von Emigranten versuchten ab etwa 1940 über Marseille Europa zu verlassen, wie es in dem Roman „Transit“ von Anna Seghers beschrieben wird. Zwischen 1942 und 1944 war die Stadt dann aber doch von der deutschen Wehrmacht besetzt; der Hafen und vorgelagerte Inseln wurden mit Verteidigungsanlagen gegen die West-Alliierten ausgebaut.

Das Gebiet um den alten Hafen (Vieux Port) hatte schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht den besten Ruf; so schreibt Günter Liehr in dem Buch „Marseille – Portrait einer widerspenstigen Stadt“ (Rotpunktverlag Zürich, 2013): „Es war ein Viertel, wie es typisch ist für mediterrane Städte, verwinkelt, dicht und hoch bebaut, zweifellos auch einigermaßen schmuddelig, ein Stadtteil, in dem Ortsfremde leicht die Orientierung verlieren konnten.“ (S. 185). Und weiter (S. 186): „Schon in der Ära der Dritten Republik waren Urbanisten mit dem Vorhaben einer Radikalsanierung auf den Plan getreten. Wenn Marseille allgemein aus Pariser Sicht gern als korrupt, gewalttätig und schmutzig denunziert wurde, verdichteten sich die Negativstereotypen besonders bei der Beschreibung des alten Quartiers. Für die populäre Presse der 30er-Jahre waren sie das Reich des hergelaufenen Gesindels, der Kriminellen und der Prostitution.“

Nach Liehr (siehe dort) gab es ab 1931 von Paris aus Planungen von Stadtplanern und Architekten zu einer „Herrichtung, Verschönerung und Ausdehnung“ des Gebietes. Der Pariser Architekt Gréber plante die Umsiedlung der Bewohner des alten Viertels in die städtischen Randgebiete und den Abriss der Umgebung des Rathauses. Weitergehende Vorschläge sahen den kompletten Abriss und Neubau des alten Viertels vor. Diese Planungen wurden aber nicht umgesetzt; erst 1941 griff die Vichy-Regierung (deren Chefarchitekt Eugène Beaudoin) diese Vorhaben wieder auf. Liehr schreibt dazu in seinem Buch (s.o.): „In den wesentlichen Orientierungen – Schaffung eines neuen, die Stadt durchschneidenden Straßennetzes, Abriss eines größeren Teils der Altstadt – folgte Beaudoin dem Vorgänger Gréber, (…)“

Als sich 1942 in Marseille Anschläge von Widerstandskämpfern auf Einrichtungen der deutschen Besatzer häuften, plante Himmler die „Säuberung“ Marseilles und die Sprengung des gesamten Hafenviertels. Dazu gab es Absprachen zwischen der deutschen Polizeiführung und derer der Vichy-Regierung sowie dem Präfekten von Marseille (Liehr, ebd.). Nach Razzien, Verhaftungen und Deportationen wurde das Viertel schließlich Ende Januar 1942 evakuiert und weite Teile der Altstadt um das Rathaus Anfang Februar 1943 von der Wehrmacht gesprengt. Erhalten blieben einige wenige vorher ausgewählte Gebäude: das Rathaus, das Maison diamantée, die Kirche Saint Laurent und die erste Häuserzeile direkt am Kai. Eineinhalb Tausend Gebäude auf einer Fläche von 14 Hektar waren zerstört. Die verschonte Häuserzeile direkt am Hafenbecken wurde schließlich nach Kriegsende im Rahmen der Planungen für den Wiederaufbau abgerissen (s. Liehr, ebd.).

Weitere Schäden in der Stadt gab es bei einem Angriff amerikanischer Bomber auf von der deutschen Wehrmacht geschaffene Verteidigungsanlagen nach der Landung der Alliierten in der Normandie im August 1944 und durch die Zerstörung der Hafenanlagen durch die deutsche Kriegsmarine; dabei wurde auch das damalige Wahrzeichen der Stadt, die schwebende Fähre über das Hafenbecken (Pont Transbordeur) weitgehend demoliert.

Bild oben: ein bisschen fühlt man sich beim Anblick der nördlichen Uferpromenade entlang des Vieux Port an Le Havre erinnert, deren Altstadt von Auguste Perret in buntem Beton neu geschaffen wurde. In Marseille erhielten 1948 Ferdinand Pouillon und André Devin den Auftrag zur Neugestaltung des Gebietes um den Vieux Port. Perret war zu dieser Zeit Vorsitzender eines Beratergremiums (Comité d‘ Architecture) im Ministerium für Wiederaufbau und Urbanisation in Paris. Ab 1952 entsteht nach den Plänen von Ferdinand Pouillon und André Devin auch diese Gebäudefront aus fünf separaten Wohnblocks direkt entlang des Hafenbeckens.

Bilder oben: der alte und der neue Hafen, von der Kirche Notre Dame de la Garde aus gesehen und Blick vom Palais du Pharo aus auf den alten Hafen.

Wiederaufbau der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg

In seinem Buch „Marseille – Portrait einer widerspenstigen Stadt“ (Rotpunktverlag Zürich, 2013) schreibt der Autor Günter Liehr (S. 221): „Der Wiederaufbau zerstörter Städte, eines der drängenden Probleme nach dem Krieg, wurde in Frankreich als zentrale Staatsangelegenheit behandelt. Zuständig war das Ministerium für Wiederaufbau und Urbanismus, (…)“

Für die Neugestaltung des zerstörten Hafenviertels wurde ein nationaler Wettbewerb ausgeschrieben; darin hieß es (Liehr, S. 221): „Der Alte Hafen mit seinem typisch mediterranen Rahmen, gepägt von der langen Geschichte, bleibt der ‚vibrierende Kern‘ von Marseille. Er muss die Grandiosität verkörpern, die wir der Stadt geben wollen. Es geht also darum, für Marseille ein großes Werk zu schaffen […], das der Stadt endgültig den Titel >Kapitale des Mittelmeeres< sichert.“

Erste Planungen von Roger-Henri Expert und seinem Nachfolger André Leconte stoßen bei der Stadtverwaltung auf Kritik bzw. Ablehnung, der Bürgermeisterposten der Stadt muss mehrfach neu besetzt werden und so erhalten schließlich erst 1948 Ferdinand Pouillon und André Devin mit Unterstützung des Wieder-Erbauers von Le Havre, Auguste Perret, den Auftrag zur Neugestaltung des Gebietes um den Vieux Port. Perret war damals Vorsitzender eines Beratergremiums (Comité d‘ Architecture) im Bauministerium in Paris.

Ab 1952 entsteht nach diesen Plänen auch die Gebäudefront nördlich des Alten Hafens; anstatt eines einzigen oder zweier langer Gebäudeblocks (wie zunächst geplant war) wurden fünf separate Wohnblocks errichtet, deren Fassaden mit industriell gefertigten Elementen aus ocker-farbenem Naturstein verkleidet wurden; die Gebäude haben alle dieselbe Bauhöhe, die gleiche Fassadengestaltung und sind mit Loggien, Balkonen und im Erdgeschoss zum Hafenbecken hin mit Arkaden ausgestattet; anders wie bei Auguste Perrets Wohngebäude beim Wiederaufbau von Le Havre tragen die Blocks keine Flachdächer sondern ziegelgedeckte, flach geneigte Satteldächer.

Zwischen 1947 und 1952 entsteht in Marseilles im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus die erste Unité d’Habitation von Le Corbusier; ihr gegenüber wird 1965 das Wohn-Hochhaus „Brasilia“ fertiggestellt, welches in seiner Formensprache viele Anleihen bei Le Corbusiers Gebäude macht.

Neu entstanden: der alte Hafen

Auf der Website www.baunetz.de kann man in einer Ankündigung von 2012 zum Umbau des Vieaux Port zum „Kulturhauptstadt-Jahr“ von Marseille in 2013 Folgendes lesen:

„Der alte Hafen in Marseille ist nach wie vor das kulturelle Herzstück der Stadt und bildet mit seinen denkmalgeschützten Bootwerkshallen auch das touristische Wahrzeichen der Mittelmeermetropole. Nun wird das Hafengebiet nach einem Masterplan von Foster + Partners (London) und des französischen Landschaftsarchitekten Michel Desvigne neu gestaltet.

Das Konzept sieht vor, die Hafenkais verkehrstechnisch neu zu ordnen: Der Bereich für Fußgänger soll verbreitert, die Uferstraße verschmälert und zurückgesetzt werden. Einige Bootshäuser werden abgerissen und durch Terrassen und Restaurants und Bars, die über die Hafenkante aufs Wasser hinausragen, ersetzt. Auch der Platzbelag wird erneuert: Hier ersetzt heller, wesentlich langlebigerer Granit die ursprünglichen, weichen Kalksteinplatten.“

Bilder oben:der alte Hafen (Vieaux Port) mit der Häuserzeile an der südlichen  Seite des Hafenbeckens. Im Hintergrund ist die Basilika Notre Dame de la Garde zu sehen.

Bilder oben: maritime Stimmung am alten Hafen; heutzutage wird dieser Hafenbereich nur noch von Freizeitkapitänen und den Ausflugsbooten angesteuert.

Bilder oben: der Vieaux Port und sein komplettes Umfeld wurden anlässlich des Jahres 2013, als Marseille Kulturhauptstadt Europas war, vom britischen Architekten Norman Foster neu gestaltet; jetzt lädt eine breite und nachts gut ausgeleuchtete Promenade zum Spazierengehen, Bummeln und Schauen.

Bild oben: der Vieux Port von Notre Dame de la Garde aus gesehen: am nördlichen Kai reihen sich die von Ferdinand Pouillon und André Devin nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Wohnblocks; das historische Rathaus blieb erhalten; dahinter ragt das ehemaligen Krankenhaus Hôtel Dieu auf und im Hintergrund zeigen sich die Hochhausbauten von Zaha Hadid für die Reederei CGM CMA (links) und der Büroturm „Marseillaise“ von Jean Nouvel.

Bilder oben: der alte Hafen von oben gesehen.

Bilder oben: am östlichen Ende des Hafenbeckens verläuft die Straße Quai des Belges; hier beginnt auch die Canebière.

Bilder oben: Rathaus und Hotel Dieu (heute ein Hotel); weitere Bilder: das Fort St. Jean und die Kirche Saint Laurent.

Bilder oben: am Westende des Hafenbeckens haben die Planer von Norman Foster + Partners einen neuen Besuchermagneten errichtet; die narzistische Selbstbespiegelung, die sonst mit dem Smartphone stattfindet, dringt hier in urbane Weiten vor… Der „Pavillon“ ist eine Flachdachkonstruktion, die auf nur 8 Stützen ruht; die Unterseite besteht aus hochpoliertem Edelstahl, der als Oberflächenspiegel wirkt und nicht nur die darunter Stehenden, sondern auch das Hafenbecken, die Kais und die umgebende Bebauung reflektiert. Das Dach misst 46 Meter in der Länge und 22 Meter in der Breite.

Bilder oben: Zitat von der Website www.baunetz.de: zum Umbau des Bereiches um den Vieux Port durch Norman Foster + Partners anlässlich des Jahres 2013, als Marseille Kulturhauptstadt Europas war: „Auf dem Quai des Belges, einem oval angelegten Platz zwischen dem Hafen und der Stadt, der das östliche Ende des Hafengebiets bildet, wird ein fragil wirkender Pavillon errichtet. Offen nach allen Seiten, sollen lediglich das 46 mal 22 Meter große Dach sowie die feingliedrigen Stützen die Konstruktion bilden. Die verspiegelte Unterseite der Dachkonstruktion wird die umliegenden Hafenkanten und Wasserflächen reflektieren und so noch weniger als eigenständiges Bauelement in Erscheinung treten.“

Bilder oben: der alte Hafen aus verschiedenen Perspektiven: vom Fort St. Jean aus gesehen, vom Vorplatz der Abtei St. Victor aus, vom Palais du Pharo aus und Blick vom Ausflugsboot im Hafen selbst.

Bild oben: Blick vom Palais du Pharo aus nach Norden auf das Fort St. Jean und alte und neuere Gebäude der Stadt (die drei 18-stöckigen Hochhausbauten wurden 1962 vom Architekten Jacques-Henri Labourdette am Cours Belsunce errichtet).

Bilder oben: Blick auf das Fort St. Jean, die Stadt und die Hügelkette im Norden.

Stadtimpressionen Marseille

Bilder oben: wie in einem der Maghreb-Staaten Nordafrikas fühlt man sich im Stadtviertel Noailles südlich der Prachtstraße Canebière.

Wikipedia schreibt: „Das Viertel liegt südlich der bekannten Straße Canebière. Am Marché des Capucins befindet sich eine Station der Métro von Marseille (…). Noailles ist traditionell ein Viertel der „kleinen Leute“ (quartier populaire) und beherbergt heute viele Einwanderer etwa aus dem Maghreb, den Komoren oder Subsahara-Afrika, besonders im Gebiet östlich der Rue de Rome.“

Bilder oben: am Boulevard Longchamp und (letztes Bild) in der Canebière. Die Canebière ist für Marseille, was die Champs Eliysèes für Paris ist: eine Allee-gesäumte Prachtstraße.

Bilder oben: unterwegs in Marseille.

Die Stadt von oben

Den besten Ausblick auf die Stadt hat man vom La Garde-Hügel, genauer gesagt vom Sockel der Basilika Notre Dame de la Garde. Vom Kirchenvorplatz aus kann man nach allen Himmelsrichtungen sehen: auf die Stadt, auf die vorgelagerten Inseln und auf das Meer.

Bilder oben: Mit dem Bus kommt man vom alten Hafen direkt zur Kirche Notre Dame de la Garde; Blick vom vom Vorplatz der Basilika aus auf die Stdt, dem Hafen und die vorgelagerten Inseln.

Bilder oben: vom La Garde-Hügel aus kann man den alten und den neuen Hafen überblicken (mit der neobyzantinischen Kathedrale, dem neuen Museum MuCEM und den Hochhausbauten im Euro-Mediterranée-Viertel.

Bilder oben: Blick auf die der Stadt vorgelagerten Inseln; auf der kleinsten befindet sich das Chateau d’If.

Bilder oben: Wohngebäude auf den Hügeln, bizarre Felsformationen der Calanque; Kreuzfahrtschiff vor dem Hafen und das ehemalige Krankenhaus Hôtel Dieu, heute ein Hotel.

Bilder oben: die Kirche St. Antoine de Padoue.

Bilder oben: vor allem in den 1970er-Jahren wurden in der Peripherie viele Groß-Wohnsiedlungen errichtet; letzte Bilder: das Vélodrome mit seinem markanten Dach.

Bilder oben: das Häusermeer von Marseille.

Das alte Rathaus (Hôtel  de Ville) am alten Hafen

Von der Sprengung im Zweiten Weltkrieg ausgenommen war das historische Rathaus. Es wurde 1673 von Gaspard Puget (Bruder des Malers Pierre Puget) im barocken Stil erbaut. Das direkt am Kai stehende Gebäude ist Teil eines Ensembles aus mehreren Verwaltungsbauten der Stadt. Dazu gehören der Pavillon Bargemon, das Maison Diamantée und der Pavillon Daviel. Seit 2006 sind alle Gebäude durch die unterirdische Erweiterung des Rathauses von Franck Hammoutène und Martine Zilliox (Paris) verbunden; hier liegen  jetzt der Sitzungssaal, Konferenzräume, Büros usw. Der Platz oberhalb dieses Erweiterungsgebäudes ist u.a. mit einer großen Freitreppe zum Hafen hin gestaltet.

Bilder oben: direkt am Kai des alten Hafens steht das im 17. Jahrhundert erbaute Rathaus (Hôtel de Ville), das von den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg explizit verschont blieb, rechts und links flankiert von den beim Wiederaufbau errichteten Wohnblocks von Fernand Pouillon.

Bilder oben: das historische Rathaus (Hôtel de Ville).

Bilder oben: unter der Schräge und der Freitreppe verbirgt sich der unterirdische Erweiterungsbau des Rathauses; das Maison Diamantée ist eine Gebäude, das an einen Renaissance-Stadtpalast in Florenz erinnert; die Bezeichnung erhielt es aufgrund der Struktur der Fassadensteine. In dem Gebäude ist heute das Museum des alten Marseilles (Musée du Vieux Marseille) untergebracht.

Das Altstadtviertel Le Panier

Nördlich das alten Hafens auf einer kleinen Anhöhe befindet sich das älteste Stadtviertel von Marseille: le Panier.

Bilder oben: Impressionen aus dem recht bunten Altstadtviertel Le Panier mit seinen teils stark ansteigenden Gassen.

Bilder oben: das ehemalige Armen-Hospiez Vieille Charité befindet sich inmitten des Viertels Le Panier und wurde zwischen 1671 und 1749 vom Architekten Pierre Puget erbaut. Heute werden die Gebäude für Kultur und Museen genutzt; hier ist die archäologische Sammlung des Musée d’Archéologie Méditerranéenne untergebracht sowie das Musée d’Arts Africains, Océaniens, Amérindiens.

Bilder oben: das Gebäude wurde Mitte des 18. Jahrhunderts als Krankenhaus (Hôtel de Dieu) errichtet; im Zuge der Baumaßnahmen zum Kulturhauptstadtjahr Marseilles in 2013 wurde es zu einem Hotel umgewandelt.

Der neue Hafen (Europort Marseille)

Nördlich das alten Hafen (Vieux Port) wurde Mitte des 109. Jahrhunderts ein neuer und größerer Hafen angelegt: La Joliette wurde 1853 eröffnet und musste dem gestiegenen Waren- und Menschenumschlag in Marseille gerecht werden, der sich durch die französischen kolonialen Aktivitäten, insbesondere in Nordafrika, ergeben hatte. Heute ist der Hafen La Joliette vor allem auch Hafen für die Fährverbindungen im Mittelmeerraum und nach Nordafrika.

Bilder oben: vom Park, der das Palais du Pharo umgibt, hat man einen guten Blick auf den Hafen von Marseille; am Ausgang des alten Hafens befindet sich seit 2013 das Museum MuCEM, nördlich davon schließt sich der neue Hafen La Joleitte an mit seinen neuen Hochhausbauten (Verwaltungsgebäude der Reederei CMA/CGM von Zaha Hadid und Bürohochhaus „La Marseillaise“ von Jean Nouvel).

Bilder oben: heute dominieren die neuen Hochhausbauten die Hafensilhouette; die alten Dockgebäude und die Hafenkräne sind fast nur noch Dekoration.

Bilder oben: der Hafen von Marseille wird auch von vielen Kreuzfahrtschiffen besucht und ist Ausgangspunkt vieler Fährverbindungen: unter anderem nach Korsika oder Sardinien, nach Italien, nach Marokko (Tanger), nach Tunesien (Tunis) und Algerien (Algier).

Bilder oben: der alte Leuchtturm im Hafen La Joliette.

Das Palais Longchamp – ein Schloss für das Wasser

Um die Trinkwasserversorgung der wachsenden Stadt Mitte des 19. Jahrhunderts auf sicherere Fundamente zu stellen, wurde ein über 80 Kilometer langer Kanal vom Fluss Durance in die Stadt gebaut (Leitung: Franz Mayor de Montricher). Der Canal de Marseille war 1847 fertiggestellt. Als würdiger Ankunftsort für das so hergeleitete Wasser in der Stadt wurde bis 1869 von Henri-Jacques Espérandieu ein prachtvoller Palast errichtet, das Palais Longchamp; vor dem Bauwerk beginnt der Boulevard Longchamp, hinter dem Palast wurde ein Park eingerichtet. Das Palais Longchamp besteht aus zwei Flügelbauten; im einen ist das Museum der Schönen Künste  (Musée des Beaux-Arts) untergebracht, im anderen das Naturhistorrische Museum (Musée d’Histore Naturelle). Verbunden sind die beiden Gebäudeteile durch einen halbkreisförmigen Säulengang mit Triumphbogen in der Mitte; eine gewaltige Brunnenanlage mit Figurengruppen huldigt dem Wasser.

Bild oben: Treppenaufgang zur Kolonnade.

Bilder oben: am oberen Ende des Boulevard Longchamp befindet sich das Palais Longchamp. Der Eingang wird zu beiden Seiten von Tierskulpturen bewacht; Löwe und Tiger stammen von Antoine Louis Barye.

Bilder oben: steht man vor dem Gebäudekomplex, befindet sich im linken Flügel das Kunstmuseum, im rechten das Naturhistorische Museum.

Bilder oben: ein mächtiger Springbrunnen ziert die Anlage; die Frauenfiguren sollen den Fluss Durance selber sowie Trauben und Weizen versinnbildlichen. 

Bilder oben: der zentrale halbkreisförmige Säulengang zwischen den beiden Gebäudeflügeln des Palais Longchamp.

Bilder oben: hier kommt das Wasser aus der Durance in Marseille an. Vom Säulengang aus hat man einen schönen Ausblick auf die Stadt mit dem Hügel, auf dem die Kirche Notre Dame de la Garde steht.

Bild oben: im rechts liegenden Flügel des Palais Longchamp befindet sich das Naturhistorische Museum (Muséum d’Histoire Naturelle).                  

Das Château Borély

Das im neoklassizistischen Stil zwischen 1767 und 1778 erbaute Schloss im gleichnamigen Park an der Avenue du Parc Borély beherbergt heute das Musée des Arts décoratifs, de la Faïence et de la Mode; es handelt sich also um eine Museum für Kunsthandwerk, Mode und Fayencen. Ursprünglich wurde das Gebäude als Landsitz für die begüterten Händler Nicolas und Louis Borély von Architekt Charles-Louis Clérisseau und dem königlichen Baumeister Marie-Joseph Peyre entworfen und gebaut. Das Schloss wurde durch die Dynastie hindurch weitervererbt und schließlich von der Stadt Marseille Ende des 19. Jahrhunderts erworben.

Lange Zeit wurde das Haus dann als Archäologisches Museum genutzt; nach Umbau und Renovierung wurde das Gebäude dann zum Kulturhauptstadt-Jahr 2013 zum kunstgewerblichen Museum. Dem Park schließt sich der Botanische Garten von Marseille an.

Bilder oben: eine gepflegte Parkanlage mit Brunnen und Wasserspielen führt zum Schloss Borély hin, in welchem hate das Museum für Kunsthandwerk, Mode und Fayencen untergebracht ist.

Die Oper von Marseille

Nur ein paar Schritte vom alten Hafen entfernt und südöstlich von diesem befindet sich das Gebäude der städtischen Oper von Marseille.

Das heutige Gebäude wurde zwischen 1920 und 1924 von Gaston Castel und Henri Ebrard wiedererrichtet, nachdem das aus dem 18. Jahrhundert stammende Vorgängerbauwerk (Fertigstellung: 1787) bei einem Brand 1919 bis auf den Säulenportikus und die Außenmauern abgebrannt war. Das Opernhaus von Marseille gehört zusammen mit demjenigen in Bordeaux zu den größten Einrichtungen dieser Art außerhalb der Hauptstadt Paris.

Der große Opernsaal ist klassisch aufgebaut und fasst beinahe zwei Tausend Besucher/innen.

Das klassizistische Erscheinungsbild (Säulen-Portikus mit ionischen Säulen) wird durch Art Déco-Elemente ergänzt.

Der Opern-Vorplatz wurde im Zuge des Jahres 2013, als Marseille Europäische Kulturhauptstadt war, neu gestaltet und wird nun öfter für kleinere Aufführungen und Straßentheater benutzt.

Die Inschrift am Fries oberhalb der Säulenreihe stellt eine Verbindung zwischen den Ausprägungen der Kunst und den entsprechenden griechischen Göttern her: „L‘ art reçoit la beauté d‘ Aphrodite, le rhythme d‘ Apollon, l‘ equilibre de Pallas – et il doit à Dionysus le mouvement et la vie„.

Fassadendetail; Opéra de Marseille.

Bilder oben: das Gebäude der Opéra de Marseille; Fassadendetails und Metallzaun.

Die (ehemalige) Börse von Marseille

An der Canebière unweit des Quai des Belges am Vieux Port befindet sich das Palais de la Bourse, das Gebäude der ehemaligen Börse in Marseille, welche 1599 gegründet wurde.

Heute befindet sich in dem in dem neobarocken Gebäude die Handelskammer sowie das Musée de la Marine et de l’Economie de Marseille (Museum für Seefahrt und Wirtschaft). Das Bauwerk wurde zwischen 1852 und 1860 vom Architekten Pascal Coste geplant und gebaut.

Bilder oben: das neobarocke Gebäude der ehemaligen Börse; der Figurenschmuck beinhaltet Allegorien von Handel, Industrie und Landwirtschaft.

Das Projekt Euroméditerranée

Das Stadtentwicklungsprojekt „Euromed“ wurde 1989 auf staatliche Initiative ins Leben gerufen, bezog sich auf die Stadtviertel La Joliette (neuer Hafen), Arenc, die Rue de la République sowie den Bahnhof Saint Charles und dessen Umfeld. Ziel der Maßnahmen war und ist die „urbane Revitalisierung“ durch Konversion der Dock- und Hafenanlagen, die verkehrliche Modernisierung (auch durch Bau einer Straßenbahnlinie) und die Schaffung von Büro-, Gewerbe- und Kultureinrichtungen. Auch die Anlage von Serviceeinrichtungen wie Sportanlagen, Kindergrippen, Schulen, Gastronomie- und Unterhaltungsangebote gehören zu dem Projekt.

Im Zuge seiner Realisierung wurden die Docks und ein ehemaliges Getreidesilo zu Shopping-Zentren, zu Wohnungen und Räumlichkeiten für Dienstleister und kulturelle Veranstaltungen umgebaut: „Le Silo“ wurde etwa von Roland Carta zum Veranstaltungszentrum konvertiert.

Die ehemalige Tabak-Fabrik Friche la Belle de Mai ist jetzt ein Kultur- und Medienzentrum und als weithin sichtbare Landmarks sind Hochhausbauten entstanden: der bläulich schimmernde gläserne Turm von Zaha Hadid als Hauptsitz für die Reederei CMA/CGM wurde 2010 fertiggestellt, der 135 Meter hohe „Tour La Marseillaise“ von Jean Nouvel mit seiner Sonnenschutz-Fassade aus bunten Stäben war 2018 bezugsfertig.

Ebenfalls neu gebaut wurde die Kunsthalle FRAC (Fond Regional D’art Contemporain) vom japanischen Architekten Kengo Kuma.

Vorgehängte Metallfassade an den früheren Docks.

Bilder oben: die Gebäude der ehemaligen Lagerhallen wurden ab 1992 zu Büros, der Erdgeschossbereich ab 2009 zu einem Shopping-Center mit Dutzenden von Läden und etlichen Restaurants umgebaut. Die Gebäudezeile misst 365 Meter!

Die Docks wurden ursprünglich Mitte des 19. Jahrhunderts von Architekt Gustave Desplaces errichtet; Mitte des 20. Jahrhunderts wurde hier vor allem Papier gelagert und die Räumlichkeiten als Kühlhäuser benutzt; in den Silos wurde Getreide gespeichert.

Bilder oben: die vorgehängte Fassade an der Giebelseite von Les Docks; die Silos des ehemaligen Getreidespeichers wurden zu einem Veranstaltungszentrum umgebaut.

Bilder oben: bei der Umnutzung der ehemaligen Lagerhallen wurde die alte Bausubstanz weitgehend erhalten; im Hafenbereich La Joliette sind auch Kultureinrichtungen entstanden (z. B. das Theatre Joliette).

Marseille: Europäische Kulturhauptstadt 2013

Auf der Website www.capcult.org kann man dazu Folgendes lesen:

Umfassende und längst erforderliche städtebauliche Erneuerungen rückten Marseille bereits 2013 in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit, als sich die Stadt gemeinsam mit der Region erfolgreich als Kulturhauptstadt Europas Marseille-Provence präsentierte. Marseille ist eine Stadt der Vielfalt: Belebte Märkte und multikulturelles Treiben bereichern das Stadtbild. Soziale Differenzen, Armut und der Umgang mit Generationen von Migrant*innen stellen Marseille gleichzeitig vor enorme Herausforderungen. Seit einigen Jahren befindet sich die Stadt in einem weitgreifenden Transformationsprozess – architektonisch und städtebaulich ebenso wie gesellschaftlich, politisch und kulturell.

(…)
 
Marseille stellt wie kaum eine andere bisherige Kulturhauptstadt die Möglichkeit eines Kulturhauptstadtjahres als Katalysator für Weiterentwicklung, Veränderung und Neues unter Beweis: Unter Einfluss dieses groß angelegten Kultur-Projekts kam es zu der Neugestaltung des Vieux Port durch Norman Foster sowie zur Umsetzung kultureller Neubauten wie u.a. des MuCEM (Museum der Zivilisationen Europas und des Mittelmeers, Rudy Ricciotti) oder der Villa Méditerranée (Stefano Boeri). 
 
Seit dem Kulturhauptstadtjahr 2013 hat sich Marseille vor allem architektonisch als auch städtebaulich stark weiterentwickelt: U.a. ist der Bau der neuen Skyline von Marseille voll im Gang – mit Wolkenkratzern von Jean Nouvel, Yves Lion, Roland Carta und Jean-Baptiste Pietri. 
 
Im ehemaligen Industriehafengebiet im Stadtteil „La Joliette“ entstand ein lebendiges Viertel, u.a. durch die Umwidmung der ehemaligen Lagerhallen „Les Docks“, den Neubau des FRAC (Regionale Sammlung zeitgenössischer Kunst, Kengo Kuma) oder die Renovierung der ehemaligen Lagerhallen „Les Voûtes“ unterhalb der Kathedrale und die Neugestaltung der Esplanade um diese herum. Die historische Altstadt „Le Panier“ und der neue Stadtteil wurden dadurch erstmalig miteinander verbunden. Zudem wurde seither auch der Bereich um den Bahnhof zum neuen Universitätsviertel ausgebaut.“ (…)
 

Landmarks im ehemaligen Handelshafen: die von Zaha Hadid erbaute Zentrale der Reederei CGM/CMA und das Bürohochhaus „La Marseillaise“

Bilder oben: der Bürotum von Zaha Hadid ist Firmensitz der Reederei CGM/CMA. Mit ca. 150 Metern Höhe stellt er eine markante Landmarke im Stadtentwicklungsgebiet Euroméditerranée dar.

Bilder oben: auf der Website von Zaha Hadid Architects schreiben die Planer zu dem gläsernen Hochhaus sinngemäß, dass das Gebäude aus zwei Teilen bestehe: dem Turm und dem Nebengebäude; der Komplex bietet Platz für 2700 Angestellte, 800 Plätze im Firmenrestaurant, eine Sporthalle und ein Auditorium.

Um mit dem schwierigen Standort umzugehen (im Umfeld führen Schnellstraßen vorbei, die teilweise aufgeständert sind und der Baugrund ist eher schmal und länglich) sollte die Fassade in vertikale Elemente aufgebrochen werden, die sich durch eine hellere und eine dunklere Verglasung unterscheiden und gegen einander etwas in der Tiefe versetzt sind.

Bilder oben: aus der Horizontalen des Nebengebäudes bewegt sich der Fassadenverlauf elegant geschwungen in die Vertikale. Wenn die Sonne darauf scheint, erinnert das bläulich schimmernde Hochhaus an einen geschliffenen Kristall.

Bilder oben: eine Skulptur am spitz zulaufenden Ende des Baugrundstücks zeigt, worum es geschäftlich geht; zwei chinesische Sumo-Ringer heben einen Frachtconainer von CGM CMA.

Bilder oben: die Website baunetz.de schreibt zum Büroturm „La Marseillaise“ von Jean Nouvel:

„Ein ungewöhnliches Detail vorweg: Marseilles neuer Turm von Jean Nouvel (Paris) trägt eine bunte Fassade aus Stahlstreben, deren weites Farbspektrum von einem tiefen Blau bis zum knalligen Rot schräg über die 31 Stockwerke wandert, und jede einzelne dieser gefärbten Streben wurde von Facharbeitern vor Ort per Hand getönt. Das ist ein handwerklicher Aufwand, der bei heutigen technischen Fertigungsmethoden schon als wahnsinnig beschrieben werden kann. (…) Hinzu kommt die hervorragende Ökobilanz von La Marseillaise, wie der Turm stolz in Anspielung auf Nationalhymne und Standort heißt: Wiederverwertbarer Textilbeton im Gebäudekern, patinaresistente Farbe und ein Fernkühlsystem, das die niedrigeren Temperaturen des Mittelmeeres in die Stadt einbindet, sollen dem Projekt als dem ersten in Frankreich die Auszeichnung „exzellent“ des HQE-Zertifikats und zugleich eine LEED-Zertifizierung Gold ermöglicht haben. 

Doch auch ungeachtet solch werbender Auszeichnungen ist dieser Turm von Jean Nouvel außergewöhnlich und toll: Die leichte, gleichsam tiefe Strebenkonstruktion auf der klaren Gebäudefigur fächert ihre knallbunten Töne ins Ungreifbare aus. 135 Meter ragt nun diese farbig flirrende Stele auf nahezu dreieckigem Grundriss aus der Stadtsilhouette hervor – als Pendant zum sehr viel glatteren Büroturm von Zaha Hadid Architects, der bislang am alten Hafen der einzige Hochbau in diesem östlichen Gebiet von Marseille war. La Marseillaise ist Teil eines großen Transformationsgebiets, mit dem die Stadtregierung das Areal am Industriehafen zu einem Kultur-, Arbeits- und Wohnviertel umwandeln möchte. (…)“

Bilder oben: die Fensterleibungen sind ebenso wie die Stahlstreben an der Sonnenschutzfassade in den Nationalfarben (bleu, blanc, rouge) getönt.

Bilder oben: im neuen Hochhaus von Jean Nouvel sind Büros öffentlicher Einrichtungen und von verschiedenen Firmen und Dienstleistern untergebracht. Im Gebäude gibt es auch Läden, eine Restaurant sowie eine Kindertagesstätte.

Bilder oben: moderne Kaufhaus-Architektur: im Stadtzentrum unweit des alten Hafens hat die Gruppe Galeries Lafayette das bestehende Kaufhausgebäude neu gestaltet; für die neue Fassade der Galeries Lafayette de Marseille Bourse sind die Architekten Moatti and Rivière verantwortlich; der wellenartige Schleier, der jetzt das Gebäude umgibt, zeigt sich insbesondere bei nächtlicher Beleuchtung spektakulär.

Bilder oben: am Boulevard Michelet in direkter Nachbarschaft zum Vélodrome und unweit der Unité d’Habitation ist das Centre Commercial Prado entstanden. Nach dreijähriger Bauzeit wurde das Einkaufszentrum 2018 eröffnet; geplant und gebaut wurde es von Didier Rogeon et Benoy Architects; der Innenhof ist glasüberdacht.

Die Unité d’Habitation von Le Corbusier

Den Bau der ersten großen Wohneinheit (Unité d’Habitation), mit denen der schweizerisch-französische Architekt Charles-Édouard Jeanneret-Gris, der sich später Le Corbusier nennt, seine Ideen von verdichteter Wohnbebauung im parkähnlicher Umgebung realisieren wird, kann er 1947 in Marseille angehen. Den Auftrag dazu erhält er vom damaligen Minister für Wiederaufbau und Urbanisation Raoul Dautry bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals mussten viele zerstörten Städte neu aufgebaut (z. B. Le Havre) oder rekonstruiert werden und überall fehlte es massenhaft an (erschwinglichem) Wohnraum. Bei der Eröffnung 1952 war die Unité d’Habitation, die als erster Bestandteil einer viel umfassenderen Cité Radieuse, einer „strahlende Stadt“ in Marseille gedacht war, ein gigantisches Sozialwohnungsprojekt für 337 Familien mit ca. 1600 Bewohnern/innen und 23 verschiedenen Wohnungsgrundrissen. Das mächtige Wohnhochhaus am Boulevard Michelet hat auch gewaltige Ausmaße: 135 Metern Länge, 56 Metern Höhe und über 20 Metern Breite.

Die von Le Corbusier gewünschte flexible Wohnraumgestaltung wurde durch das spezielle Konstruktionsprinzip der Unité möglich: das Tragwerk des mächtigen Wohnblocks ist ein Stahlbetonskelett, in welches die einzelnen Wohneinheiten „wie in einem Flaschenregal die Flaschen“ eingehängt werden. So müssen weder die Zwischenwände, noch die Fassaden tragende Funktion übernehmen; das ermöglicht eine vollständige Verglasung durch horizontale Fensterbänder. Die einzelnen Familienwohnungen erstrecken sich in der Regel auf zwei Etagen auf der einen Seite des Gebäudes und über eine Etage auf der gegenüberliegenden. Die darüberliegende Wohnung liegt dann gerade komplementär: sie hat dort zwei Etagen, wo die untere nur eine aufweist und umgekehrt. So sind alle Wohnungen durchgängig von der einen zur gegenüberliegenden Gebäudeseite, was die doch sehr tiefen Räume von zwei Seiten gut belichtet; und es ist möglich, quer zu lüften. Auf beiden Gebäudeseiten (Meerseite und Bergseite) schließen sich der Verglasung Loggien an; auf der einen Seite erstrecken sich die Fenster zur Loggia hin über beide Stockwerke. Sind im Sommerhalbjahr die Türen zur Loggia geöffnet, verschwindet ein Stück weit der Unterschied zwischen „drinnen“ und „draußen“. „Licht, Luft, Sonne“, das war es, was Le Corbusier den Bewohnern/innen seiner „strahlenden Stadt“ bieten wollte, dazu Flexibilität in der Wohnungseinteilung, eine sehr gute Sanitärausstattung und eine praktisch eingerichtete Küche.

Zur Erschließung der Wohnungen ist jeweils für drei übereinander liegende Etagen nur ein Flur („Wohnstraße“) notwendig. Innerhalb dieser zumindest zur Hälfte maisonette-artigen Wohnungen  führen Treppen zum höheren Stockwerk.

Die Unité d’Habitation in Marseille (und auch die Folgebauten dieser Art) ruhen auf ca. 3 Meter hohen Stützpfeilern, (Pilotis); damit wollte Le Corbusier einen geringeren Bodenverbrauch für seine Gebäude erreichen: der Raum zwischen den Stützen kann als Stellplatz für Autos, zur Begrünung oder als Spielplatz genutzt werden. Zudem befinden sich hier (über Treppen) die Zugänge zu den Wohnungen und zu den Gemeinschaftseinrichtungen. Durch die Offenheit zwischen den Stützen wird auch eine Verbindung zwischen den Grünanlagen auf beiden Seiten des Gebäudes hergestellt und der Wind kann durchziehen. Vom Eindruck her gewinnt das Gebäude durch das scheinbare Schweben üer dem Erdboden auch an Leichtigkeit.

Bilder oben: bereits vom Meer aus gut erkennbar: der über 130 Meter lange Gebäudeblock der Unité d’Habitation.

Bilder oben: die „Wohnmaschine“ steht in einem parkähnlichen Gelände; trotz ihres gewaltigen Volumens scheint das Gebäude durch die Aufständerung auf Betonstützen zu schweben.

Bilder oben: Gebäudedetails; der Eingangsbereich und eine Treppenanlage an der Schmalseite des Blocks.

Bilder oben: die mehrere Meter hohen Stahlbetonstützen tragen das Gebäude und bieten auf Grundniveau Abstellplätze und eine Verbindung zwischen den beiden Seiten des Hauses.

Bild oben: Zugang zum Gebäude gibt es auch über diese Treppe im Bereich der Stützen.

Die Loggien weisen nach außen hin Brüstungen auf, die aber nicht massiv, sondern gitterartig aus Beton hergestellt wurden; die Seitenwände der Loggien sind in kräftigen Farben unterschiedlich gestaltet, so dass das Gebäude von jeder Seite her anders aussieht und die sonst standardisierten Wohnungen individualisiert werden.

Die Cité radieuse ist tatsächlich eine kleine Stadt, denn viele Infrastrukturelemente sind im Haus untergebracht: es gibt eine Wäscherei, im 7. und 8. Stockwerk eine Ladenstraße und ein Restaurant, in den obersten Etagen gibt es eine Grundschule und einen Kindergarten und auf dem Flachdach entfaltet sich eine Sonnenterrasse; hier steht auch eine Gymnastik-Halle, für die Kinder gibt es Sitz- und Spielmöglichkeiten und auch ein Pool ist vorhanden. Zudem sind hier technische Einrichtungen untergebracht wie Aufzugsschächte und Belüftungskamine für die Treppenhäuser.

Nicht alle ursprünglich geschaffenen Einrichtungen waren wirtschaftlich überlebensfähig: von der Ladenstraße sind nur noch zwei Geschäfte übrig geblieben und in die Gymnasstikhalle auf dem Dach ist ein Kunstgalerist eingezogen. Heute gibt es im Gebäude auch ein kleines Hotel mit einigen jeweils unterschiedlichen Wohnungen, die man als Tourist mieten kann.

Als die Unitè d’Habitation noch im Bau war, soll sie von Kritikern als „armselige Behausung“ diffamiert worden sein; das änderte sich, als die ersten Bewohner/innen eingezogen waren und die Vorzüge dieser „vertikalen Stadt“ und ihrer Ausstattung genießen lernten. Jetzt (so Le Corbusier) entrüsteten sich die Leute darüber, dass hier Wohnungen für Millionäre entstanden seien, wobei doch Sozialwohnungen für Arbeiter geplant gewesen waren. Jedenfalls sind etliche der Menschen, die 1952 in die „Wohnmaschine“ einziehen konnten, ihr ganzes Leben dort geblieben.

Weitere Bauten nach der Art der Unité d’Habitation konnte Le Corbusier auch in Nantes (1953-55), in Briey en Foret (1956-63), in Berlin-Charlottenburg (1957) und in Firminy (1959-67) realisieren.

1965 entsteht gegenüber der Unité d’Habitation in Marseille das Hochhaus „Brasilia“, welches in seiner Formensprache viele Anleihen bei Le Corbusiers Gebäude macht.

Bilder oben: die Leibungen der Loggien sind in kräftigen Farben gestrichen, die Brüstungen sind gitterartig ausgeführt. Letztes Bild: Blick von der Loggia des Restaurants auf die Umgebung (das Nachbarhochhaus „Brasilia“.

Bilder oben: die maßtechnische Grundeinheit aller Gebäudedimensionen ist der Modulor von Le Carbusier; ein durchschnittlich großer Mensch erreicht mit ausgestrecktem Arm eine Höhe von 2,26 Metern. Letztes Bild: der Aufzugsturm auf dem Flachdach des Gebäudes.

Bilder oben: im 7. und 8. Stockwerk des Gebäudes befindet sich eine Ladenpassage, wo die Bewohner/innen sich mit den Waren des täglichen Badarfes eindecken konnten. Nicht alle Geschäfte waren wirtschaftlich überlebensfähig.

Bilder oben: auf dem Flachdach gibt es Freizeitmöglichkeiten wie eine Sonnenterasse, einen kleinen Pool und eine Gymnastikhalle (die heute anderweitig genutzt wird). Zudem sind hier Abluftschächte für die Treppenhäuser und der Aufzugsturm untergebracht.

Das Wohnhochhaus „Le Brasilia“

Zwischen 1962 und 1967 errichtete der Architekt Fernand Boukobza in der Nähe der Unité d’Habitation von Le Corbusier einen großen Wohnblock mit zwanzig Stockwerken. In Form und innerer Aufteilung macht der Architekt Anleihen bei Le Corbusiers Pionierbau; auch das „Le Brasilia“ steht auf Betonstützen, die allerdings scheibenförmig sind; das Gebäude insgesamt ist konkav gebogen. Die Wohnungen erstrecken sich in der Regel ebenfalls von der einen zur anderen Gebäudefront. Eine monumentale Skulptur stellt die als Doppelschraube ausgeführte Feuertreppe dar, die zu jeder zweiten Etage Zugang ermöglicht.

Bilder oben: die konvexe Seite des Wohnblocks zeigt nach (Süd)Westen und liefert den Wohnungen maximal viel mediterrane Sonne. Der Raum zwischen den scheibenförmigen Betonstützen wird als Autoabstellplatz genutzt. Nicht im, sondern direkt am Gebäude befindet sich ein kleines Einkaufszentrum, in dem die Bewohner/innen Waren des täglichen Bedarfs besorgen können.

Bilder oben: die als Doppelschraube ausgeführte Feuertreppe an einer Schmalseite des Gebäudes.

Stadt am Mittelmeer – die nähere Umgebung: Les Calanques

Der Küstenabschnitt zwischen Marseille und Cassis, die Calanques, bietet wild zerklüftetes Kalkgestein, fjordartige Einschnitte und in diesen Buchten kristallklares Wasser. Mit dem Ausflugsboot kann man vom Alten Hafen aus Touren unterschiedlicher Dauer und räumlicher Ausdehnung unternehmen.

Bilder oben: in den Calanques südlich von Marseille; auf der Website www.meinfrankreich.de kann man zu diesem Küstenabschnitt Folgendes lesen: „Calanco bedeutet im Provenzalischen „zerklüftet“. Und das ist die Küste bis nach Cassis in geradezu paradiesischer Schönheit.

Wie an einer Perlenkette reihen sich mal kleine, mal majestätische, von Klippen überragten Buchten aneinander. Kiefern klammern sich an den Fels, Zikaden zirpen. Türkisblau und glasklar ist das badewarme Wasser. 2011 wurde das Naturschutzgebiet geadelt als bislang erster und einziger Nationalpark Frankreichs, der Land- und Meereszonen schützt. Wenige Kilometer von der Canebière entfernt ist vom turbulenten Großstadtleben nichts mehr zu spüren. Und doch seid ihr noch mitten in Marseille – denn die Calanques gehören komplett zum Stadtgebiet.“

Bilder oben: ganz in der Nähe der Innenstadt von Marseille gibt es auch Sandstrände (z. B. Plage de Prado).

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